Gesetzentwurf im Landtag angenommen

Ja zu Änderungen bei direkter Demokratie

Donnerstag, 11. Mai 2023 | 17:30 Uhr

Bozen – Der Landtag hat den Landesgesetzentwurf zur direkten Demokratie endlich verabschiedet. Was sich nun ändert, ist Folgendes:  16-Jährige werden an Volksbefragungen teilnehmen können. Außerdem wurde das bestätigende Referendum gerettet. Zudem können in Zukunft Bürgerräte eingesetzt werden und das Büro für politische Bildung wird endlich eingerichtet

In der der Mehrheit vorbehaltenen Zeit, die am Nachmittag begann, wurde der Landesgesetzentwurf Nr. 70/20 als erster Tagesordnungspunkt behandelt: Anpassungen zur Materie der Direkten Demokratie und Beteiligung. Änderung des Landesgesetzes vom 3. Dezember 2018, Nr. 22, “Direkte Demokratie, Partizipation und politische Bildung” (vorgelegt von den Abgeordneten Foppa, Dello Sbarba, Staffler, Leiter Reber, Nicolini, Repetto, Köllensperger, Ploner Alex, Ploner Franz, Rieder, Knoll, Mair, Unterholzner, Faistnauer und Amhof).

Der Gesetzentwurf habe eine lange Geschichte, betonte Ersteinbringerin Brigitte Foppa (Grüne) und bedankte sich für den Akt der Kooperation, der dieser Entwurf gewesen sei: Er sei von fast allen Oppositionsparteien mitunterzeichnet und von der Mehrheit mitgetragen. 2005 sei das erste Gesetz zur direkten Demokratie von Walter Baumgartner geschrieben worden. Es habe Volksinitiativen gegeben, die jedoch keinen Erfolg hatten, weil das Quorum nicht erreicht worden sei. 2014 habe es dann einen Entwurf des Abg. Schuler gegeben, dem jedoch kein Erfolg beschieden war. Es habe dann ein Ping-Pong-Spiel gegeben und lange Verhandlungen. Dieser lange Prozess habe ein Ende gefunden, indem der I. Gesetzgebungsausschuss in der vergangenen Legislatur gemeinsam mit der Bevölkerung einen neuen Entwurf geschrieben habe. Dieser Entwurf sei 2018 kurz vor dem Ende der Legislatur angenommen worden. Dieses Gesetz sei Ergebnis von Verhandlungen gewesen, Verhandeln bedeute Entgegenkommen und auch Kompromisse, deshalb seien bestimmte Dinge herausgenommen worden. Die Verabschiedung des Gesetzes sei in jedem Fall ein großer Fortschritt gewesen. Es gehe nun darum, die Werkzeuge der direkten Demokratie auszudehnen. Der Bürgerrat und die Einführung des Büros für politische Bildung – im 2018 verabschiedeten Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen, doch dann gestrichen – sollten nun doch eingeführt werden, weil die direkte Demokratie auch Begleitung brauche. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollten – Großteiles technische – Verbesserungen am Gesetz von 2018 vorgenommen werden. In den Verhandlungen habe es einige inhaltliche Veränderungen gegeben, die wichtigste betreffe die Volksabstimmungen, wo die Frist für das Sammeln der 300 Unterschriften von 20 Tagen auf zehn Tage verkürzt wurde – 20 Tage seien eine lange Zeit, wenn es um das Inkrafttreten eines Gesetzes gehe, das könne sie nachvollziehen, deshalb das Entgegenkommen. Der Bürgerrat sei nicht mehr so reduziert wie in der Zwischenstufe des Gesetzes und nicht mehr so ausführlich wie am Anfang. Schließlich habe man sich länger darüber unterhalten, wie das Büro für politische Bildung aufgebaut sein solle. Das Büro werde auf jeden Fall unabhängig arbeiten können. Die einzige Neuerung des Gesetzes, die den Grünen sehr wichtig gewesen sei, sei die schriftliche Information bei Volksabstimmungen für die Haushalte, die Fraktionen könnten daran zu gleichen Teilen beitragen. Im Prozess des Zustandekommens des Gesetzes hätten alle viel lernen können, doch es habe am Ende dazu geführt, dass etwas vorliege, das vom Landtag mitgetragen werde und dem Gesetz von 2018 zur Anwendung verhelfe.

Die Generaldebatte wurde von Ulli Mair (Freiheitliche) eröffnet: Sie erinnerte daran, dass der LGE in der letzten Legislatur das letzte Gesetz gewesen sei, das im Landtag verabschiedet wurde. Dieses Gesetz habe technische Mängel gehabt, die mit dem vorliegenden LGE behoben werden konnten. Es sei ihr lieber, ein Gesetz mit Kompromissen, wie diesen Entwurf, zu haben, als ein Gesetz, das nicht anwendbar sei. Wichtig sei, dass das Referendum beibehalten worden sei. Sie werde dem Entwurf zustimmen, weil sie der Meinung sei, dass es nun für die Menschen draußen anwendbar sei.

Alex Ploner (Team K) betonte, es habe ihm Freude gemacht, diese Art des gemeinsamen Politik Machens, wie bei den Arbeiten am LGE, erleben zu können – dafür wolle er sich bedanken. Man müsse lernen, dass man vor der Meinung der Menschen und ihrem Willen, Mitreden zu wollen, nicht Angst haben brauche. Die Menschen im Land hätten darüber abgestimmt, dass sie das bestätigende Referendum beibehalten wollten. Doch wenn er im Gutachten des Rates der Gemeinden, der zum Großteil von der SVP besetzt werde, zum vorliegenden LGE lese, dass das Referendum abgeschafft werden müsse, dann hoffe er, dass dieser Geist nicht im Landtag Einzug halte.

Sie habe den Eindruck gehabt, so Magdalena Amhof (SVP), dass man in eine gute Debatte einsteige. Durch die Wortmeldung des Abg. Ploner habe sich dieser Eindruck geändert. Es werde immer wieder Nachbesserungen brauchen, weil manchmal Zahnräder nicht zusammenpassten. Sie sei der Meinung, dass man einen guten Kompromiss gefunden habe – beim bestätigenden Referendum und bei der Reduzierung der Frist von 20 auf zehn Tage. Ein Meilenstein sei das Büro für politische Bildung. Man habe so lange an dem Gesetz gearbeitet, es sei an der Zeit, den Menschen Instrumente in die Hand zu geben, mit denen sie arbeiten könnten. Viele warteten gespannt auf einen ersten Bürgerrat. Anstelle von Vorwürfen wolle sie dazu aufrufen, die positiven Seiten zu sehen und den Entwurf zu verabschieden.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) unterstrich, dass so wie das vorliegende Gesetz im Entstehungsprozess gewachsen sei, müsse auch direkte Demokratie wachsen. Man sehe, dass die Bevölkerung nach wie vor Vertrauen in ein gewähltes Gremium habe und dass nicht alle Gesetze einem Referendum unterworfen würden – doch es sei wichtig, dies zu ermöglichen. Positiv hervorzuheben sei, dass auch 16-Jährige so weit wie gesetzlich möglich einbezogen werden könnten. Wichtig sei ihr zudem das bestätigende Referendum, wo die Bevölkerung selbst eingreifen könne. Inhaltlich sei es ihrer Fraktion immer darum gegangen, dass die Schranken so niedrig wie möglich gehalten würden. Die technischen Anpassungen seien positiv.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) bedankte sich bei den Kollegen, die viel Energie und Zeit in den LGE gesteckt hätten. Nun würde der Entwurf von allen unterstützt. Er könne jedoch nicht vergessen, dass es eine sehr große Kluft zwischen Mehrheit und Opposition gegeben habe, weil die Mehrheit das bestätigende Referendum abschaffen wolle. Im Bereich der partizipativen Demokratie müssten aber noch weitere Schritte gemacht werden, etwa die Unterschriftensammlung oder die Arbeit in den Ausschüssen. Wenn man in einer Legislaturperiode ein Referendum – so wie in der laufenden Legislatur – nur einmal einsetze, dann bedeute es, dass es kein Gleichgewicht zwischen den direkten und indirekten Möglichkeiten gebe. Es sei noch ein weiter Weg zu gehen, denn es gebe unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie man Macht anwenden wolle.

Sie bedanke sich für die Diskussionsbeiträge und für die Erinnerung, wie viele Stolpersteine es in einem Prozess gebe, der in diesem Fall aber ein völlig unkonventioneller gewesen sei, so Brigitte Foppa (Grüne). Daraus sei die Überzeugung gewachsen, dass man auch in der Gesetzgebung neue Wege beschreiten müsse, wenn auch die Juristen immer wieder bremsten. Das Ergebnis sei ein gutes, und wenn man es durch den Landtag bringe, dann werde man sehen, wie es in der Anwendung weiter gehe – und ob es weitere Nachbesserungen benötige.

Mit einer Tagesordnung zum LGE forderte das Team K (Alex Ploner u.a.), eine Online-Unterschriftensammlungen für direktdemokratische Initiativen auf Landesebene zu ermöglichen, indem die entsprechenden technischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Die Landesregierung nahm diese nicht an. Der Einbringer Alex Ploner (Team K) erinnerte daran, dass er den Antrag bereits einmal eingebracht habe. Es sei am Willen der Landesregierung, so ein Instrument in Südtirol einzuführen und zuzulassen.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) bemerkte, es habe ihn verwundert, dass die Tagesordnung nicht angenommen wurde. Auf nationaler Ebene gebe es diese Möglichkeit bereits. Wenn man die Partizipation auf politischer Ebene öffnen wolle, dann solle man diesen Antrag annehmen. Auch sie wolle einen Appell wagen, so Brigitte Foppa (Grüne), denn der Weg zeige in diese Richtung. Vielleicht könnte so eine Tagesordnung ein “weicher” Weg sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

LH Arno Kompatscher sagte, das sei nachvollziehbar und legitim. Doch man habe jetzt einen Gesetzentwurf, und man habe im Zuge der Arbeiten zum Gesetz diese Diskussion bereits gehabt. Man habe sich diesbezüglich nicht einigen können. Doch mit dem Antrag würde man Online-Unterschriften nun doch ins Gesetz aufnehmen. Die Ablehnung bedeute nicht, dass man Online grundsätzlich ablehnen würde; man werde sich zukünftig mit dem Thema befassen. Die Tagesordnung wurde mit 13 Ja, 13 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt. Es folgte der Übergang zur Artikeldebatte.
Der Gesetzentwurf wurde schließlich mit 29 Ja, einem Nein und einer Enthaltung genehmigt.

Von: mk

Bezirk: Bozen