Von: APA/Reuters/dpa
Israel hat seine Angriffe auf den Gazastreifen örtlichen Gesundheitsbehörden zufolge verstärkt. Mindestens 80 Palästinenser seien am Mittwoch ums Leben gekommen, teilten Vertreter des örtlichen Zivilschutzes mit. Die meisten Todesopfer, darunter Frauen und Kinder, seien bei einer Reihe israelischer Luftangriffe auf mehrere Häuser im Gebiet Jabalia im Norden des Küstenstreifens zu beklagen, erklärten Sanitäter. Dort habe es rund 60 Tote gegeben.
Das israelische Militär erklärte lediglich, die Berichte würden geprüft. Israelischen Presseberichten zufolge wurden bei einem Angriff am Dienstag der Hamas-Militärführer Mohammad Sinwar und andere hochrangige Funktionäre getötet. Das Ziel sei ein Kommando- und Kontrollbunker unter dem Europäischen Krankenhaus in der südlichen Stadt Khan Younis gewesen, hieß es in den Berichten unter Verweis auf Sicherheitskreise. Weder das israelische Militär noch die Hamas bestätigten das.
NGOs und UN warnen vor “massiver Hungersnot”
Nichtregierungsorganisationen (NGO) die humanitäre Situation in dem Palästinensergebiet mit drastischen Worten verurteilt und vor einer “massiven Hungersnot” gewarnt. UN-Generalsekretär António Guterres sagte mit Blick auf die von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu angekündigte neue Offensive, er “bezweifle, dass eine neue massive Militärintervention das Problem lösen wird”.
Guterres kritisierte die neue Militäroffensive der israelischen Armee. “Ich bezweifle, dass eine neue massive Militärintervention das Problem lösen wird”, sagte er bei einer Pressekonferenz mit Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Berlin. Guterres forderte erneut eine “sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln”, die die islamistische Hamas im Gazastreifen festhält, ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen und ein sofortiges Ende der Kämpfe.
Merz forderte die israelische Regierung auf, “alles zu tun, damit die humanitären Verpflichtungen erfüllt werden, zu denen sich auch Israel im Rahmen der internationalen politischen Ordnung verpflichtet” habe. Zugleich verwies er auf die noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln, unter denen auch Deutschstämmige seien. “Bei dem, was die israelische Armee jetzt tut”, müsse Rücksicht genommen werden, forderte der Kanzler mit Blick auf die Geiseln. “Wir wollen diese Geiseln lebend wiedersehen.”
Meloni: “Humanitäre Situation in Gaza durch nichts zu rechtfertigen”
Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni bezeichnete die humanitäre Situation im Gazastreifen als “immer dramatischer und durch nichts zu rechtfertigen”. Es bestehe “die Notwendigkeit, das humanitäre Völkerrecht zu achten”, erklärte Meloni vor dem italienischen Parlament. Die ultrarechte Regierung in Rom unterstützt die israelische Regierung in ihrem Kampf gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas; bisher hatte sie die humanitäre Lage im Gazastreifen nicht kritisiert.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) machte Israel für die Schaffung einer “absichtlichen humanitären Katastrophe” verantwortlich. “Wir beobachten in Echtzeit die Schaffung von Bedingungen für eine Vernichtung palästinensischen Lebens in Gaza”, erklärte die Organisation. “Gaza ist die Hölle auf Erden für Palästinenser geworden”, hieß es weiter.
Mehrere NGO, darunter Ärzte der Welt, Ärzte ohne Grenzen und Oxfam, warnten vor der Gefahr einer “massenhaften Hungersnot” im Gazastreifen, wenn Israel weiter Lebensmittellieferungen blockiere. “Wenn die Grenzen nicht schnell geöffnet werden, könnte eine massenhafte Hungersnot beginnen”, sagte Mahmoud Isleen von Ärzte Ohne Grenzen Frankreich in den Palästinensergebieten bei einer Video-Pressekonferenz.
Pressekonferenz auch in Wien
Auch in Wien wiesen Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen, Caritas und das Rote Kreuz am Mittwoch erneut auf die schlechte humanitäre Lage im Gazastreifen hingewiesen. Sie forderten in einer Pressekonferenz die österreichische Bundesregierung und die EU auf, mehr Druck auf Israel auszuüben, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Die Blockade an den Grenzen müsse enden, Helferinnen und Helfer müssten geschützt werden. Neben Lebensmitteln fehle es in Gaza etwa auch an Medikamenten und Treibstoff.
Palästinenser hatten darauf gehofft, dass der Besuch von US-Präsident Donald Trump in der Region, der am Dienstag in Saudi-Arabien begann, die Lage deeskalieren könnte. Die Bemühungen um eine Waffenruhe sind in den letzten Wochen ins Stocken geraten. Die Hamas und Israel geben sich gegenseitig die Schuld. Die USA haben einen Plan vorgelegt, um humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen durch private Auftragnehmer wieder aufzunehmen. Israel, das seit Anfang März Lieferungen vollständig blockiert, hat den Plan befürwortet. Die Vereinten Nationen und internationale Hilfsorganisationen haben ihn jedoch abgelehnt. Wichtige Details wie Finanzierung und Geldgeber seien unklar.
Auslöser für den Krieg war der Überfall der Hamas auf Gemeinden im südlichen Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1.200 Menschen getötet und 251 Personen als Geiseln verschleppt. Israel startete daraufhin eine Gegenoffensive. Nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden kamen dabei fast 53.000 Palästinenser ums Leben. Der schmale Küstenstreifen wurde weitgehend zerstört. Die Bevölkerung von etwa 2,3 Millionen Menschen steht nach Angaben von Hilfsorganisationen und internationalen Behörden am Rande einer Hungersnot.
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