Antrag der Grünen im Landtag

Grüne wollen Moratorium für Beschneiungsprojekte erreichen

Dienstag, 07. März 2023 | 18:52 Uhr

Bozen – Als erster Tagesordnungspunkt in der der Opposition vorbehaltenen Zeit wurde heute im Landtag der Beschlussantrag Nr. 645/22 Klimaschutz: Moratorium für Beschneiungsprojekte (eingebracht von den Abg. Staffler, Foppa und Dello Sbarba am 18.11.2022) behandelt: Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. Studien zu beauftragen, welche die Auswirkungen der künstlichen Beschneiung auf den natürlichen Wasserkreislauf untersuchen; 2. Studien zu beauftragen, welche den Strom- und Energieverbrauch der künstlichen Beschneiung untersuchen; 3. bezogen auf die künstliche Beschneiung von Pisten ein Moratorium zu beschließen, dass bis zum Vorliegen der Studien gemäß Punkte 1 und 2 weder zusätzliche Speicherbecken gebaut noch neue Wasserkonzessionen gewährt werden.

Hanspeter Staffler (Grüne) unterstrich, dass aus Sicht der Grünen jedes umzusetzende Projekt einem Klima-Check unterzogen werden müsste. Wenn man von den fossilen Energieträgern wegkommen wollte, dann könne man dies mit den drei Terawattstunden Strom, die Südtirol produziere, auffangen. Man müsse sich gut überlegen, wie man im Land mit den Stromreserven umgehen wollen – doch mit Beschneiungsbecken gehe man in die falsche Richtung. Die vier Beschneiungsbecken, die 170.000 Kubikmeter Wasser fassten und die heuer in Betrieb gingen, verbrauchten gleich viel Strom wie ein 1.300 Einwohner-Dorfes. So könne man die Energiewende nicht schaffen. Die bestehenden Bescheiungsprojekte im Land hätten denselben Strombedarf wie die Städte Bozen und Meran. Zurzeit würden zehn Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr für Beschneiungsprojekte verwendet, konzessioniert seien insgesamt zwölf Millionen Kubikmeter. Dies sei ein hohes Volumen – es entspreche zehn Prozent des Trinkwassers im Land, wenn man auch wisse, dass nicht das gesamte für die Beschneiung verwendete Wasser Trinkwasserqualität habe. Das in den Becken zurückgehaltene Wasser werde dem Winterwasserhaushalt entzogen, und der sei schon knapp. Es werde dann wieder abgegeben, aber zu einer Zeit, in der das Wasser nicht mehr so knapp sei. Es gebe auch die Befürchtung, dass Quellen unter den Speicherbecken versiegen würden. Das alles sei genauer zu untersuchen. Daher brauche es nun eine Nachdenkpause bei Beschneiungsanlagen und bei Wasserkonzessionen, bis mehr Klarheit herrsche.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte Zustimmung an. Man müsse sich zu dieser Frage rechtzeitig Gedanken machen. In vielen Skigebieten schmelze der Schnee bereits, die Saison werde kürzer. Mit dem Thema hänge auch die Energieproduktion zusammen. Es gehe nicht darum, den Betreibern das Wasser abzudrehen, aber man müsse sich rechtzeitig Gedanken über Alternativen machen.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) unterstützte den Vorschlag für ein Moratorium, ein solches habe er auch für die Umwandlung von Wald in landwirtschaftliches Grün gemacht. Der Energiebedarf der Aufstiegsanlagen sei noch höher als jener der Beschneiungsanlagen.

Paul Köllensperger (Team K) verwies auf eine Studie von Legambiente laut der in Italien etwa 90 Prozent der Pisten beschneit werden könnten, in Österreich 70 Prozent. 138 Skigebiete in Italien seien in diesem Jahr wegen Schneemangels geschlossen, 181 überlebten nur dank massiver öffentlicher Förderungen. Es sei besser, sich einen Plan darüber zurechtzulegen, wie es mit den Skigebieten in Zukunft weitergehen solle, das Ziel müsse eine Diversifizierung ein. Eine Studie müsste auch die Wertschöpfung des Tourismus berücksichtigen, einschließlich der Tatsache, dass ein großer Teil der Mitarbeiter nicht aus der Region stammen. Die Wertschöpfung sei im Tourismus und zusammenhängenden Sektoren hoch, genauso wie der Ressourcenverbrauch. Es sei gut, hier eine Studie, ein Moratorium zu machen – und es sei gut, sich die Frage zu stellen, was machen wir mit den Skigebieten, was machen wir mit dem Ressourcenverbrauch im Tourismus allgemein – dies, um den Tourismus zu retten. Das sei wichtiger, als irgendein neues Nachhaltigkeitslabel einzuführen.

Josef Unterholzner (Enzian) unterstrich, dass Wasser ein wichtiges Gut sei. Früher habe es viele Teiche und Tümpel gegeben – heute sei alles trocken, das Wasser fließe schnell ab. Man könne zu Pisten und Speicherbecken stehen, wie man wolle, doch eigentlich müsste man noch mehr Speicherbecken bauen, damit das Wasser – das kostbare Gut – länger oben bleibe und nicht zu schnell abfließe. Dadurch könnte das kostbare Gut mehrmals genutzt werden, nicht unbedingt für die Beschneiung. Er könne deshalb diesem Antrag in dieser Form nicht zustimmen.

Er fände es immer sinnvoll, so Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), wenn man Daten habe und erhebe – auch was den Wasserhaushalt unserer Wälder anbelange. Es würde ihn interessieren, welche Auswirkungen die Wassermenge, die auf Kunstschnee zurückgehe, auf den Wald, das Ökosystem habe, dies um die richtigen Schlüsse zu ziehen, falls man sie ziehen müsse. Den ersten beiden Punkten des Antrags könnten die Freiheitlichen zustimmen, bei Punkt drei indes müsse man etwa auch jene Becken sehen, die auch der Landwirtschaft zur Bewässerung dienten, und dass für die genannte Studie Zeit benötigt werde.

Wie alle anderen Bereiche und Wirtschaftssektoren brauche auch der Tourismus Wasser, unterstrich Helmut Tauber (SVP). Alle sollten darauf achten. Mit dem Klimaplan versuche man in diese Richtung zu gehen. Fakt sei: Man rede von Zahlen und Studien, es gebe schon viele solche – man könne bei der Handelskammer oder den Seilbahnern nachfragen. Man müsse sich immer fragen, was ist es uns wert? Brauchen wir nur Natur oder auch die Wirtschaft? Zum Wasser: Für ihn sei es kein Verbrauch, sondern eine Nutzung, das Wasser werde auf den Pisten ausgesprüht, doch dann fließe es wieder der Natur zu. Es würde ohne Zweifel Energie verbraucht, doch in den Skigebieten werde einiges in Richtung geringerer Ressourcenverbrauch getan – es ginge darum zu optimieren und zu verbessern.

Franz Locher (SVP) sagte, es schaue nach außen immer gut aus, eine Studie zu machen. Doch er möchte nicht wissen, wie viele Studien in Südtirol gemacht wurden, die dann in irgendwelchen Schubladen abgelegt und von niemandem angeschaut wurden. Jedes Projekt habe eine Wasserkonzession bekommen; die Becken würden meist schon im Sommer, wenn die großen Regenfälle seien, gefüllt und im Winter werde das Wasser dann genutzt. Im Frühjahr fließe dieses Wasser wieder ab bzw. versickere. Es brauche die Ressource Wasser für Beschneiungsbecken, es brauche Strom – aber wieder eine Studie zu machen, halte er für nicht zweckführend.

Marco Galateo (Fratelli d’Italia) berichtete, er habe heute Vormittag Landwirtschaftsminister Lollobrigida getroffen – es sei um Themen wie 0-Kilometer-Produkte gegangen, aber auch darum, dass man beginnen müsse, sich über die Nutzung der Ressource Wasser Gedanken zu machen. Das Problem der Trockenheit sei groß. Wenn Studien – so wie in Punkt 3 des Antrags – dazu herangezogen würden, einen Bereich zu blockieren, dann sei das kein guter Dienst an den Menschen.

Magdalena Amhof (SVP) erklärte, die SVP würde den Antrag ablehnen. Sie habe recherchiert und herausgefunden, dass es zahlreiche Studien zu den Auswirkungen der Beschneiung gebe – wenn auch nicht von der Landesregierung im Auftrag gegebene. Außerdem seien bereits im Klimaplan 2040 entsprechende Maßnahmen zu Aufstiegsanlagen und Infrastrukturen in den Skigebieten vorgesehen.

Es freue ihn, so Riccardo Dello Sbarba (Grüne), dass das Thema Klimawandel von allen geteilt werde – bis vor kurzem sei das noch anders gewesen. Es gebe eine Tendenz zur Trockenheit, zur Desertifikation. Auf der anderen Seite sei es so, dass wenn Niederschlag falle, dieser stark sei. Alle, die Wasser nutzten – Tourismus, Industrie, Trinkwasser, Landwirtschaft – jeder in seiner Logik, müsse eine Bilanz machen. Es gehe um eine Konservierung und Umverteilung des Wassers; es sei ein Wassernutzungsplan für das Land notwendig.

Die Diskussion wird morgen, Mittwoch, 8. März, ab 10.00 Uhr fortgesetzt.

Von: luk

Bezirk: Bozen