Von: mk
Bozen – Eurac Research hat im Auftrag der Koordinierungsstelle für Integration eine Studie zur Integrationspolitik in Südtirols Gemeinden durchgeführt. Die Ergebnisse wurden heute vorgestellt.
Ein Willkommensbrief für Neubürgerinnen und Neubürger, Angebote zur Lese- und Sprachförderung, Bücher in verschiedenen Sprachen in den Bibliotheken – Initiativen für ein gutes Zusammenleben zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gibt es in den Südtiroler Gemeinden viele. Doch fehlt es noch an langfristigen Strategien, wie eine Studie von Eurac Research zur Integrationspolitik in Südtirol zeigt: In knapp zwei Dritteln der befragten Gemeinden gibt es beispielsweise kein Integrationsleitbild. Die Ergebnisse der Studie „Integration vor Ort: Perspektiven und Potentiale“ wurden heute am 18. Dezember 2023 vorgestellt.
Als Einzelkämpfer bezeichnen sich viele, die derzeit als Integrationsbeauftragte in Südtirols Gemeinden tätig sind; die Befragten deuten an, dass die Unterstützung durch die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat manchmal fehle, da der Zuständigkeitsbereich der Integration und Migration politisch gesehen zwar viel Arbeit – und auch Erfolgsmomente – mit sich bringe, aber nur wenige Wählerstimmen.
„Wir sehen, dass die Integrationsbeauftragten in den Gemeinden generell sehr motiviert sind – gleichzeitig ist der Frustrationsgrad sehr hoch, da sie oft auf sich allein gestellt sind und wenig Wertschätzung erfahren“, erklärt die Leiterin der Studie Verena Wisthaler von Eurac Research. „Die Studie macht deutlich, dass es dringend eine Institutionalisierung sowie eine langfristige und nachhaltige Planung in Sachen Integration in Südtirol braucht. Es braucht Gremien, die Strategien ausarbeiten, nicht nur auf Gemeinde-, sondern auf Landesebene. Es braucht einen Mehrjahresplan und mehr Ressourcen für die bestehende Koordinierungsstelle – ihre Rolle ist zentral“, so Wisthaler.
Denn die Integrationsarbeit sei vielerorts sehr personenabhängig: Fällt der oder die Beauftragte in einer Gemeinde weg, gehen auch Wissen, Netzwerke, Visionen und Pläne verloren und die Nächsten müssen wieder bei null starten. Daher müsse es in Südtirol „weg von der Person – hin zu mehr Struktur“ gehen, um Erfahrungen, Kontakte und Netzwerke zu erhalten und besser nutzen zu können, unterstreicht die Migrationsexpertin Wisthaler. Neben Stabilität und Kontinuität brauche es in der Integrationsarbeit auch mehr Zusammenarbeit mit Institutionen innerhalb der Gemeinden und Netzwerke über die Gemeinden hinaus.
Die Studie „Integrationspolitik vor Ort: Perspektiven und Potentiale“ hat das Institut für Minderheitenrecht von Eurac Research im Auftrag der Koordinierungsstelle für Integration des Landes durchgeführt. Die Datengrundlage der Studie bildet einerseits ein Fragebogen, der an die Integrationsbeauftragten aller 116 Südtiroler Gemeinden verschickt und von 62 Prozent beantwortet wurde, sowie 19 Interviews mit Integrationsbeauftragten und Vertretern und Vertreterinnen von Politik und Verwaltung, die im Bereich Integration tätig sind.
Link zur Studie: www.eurac.edu/doi/10-57749-6y9f-7j28