Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute unter anderem auch mit dem Schutz der aquatischen Lebensräume und der nachhaltigen Fischerei befasst. Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vor gelegt.
Landesgesetzentwurf Nr. 124/22 Schutz der aquatischen Lebensräume und nachhaltige Fischerei (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landesrates für Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und Zivilschutz Arnold Schuler): Das derzeitige Fischereigesetz ist mehr als 40 Jahre alt. Rechtlich und wirtschaftlich haben sich die Rahmenbedingungen in der Fischerei seitdem jedoch entwickelt und verändert. Dem soll im neuen Gesetz Rechnung getragen werden.
Ziel des Gesetzentwurfs sei es, nicht nur technische Anpassungen vorzunehmen, sondern auch eine neue Ausrichtung vorzunehmen, erklärte LR Arnold Schuler. In den Fischgewässern soll die natürliche Situation möglichst erhalten beziehungsweise wiederhergestellt werden. Wichtig sei auch die Nachhaltigkeit im Bereich der Fischerei, was bedeuten würde, dass in Zukunft nur noch das gefischt werden soll, was dem natürlichen Prozess entspricht. Die Regelungen müssten auch für private Fischgewässer gelten. Dazu könnten auch Kontrollen durchgeführt und eventuell Sanktionen verhängt werden. Weiters würden die Fischereirechte neu geregelt. Hierzu sei von seiner Seite auch ein Änderungsantrag eingereicht worden, der darauf abzielt, dass im Zuge von Streitigkeiten nicht sofort der Weg vor Gericht beschritten werden soll. Beim Fischbesatz gebe es einen neuen Ansatz. Bisher sei der nach dem Gießkannenprinzip festgelegt worden, nun werde der Besatz auf Gewässer beschränkt, bei denen der natürliche Bestand nicht ausreiche. Nur autochthone Fischarten würden dabei eingesetzt, jene, die vor 1942 nachgewiesen wurden. Zu den Fischereirechten wollte Schuler eine Klarstellung vornehmen. Die historischen Fischereirechte seien auch vom Staat anerkannt worden. Es könne aber zu Konflikten kommen, wenn neue Rechte vergeben würden, etwa für Wasserableitungen der Kraftwerke. Bisher hätten sich die Inhaber von Fischereirechten nur ans Gericht wenden können. Nun sehe man eine neue Prozedur vor: Man wolle sich bereits im Vorfeld an einen Tisch setzen, um einen Ausgleich zu erreichen. Neuigkeiten gebe es für die Fischteiche, dort sei man nicht auf die autochthonen Fischarten beschränkt. Allerdings werde es Kontrollen geben, damit andere Fischarten sich nicht in anderen Gewässern verbreiten. Eine weitere Neuigkeit sei die Förderung der Jungfischer, d.h. dass auch Minderjährige in Begleitung fischen dürfen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erklärte, es handle sich hier um einen guten LGE, der mit Achtung des Gutes Wasser und der Biodiversität geschrieben worden sei. Die Diskussion im Gesetzgebungsausschuss sei lebhaft und gut gewesen, es seien einige Änderungsanträge eingebracht worden. Das Wasser werde künftig ein immer wichtigeres Thema im Land werden, dabei gehe es auch um den Ausgleich der verschiedenen Interessen. Die Regelung der Fischerei sei dabei einer der Aspekte, ebenso wie die Wasserqualität und der Schutz der Biodiversität. Im Vergleich zu den Regelungen in anderen Regionen sei die vorliegende eine strikte. Einer der im Ausschuss angenommenen Änderungsanträge der Grünen betreffe die gute Wasserqualität, zu der auch die Fischerei beitragen solle, in Bezug auf eine EU-Richtlinie. Ein weiterer Änderungsantrag betraf durch das Gesetz vorgesehene Ausnahmen, solche halte er für problematisch, u.a. weil sie zu Rechtsunsicherheit und Missstimmung führten; im Änderungsantrag habe man vorgeschlagen, dass die Ausnahmen angemessen begründet sein müssten. Er kündigte zwei Änderungsanträge im Plenum an, die später behandelt werden würden: einer betreffe die Nutzung von Blei in der Fischerei, die zwar ab 2025 in Cyprinidengewässern verboten sein sollten – die Grünen fragten sich, weshalb es kein generelles Verbot in allen Gewässern sein könnte. Der zweite betreffe die Aufgaben des Landesamtes für Jagd und Fischerei: Es sollte im Gesetz angegeben werden, welche Aufgaben das Amt habe, die nicht an den Fischereiverband delegiert werden könnten.
Auch vom Team K gebe es Zustimmung zum Gesetzentwurf, erklärte Paul Köllensperger (Team K). Es handle sich um ein sehr praxisorientiertes und fortschrittliches Regelwerk. In diesem Gesetz sei Nachhaltigkeit drin – demgegenüber die Landesregierung sonst viel von Nachhaltigkeit spreche, aber man davon kaum etwas sehe. Er habe aber eine Tagesordnung präsentiert, in dem es um die Auflagenhefte der Wasserkraftwerke gehe, in welchen obligatorisch auch die Schonung des Fischbestandes vorsehen sollte. Bei den Ableitungen hätten sich die Bauern im Gesetzgebungsausschuss offenbar durchgesetzt – dieser Bereich sei unübersichtlich.
Franz Locher (SVP) bemerkte, der Lebensraum der Fische sei vor allem durch die großen Ableitungen beeinträchtigt worden. Gestern sei viel über den Ausverkauf der Heimat geredet worden, dabei gehe es nicht nur um Immobilien, auch Fischereirechte hätten Liebhaberwerte. Es gehe nicht um den Ertrag, sondern vor allem darum, dass ein Fischereirecht eine gewisse Freizeitalternative sei. Er habe gewisse Sorgen, vor allem wenn es um die Entschädigung der Kraftwerksbetreiber gehe, weil Entschädigungen verlangt werden könnten, die jenseits von Gut und Böse seien. Es gehe auch um die Definierung der Fischgewässer, die erfolgen müsse, hier gebe es einen gewissen Spielraum. Zu den Strafen: Diese seien sehr hoch. Doch es sei zu bedenken, dass es Sondersituationen geben könne, etwa so wie im vergangenen Sommer. Ein großes Anliegen sei ihm Art. 8 Absatz 14, in dem es um die Entschädigungen gehe. Er sehe nicht nur Situationen mit Trockenheit, sondern auch bei Unwettern: Fische würden weggeschwemmt. Wie solle die Aufzucht in diesen Fällen erfolgen? Das Verbot des Einsetzens von exotischen Arten finde er gut.
Josef Unterholzner (Enzian) erklärte, nach dem Sauerstoff sei das Wasser das höchste Gut, das es zum Leben brauche. Der Gesetzentwurf sei ein recht gelungener. Er sei der Meinung, dass auch die Lebewesen ein Recht auf Leben hätten. Mit der Aussage von LR Schuler, dass man keine Zuständigkeit bei der Bachforelle habe, sei er nicht einverstanden – es würden auch sonst oft Gesetze mit Inhalten verabschiedet, für die man keine Zuständigkeiten habe. Er versuche bereits seit Jahren, sich für ein Thema einzusetzen, das generell die Gewässer betreffe: Das Weißwasser werde nach Gewittern gesammelt und abgeleitet, er sei der Meinung, dass man es der Natur lassen sollte – es könnte dann versickern, die Natur habe länger etwas davon. Er werde dem Gesetz zustimmen, auch wenn er finde, dass man vielleicht im Nachgang einige Kleinigkeiten verbessern könne.
Er werde das Lob, das der Kollege Dello Sbarba auf das Gesetz gesprochen habe, nicht noch einmal wiederholen, so Hanspeter Staffler (Grüne). Das Gesetz beschreite eine organische, neue Richtung. Was in den vergangenen Jahren versucht wurde, in unseren Fisch- und Fließgewässern zu tun, sei hier gut zusammengefasst worden. Die Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 sehe vor, dass die Gewässer einem guten ökologischen Zustand zugeführt werden – man bewege sich hier auf verschiedenen Levels: dem biologischen, dem chemischen und der dritte Punkt sei die Hydromorphologie. Es habe in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele Verbesserungen im morphologischen Bereich gegeben, es gebe sehr viele Beispiele dafür, wie man Gebirgsbäche aufwerten könne, das sei auch geschehen. Aber die Restwasserproblematik und der Schwallbetrieb müssten noch bearbeitet werden. Beim Restwasser sei es so, dass sich die großen Werke derzeit daranhielten, doch offenbar wolle Alperia an den Stellschrauben drehen, um die Restwassermengen zu vermindern. Der Abgeordnete verwies auf ein Beispiel eines im vergangenen Jahr ausgetrockneten Flusses im Vinschgau. Es nütze das beste Fischereigesetz nichts, wenn man von bestimmten Bereichen den Schwallbetrieb nicht wegbekomme. In der Falschauer habe man etwa unterhalb der Rückgabestelle in Lana ein solches Schwallwasserproblem; die Alperia habe sich verpflichtet durch den Bau eines Kavernenausgleichsbeckens dieses Problem zu lösen. Dies sei ein hochmoderner Ansatz, der aber nicht umgesetzt worden sei. Das Thema des chemischen Zustandes der Gewässer im Land wolle er auch aufgreifen: Es gebe noch immer nitrat- oder pestizidbelastete Fließgewässer. Wenn in solchen Flusskrebse vorgekommen seien, seien sie verschwunden. Das Gesetz sei ein gutes, aber man müsse auch die anderen Stellschrauben laufend verbessern. Dies seien die Stellschrauben der Hydromorphologie, wo der Weg der Renaturierungen weitergegangen werden müsse; dazu seien den Bereichen des Schwallbetriebes und der Restwassermengen Akzente zu setzen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sagte, er habe einige konkrete Fragen an LR Schuler: Wie sei der Ist-Zustand der Gewässer im Land? Wie ist es entlang der großen Fließgewässer im Land, wo zum Beispiel Mülldeponien von Hochwassern betroffen sein könnten? Gebe es einen Plan, auch diese Gebiete zu reparieren, zu renaturieren? Der Zustand der kleinen Fließgewässer, aus denen Wasser für die landwirtschaftliche Nutzung abgeleitet werde, werde etwas vernachlässigt, in diesen fließen mitunter über Monate kein Wasser. Wie schaue es mit dieser Ableitung für landwirtschaftliche Zwecke aus? Seien hier nicht auch gewisse Restwassermengen sinnvoll? Er wolle auch über den Zustand der Waale sprechen: Es seien in Südtirol zuletzt Waale zugunsten der Energieproduktion aufgelassen worden. Auch dies habe Einfluss auf die Natur entlang der Strecken. Gebe es einen Überblick über das Waal-Sterben und ob dies gestoppt werden konnte? Das Phänomen des Wassermangels sei in vielen Gemeinden Südtirols spürbar; was werde geplant, um diesem Phänomen entgegenzuwirken? Gebe es Projekte für Auffangbecken? Es sei auch eine Diskussion darüber notwendig, wofür Wasser in Gebieten mit Wasserknappheit genutzt werden dürfe.
Es sei positiv, so Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), dass man endlich einmal ein Gesetz habe, das organisch und in sich geschlossen sei – und kein Flickwerk. Er erinnerte an einen Beschlussantrag der Freiheitlichen zu Stauraumspülungen und der Verwendung von Saugbaggern. Die grundsätzliche Haltung gegenüber Ableitungen sei eine negative – das passe ihm nicht: Denn beides sei für das Land wichtig, zum einen der Schutz der aquatischen Lebensräume, zum anderen die Produktion von erneuerbarer Energie. Warum sei es bei der Ausarbeitung des Gesetzes nicht zu einem intensiveren Austausch mit dem Energieverband gekommen?
Josef Noggler (SVP) bemerkte, dass nachdem die Kollegen der Grünen voll des Lobes für den Gesetzentwurf gewesen seien, müsse man genauer hinschauen, denn dann gebe es meist ein Problem. Verbesserungsbedarf sehe er bei den Art. 5, Art. 8 und Art. 19. So seien in Artikel 5 etwa keine Fristen für die Realisierung der geplanten Infrastrukturen angeführt; mit Artikel 8 werde auf ein Problem reagiert, das es nicht geben sollte. Es sei aber positiv, dass das Landesfischereigesetz organisch gemacht worden sei.
Das Thema Blei, erklärte LR Arnold Schuler, sei erst unlängst Thema im Landtag gewesen. Der Ansatz des Verbots sei sicher richtig, man brauche aber noch Zeit. Das Landesamt für Jagd und Fischerei sei ein kleines Amt, deshalb sei es sinnvoll, wenn bestimmte Aufgaben ausgelagert würden. Es sei so, dass das Wasser ein sehr wichtiges Element sei – in allen Bereichen: Trinkwasser, Bewässerungsanlagen, Lebensraum etc. – es sei deshalb ein sehr breites Thema, doch das Gesetz behandle nur einen bestimmten Bereich. Andere Bereiche würden mit anderen Gesetzen oder dem Wassernutzungsplan geregelt. Ein in der Diskussion ebenso angesprochenes Thema waren die in Medienberichten zur Sprache gekommenen Fischereirechte im Ultental: Man sei seit langer Zeit mit dem Fischereirechtsinhabers in Kontakt; man habe nach Alternativen zu einer Übernahme durch das Land gesucht. Auch weil man als Land keinen Liebhaberpreis bezahlen könne und andere einen anderen finanziellen Spielraum hätten. Bei den Fischwassern gebe es keinen Spielraum, den diese seien durch den Staat anerkannt. Die Strafen seien keine neuen, sondern aus anderen Gesetzen übernommen. Bei der Aufzucht habe es Änderungen gegeben: Die Landesfischzucht wurde zum Aquatischen Artenschutzzentrum, ein Vorzeigebetrieb; den Aufzuchtbereich habe man umgewandelt zu einem Bereich, der natürlichen Gewässern möglichst nahekomme. Es würden nur noch Eier, maximal Sömmerlinge eingesetzt, wo man davon ausgehe, dass die Überlebensrate deutlich höher sei. Die Restwassermengen beträfen zwar auch die Fischerei, doch diese würden mit einem anderen Gesetz festgelegt. Es sei sicher notwendig, Rückhaltebecken zu bauen. Zum Zustand der Gewässer: Es sei momentan noch ein Häutungshemmer zugelassen, mehr oder weniger auf der gesamten Fläche werde inzwischen die Verwirrungsmethode eingesetzt. Aufgrund der europäischen Rahmenrichtlinien würde der Zustand der Gewässer ständig untersucht; man habe in 297 Wasserläufen nach 250 Stoffen gesucht – in zehn von ihnen seien Rückstände gefunden worden. Das Ziel müsse sein, dass künftig alle Wasserkörper mindestens auf Zustand gut kämen. Der Energieverband habe bei der Ausarbeitung des Gesetzes mitarbeiten können; er habe aber zuletzt keine Stellungnahme abgegeben. Beim Art. 19 müsse man unterscheiden: Letztgereiht sei die Fischerei, wenn es darum gehe, eine Wasserkonzession zu erhalten; aber Fischereirechte bräuchten keine Wasserkonzession. Die Freiwilligen Fischereiaufseher seien nicht neu.
Im Folgenden wurden die Tagesordnungen zum Gesetzentwurf behandelt.