Von: APA/dpa/Reuters
Nach den ersten direkten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine seit drei Jahren über Wege zu einem Ende des Krieges schließt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ein Treffen zwischen den Staatschefs beider Länder nicht aus. Als Voraussetzung nannte er Verhandlungsfortschritte, blieb im Detail aber vage: “Ein solches Treffen als Ergebnis der Arbeit der Delegationen beider Seiten ist möglich bei Erreichen bestimmter Vereinbarungen dieser Delegationen”, sagte er am Samstag.
Die Besetzung der russischen Delegation, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als zweitklassig bezeichnet hatte, bleibt demnach aber zunächst unverändert. Bei den Gesprächen zwischen den Kriegsparteien in Istanbul am Freitag hatte die ukrainische Delegation ein Treffen zwischen dem russischen Machthaber Wladimir Putin und Selenskyj laut dem russischen Verhandlungsführer Wladimir Medinski gefordert. “Wir haben diese Bitte zur Kenntnis genommen”, wurde er anschließend von russischen Medien zitiert.
Eine Waffenruhe war bei den Gesprächen nicht erreicht worden. Peskow bekräftigte nun, dass Moskau an einer Liste von Bedingungen für eine Waffenruhe arbeite. Die russische Seite bereite sie vor, übergebe und tausche sie mit der ukrainischen Seite aus.
Rubio und Lawrow telefonierten miteinander
Russlands Außenminister Sergej Lawrow besprach nach Angaben aus Moskau mit seinem US-Amtskollegen Marco Rubio telefonisch die Ergebnisse des Ukraine-Treffens in Istanbul. Das Gespräch sei auf Initiative der USA zustande gekommen, hieß es in einer Pressemitteilung des russischen Außenministeriums. Rubio habe sowohl den Gefangenenaustausch zwischen Russen und Ukrainern begrüßt als auch die Vereinbarung der beiden Seiten, ihre Sicht auf die nötigen Bedingungen für eine Waffenruhe darzulegen.
Lawrow wiederum habe die positive Rolle der USA beim Zustandekommen der Gespräche hervorgehoben. “Er hat die Bereitschaft Moskaus zur Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit mit den amerikanischen Kollegen in diesem Zusammenhang bestätigt”, teilte das Ministerium in Moskau mit.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte schon am Freitagnachmittag mit Selenskyj, dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz sowie Großbritanniens Premier Keir Starmer und dem polnischen Regierungschef Donald Tusk mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Die Ukraine verteidigt sich mit westlicher Hilfe seit mehr als drei Jahren gegen eine russische Invasion.
Insider: Russland forderte in Istanbul Gebietsabtretungen
Russland hat nach ukrainischen Angaben in den Gesprächen am Freitag in Istanbul umfangreiche Gebietsabtretungen als eine Vorbedingung einer Waffenruhe genannt. Zu den Forderungen zähle ein vollständiger Rückzug ukrainischer Truppen aus den ukrainischen Regionen Donezk, Saporischschja, Cherson und Luhansk, sagte ein hochrangiger Vertreter der Ukraine der Nachrichtenagentur Reuters. Russland hält Teile dieser Regionen besetzt. Es hatte aber auch Ansprüche auf diejenigen Teile erhoben, die unverändert unter ukrainischer Kontrolle stehen.
Diese und weitere Forderungen, die die russischen Unterhändler dem ukrainischen Insider zufolge in Istanbul vorbrachten, gehen über diejenigen Punkte hinaus, die die USA nach eigenen Gesprächen mit Russland in einem Entwurf für ein Friedensabkommen genannt hatten. Dem ukrainischen Insider zufolge brachte die russische Delegation in Istanbul ihre Forderungen lediglich mündlich vor. Die Punkte weichen auch von dem Entwurf ab, den die Ukraine und ihre europäischen Partner für ein Friedensabkommen genannt hatten.
Legitimierung von Eroberungen verlangt
Dem ukrainischen Insider zufolge verlangten die russischen Unterhändler nicht nur eine Preisgabe, sondern auch eine internationale Anerkennung ukrainischer Gebiete als russische Territorien. Neben den Regionen Donezk, Saporischschja, Cherson und Luhansk solle auch die Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland im Jahr 2014 international gebilligt werden. Die USA hingegen hatten in ihrem Entwurf eines Abkommens eine De-jure-Anerkennung lediglich der Krim und im übrigen ausschließlich eine De-facto-Anerkennung der von Russland kontrollierten Teile weiterer ukrainischer Regionen in Aussicht gestellt.
Zudem forderte Russland dem Insider zufolge eine Neutralität der Ukraine. Sie dürfe im Gegensatz zu Russland keine Massenvernichtungswaffen besitzen. Die Partnerstaaten der Ukraine dürften keine eigenen Truppen auf ukrainischem Boden stationieren. Diese Forderung ist in dem US-Entwurf nicht enthalten. Ferner verlange Russland einen Verzicht aller involvierten Staaten auf Kriegsreparationen, sagte der Insider. Dagegen soll dem US-Entwurf zufolge die Ukraine entschädigt werden.
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