Plenarsitzung

Landtag: Anhörung der Volksanwältin und der Kinder- und Jugendanwältin 

Dienstag, 12. September 2017 | 17:01 Uhr

Bozen – Erster Punkt auf der Tagesordnung im Landtag war heute die Anhörung von Volksanwältin Gabriele Morandell, die den Abgeordneten ihren Tätigkeitsbericht vorstellte. Vor den Abgeordneten wies Morandell auf Probleme mit dem Wohnbaurecht hin, insbesondere mit der unbefristeten Bindung, die im neuen Entwurf des Urbanistikgesetzes nicht mehr vorgesehen sei. Das sei gut, da die ewige Bindung wahrscheinlich verfassungswidrig sei, man müsse aber auch eine Übergangsregelung für die bestehenden Bindungen ins Auge fassen. Die komplizierten Bestimmungen führten auch oft zu unbeabsichtigten Fehlern, die aber hart bestraft würden. Auch im Sozialbereich regte Morandell eine Anpassung der Gesetzgebung an: Das Pflegegeld werde unabhängig vom Einkommen ausbezahlt, aber bei Empfängern von Sozialhilfe werde diese gekürzt, weil das Pflegegeld als Einkommen gezählt werde. Das treffe vor allem die Ärmsten.

Walter Blaas lobte den Bericht der Volksanwältin und zeigte sich erfreut über den Zuspruch aus der Bevölkerung. Auch Sven Knoll sprach von ausgezeichneter Arbeit, das höre er auch durch Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Er fragte, wie die Verwaltung auf die Arbeit der Volksanwaltschaft reagiere, und ob ihr manchmal die Vorgabe von der Politik fehle, die Fälle einfacher und bürgernäher zu handhaben.

Es gebe viele Aussprachen in den Gemeinden, antwortete Morandell, und da könne man oft Verbesserungen erreichen. Grundsätzlich zeige sich die Verwaltung auskunftsbereit, sie habe aber oft keinen rechtlichen Spielraum. Daher sollten die Gesetze einen kleinen Spielraum noch zulassen.

Bernhard Zimmerhofer führte die Zunahme der Fälle auf den höheren Bekanntheitsgrad der Volksanwaltschaft zurück. Bei den Gemeinden werde wahrscheinlich der Großteil der Beschwerden die Urbanistik betreffen, hier bestehe Nachholbedarf. Brigitte Foppa lobt das Engagement der Volksanwaltschaft in den Altersheimen und regte hier unangemeldete Inspektionen wie in Österreich an. Sie fragte, ob Morandell bei der Erstellung des Raumordnungsgesetzes eingebunden wurde. Maria Hochgruber Kuenzer verteidigte die Konventionierung im Wohnbau, man müsste aber ihre Funktion besser vermitteln. Sie war mit Morandell einer Meinung, dass das Pflegegeld nicht als Einkommen berechnet werden sollte. Sigmar Stocker erinnerte an die vom Landtag beschlossene Antidiskriminierungsstelle und fragte, ob die Volksanwaltschaft oft mit solchen Fällen befasst werde.

Volksanwältin Morandell bestätigte, dass die Urbanistik einen großen Teil der Beschwerden ausmache. Kontrollen in den Altersheimen bezeichnete sie als sinnvoll, das werde sie demnächst mit dem Präsidenten des Verbandes der Altersheime besprechen. Bei der Erstellung des neuen Raumordnungsgesetzes sei sie nicht beteiligt gewesen, sie werde aber ihre Bemerkungen schriftlich übermitteln. Mit Diskriminierungsfällen seien mehrere Ombudsstellen befasst, die beim Landtag angesiedelt seien, daher wollte man auch nicht eine neue Einrichtung schaffen.

Anschließend stellte Kinder- und Jugendanwältin Paula Maria Ladstätter ihren Tätigkeitsbericht für 2016 vor. Sie schilderte einige Beispielfälle, wies auf die Zunahme der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hin – heuer eine der größten Herausforderungen für die Jugendanwaltschaft -, lobte den Einsatz von Sozialpädagogen an den Schulen, wo auch physischer und psychischer Gewalt vorzubeugen sei. Ladstätter regte ein Clearing House für nicht begleitete Minderjährige in Bozen an, wo sie schnell untergebracht und auch von Anwälten und Kulturmediatoren über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt werden könnten. Wie zahlreiche Informationsveranstaltungen sind für die Jugendanwaltschaft auf Netzwerke wichtig – 2016 habe man an über 160 Netzwerkgruppen zu verschiedensten Anliegen teilgenommen.

Riccardo Dello Sbarba fragte, wie weit die Umsetzung ihrer Vorschläge zur Betreuung unbegleiteter Minderjähriger sei. Einiges habe sich bereits getan, antwortete Ladstätter, aber die Informationen dazu seien noch bruchstückhaft. Anscheinend wolle die Gemeinde das Projekt über das SPRAR-Programm verwirklichen. Das sog. “Zampa-Gesetz” ermögliche nun die freiwillige Vormundschaft, was eine große Hilfe sei. LR Philipp Achammer freute sich über die Anerkennung für die Sozialpädagogen. Er fragte, ob die Jugendanwaltschaft auch mit Fällen von Cybercrime und Cybermobbing gegenüber Jugendlichen befasst sei. Es seien mehrere Einrichtungen, die sich mit dem Thema befassten, antwortete Ladstätter, die Fälle für die Jugendanwaltschaft seien rückläufig, wahrscheinlich, weil heute das meiste der Postpolizei gemeldet werde. Hans Heiss meinte, dass manche Fälle an den Schulen eigentlich innerhalb der Schule gelöst werden müssten. Er fragte, wo sie Verbesserungspotenzial zur Unterstützung der Sozialassistenten sehe. Ladstätter gab Heiss im ersten Fall recht, aber es gebe eben Fälle, bei denen Beschwerden an den Direktor nichts gefruchtet hätten. Die Sozialpädagoginnen an den Schulen seien sehr wichtig, sie könnten auch die Sozialsprengel entlasten. Aber auch dort sei eine Personalaufstockung nötig. Hannes Zingerle fragte nach den möglichen Gründen, warum Fälle aus dem Raum Bozen und dem Burggrafenamt besonders häufig seien. Oft handle es sich dabei, vor allem in Bozen, um nicht begleitete Minderjährige oder Fälle in Migrantenfamilien, wo es oft zu kulturell-familiären Konflikten komme, antwortete Ladstätter. Einiges gehe wahrscheinlich auch auf die Rubrik im “Alto Adige” zurück, der die Jugendanwaltschaft bekannter mache. Veronika Stirner erinnerte an ihre Bemühungen zur Anstellung von Mehr Psychologen und Sozialpädagogen an den Schulen. Manche Lehrpersonen seien ihrer Aufgabe nicht gewachsen, manchmal wolle auch die Schule auf bestimmte Probleme nicht eingehen. Ladstätter gab Stirner recht, der psychologische Dienst sei hier oft überfordert. Schulpsychologen sollten nicht der Schulleitung unterstellt sein, da diese oft nicht an solchen Interventionen interessiert seien.

Von: mk

Bezirk: Bozen