Von: APA/dpa/Reuters
Zu den geplanten Krisengesprächen über den US-Vorstoß für ein Ende des Ukraine-Kriegs werden nach EU-Angaben auch Spitzenpolitiker von anderen Kontinenten erwartet. EU-Ratspräsident António Costa habe zu den Beratungen am Rande des G20-Gipfels in Johannesburg neben den anwesenden europäischen Staats- und Regierungschefs auch die Vertreter Kanadas, Australiens und Japans eingeladen, sagte eine EU-Beamtin. Die Gespräche sollten am Nachmittag beginnen.
Aus Europa werden zu dem Treffen die Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien sowie aus Irland, Finnland, den Niederlanden, Spanien und Norwegen erwartet. Sie sind als ständige Mitglieder beziehungsweise als Gäste der G20-Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer zu dem Gipfel in Johannesburg gereist.
Beratungen aller 27 Staats- und Regierungschefs der EU sollen dann am Rande des am Montag beginnenden EU-Afrika-Gipfels in Angola organisiert werden.
Für EU enthält US-Plan inakzeptable Vorschläge
Nach Angaben von Diplomaten wird es bei den Gesprächen unter anderem darum gehen, wie aus europäischer Sicht inakzeptable Zugeständnisse an Russland aus dem 28-Punkte-Plan der Amerikaner herausverhandelt werden könnten. Der US-Vorschlag sieht zum Beispiel vor, dass die Ukraine auch bisher noch verteidigte Gebiete an Russland abtritt und die NATO einen Verzicht auf jegliche Erweiterung erklärt. Russland müsste dagegen nur vergleichsweise geringe Zugeständnisse machen und unter anderem auf in der EU eingefrorenes Staatsvermögen verzichten. Dieses würde für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden.
Für die europäischen Partner der Ukraine ist der Plan brisant. Sie befürchten, dass ein Abkommen, das den Aggressor belohnt, keinen dauerhaften Frieden auf dem Kontinent bringen wird. Zugleich sind sie angesichts der angespannten Finanzlage und einer teilweise unterstützungsmüden Bevölkerung in vielen Ländern ebenfalls stark an einem Ende des Krieges interessiert. Allein die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben nach Angaben aus Brüssel bereits mehr als 187 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine ausgegeben.
NATO-Generalsekretär sagte Besuch in Österreich ab
NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat unterdessen wegen der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine einen für Samstag geplanten Besuch in Österreich abgesagt. Rutte sollte nach Angaben der NATO an einer Diskussion der NGO “Trilaterale Kommission” unter dem Titel “Die Zukunft Europas gestalten – Eine Agenda für die Rolle Europas in einer neuen Weltordnung” teilnehmen. Weitere Details zu dem Treffen wurden nicht genannt.
“Eigentlich hätten wir heute früh den NATO-SG (Generalsekretär, Anm.) Mark Rutte hier haben sollen, aber ‘Daddy’ ist durchgedreht und der SG ist anderweitig beschäftigt”, teilte der ehemalige schwedische Außenminister Carl Bildt – einer der Teilnehmer der Konferenz – am Samstag auf der Plattform X mit. Bildt spielte damit auf den von den USA vorgelegten Plan für ein Ende des Ukraine-Krieges an, der in der Ukraine und in Europa für Unruhe sorgt. Rutte hatte US-Präsident Donald Trump bei einem früheren Treffen als ‘Daddy’ bezeichnet.
Ein NATO-Beamter bestätigte auf APA-Anfrage, dass Ruttes Besuch in Österreich wegen Terminänderungen abgesagt wurde.
NATO-Generalsekretär Rutte hat öffentlich bisher keine Bewertung des neuen US-Friedensplans vorgenommen. US-Präsident Donald Trump hat der Ukraine eine Frist bis Donnerstag gesetzt, um den US-Friedensvorschlag zur Beendigung des Krieges mit Russland anzunehmen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte indes in einer Videoansprache an, “Alternativen” zu dem US-Vorschlag vorlegen zu wollen.
Polens Präsident: Kiew muss entscheidendes Wort bei Friedensgesprächen haben
Polens Präsident Karol Nawrocki betonte indes, jeder Friedensplan für die Ukraine müsse von der Regierung in Kiew akzeptiert werden. Die Ukraine sei Opfer der russischen Aggression, daher müsse sie das entscheidende Wort bei Friedensgesprächen haben, schreibt Nawrocki auf der Online-Plattform X. Der Preis für den Frieden könne nicht darin bestehen, dass der Aggressor seine strategischen Ziele erreiche.
Vance verteidigt US-Plan
US-Vizepräsident JD Vance verteidigte unterdessen den US-Friedensplan und warf Kritikern fehlenden Realitätssinn vor. Wer die Friedenslösung kritisiere, an der gearbeitet werde, habe sie entweder missverstanden oder verleugne die wahre Lage, schrieb Vance in einem Beitrag auf X. “Es gibt diese Fantasie, wenn wir bloß für mehr Geld, mehr Waffen oder mehr Sanktionen sorgten, wäre der Sieg greifbar”, schrieb der Republikaner.
“Frieden wird nicht von gescheiterten Diplomaten oder Politikern erreicht, die in einer Fantasiewelt leben. Er kann von klugen Leuten erreicht werden, die in der realen Welt leben”, meinte Vance. Ein Friedensplan für den ukrainisch-russischen Krieg müsse zwingend drei Kriterien erfüllen. Erstens müsse er “das Töten beenden und die Souveränität der Ukraine bewahren”. Zweitens “für Russland und die Ukraine annehmbar sein”. Und drittens “die Chance maximieren, dass der Krieg nicht erneut beginnt”. Mehrere dieser Punkte sehen Kritiker im Friedensvorschlag der US-Regierung nicht erfüllt.




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