Schuler: "Schutz der kleinstrukturierten Landwirtschaft"

Landtag: Höfegesetz verabschiedet

Donnerstag, 12. April 2018 | 17:50 Uhr

Bozen – Mit 16 Ja, fünf Nein und acht Enthaltungen hat der Landtag heute nach der Artikeldebatte das Höfegesetz verabschiedet. Die Erklärungen zur Stimmabgabe unterschiedlich aus. Die April-Sitzung im Landtag ist damit beendet.

Art. 1 legt die Kriterien für die Neubildung eines geschlossenen Hofes fest. Riccardo Dello Sbarba bedauerte, dass die neue, im Ausschuss geänderte Fassung die Schranken gegen die Spekulation senke, und legte die ursprüngliche Fassung als Änderungsantrag vor. LR Arnold Schuler dankte für die Unterstützung des Kollegen, aber er sei mit der im Ausschuss gefundenen Formulierung einverstanden, die den ursprünglichen Zweck nicht schmälere. Der Ausschuss sei befugt, Änderungen vorzunehmen. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt. Auch das Plenum sei befugt, Änderungen vorzunehmen, erwiderte Dello Sbarba. Josef Noggler fragte, wie mit diesem Gesetz der Jungbauer definiert werde. Natürlich könne das Plenum die Karten wieder neu mischen, er aber sei mit dem neuen Text einverstanden, erklärte LR Schuler. Zur Definition des Jungbauern erklärte er, dass sie bleibe, wie sie bisher angewendet wurde, d.h. bis zum 40. Lebensjahr. Der Artikel wurde mit 17 Ja, vier Nein und neun Enthaltungen genehmigt.

Die Art. 2 bis 4 wurden ohne Debatte genehmigt.

Art. 5 betrifft den Hofübernehmer. Andreas Pöder forderte die Streichung des Absatzes, das Personen unter Sachwalterschaft von der Erbfolge ausschließt. Diese sei noch lange keine Entmündigung. Walter Blaas stimmte dem zu. Eine Sachwalterschaft könne auch befristet sein, etwa bei gesundheitlichen Problemen. LR Schuler beantragte eine getrennte Abstimmung zu diesem Passus, worauf Pöder seinen Änderungsantrag zurückzog. Er wollte aber auch über die beschränkte Entmündigung getrennt abstimmen lassen. Der Artikel wurde mit 22 Ja und acht Enthaltungen genehmigt, aber ohne den Passus zur Sachwalterschaft.

Art. 6 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 7 betrifft den Ausschluss von der Hofübernahme. Riccardo Dello Sbarba forderte, dass es für die Eingliederung von Wohngebäuden in einen geschlossenen Hof, der bereits über ein Wohngebäude verfügt, die Einwilligung der anderen Erben braucht. Sonst bestehe die Möglichkeit, den Bestand des Hofs zuungunsten der weichenden Erben zu ändern. Es stehe im Ermessen des Erblassers, auch ein weiteres Gebäude dem Hofübernehmer zu überlassen, antwortete LR Schuler. Ihm seien jedenfalls keine solchen Fälle bekannt, die Auswirkung auf die Aufteilung des Erbes gehabt hätten. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 17 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.

Art. 8 und 9 wurden ohne Debatte genehmigt.

Art. 10 betrifft die Nachtragserbteilung. Andreas Pöder forderte, die alleinige Frist von 20 Jahren nach Übernahme zu belassen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Hof schon nach zehn Jahren nach Ableben des Erblassers veräußert werden kann. Die zehn Jahre seien schon vorher die Frist gewesen, antwortete LR Schuler, mit den 20 Jahren wolle man eine Höchstfrist festlegen, da der Erblasser ja noch lange leben könne. Der Artikel wurde unverändert mit 16 Ja  und zwölf Enthaltungen genehmigt.

Art. 11 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 11-bis  enthält eine authentische Auslegung.
Andreas Pöder forderte die Streichung des Artikels, der habe Namen und Vornamen. Josef Noggler betonte, dass auch heute eine nachträgliche Genehmigung möglich sei. Der Artikel wurde mit einer von Noggler vorgeschlagenen Änderung genehmigt.

Art. 12 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 13 betrifft die Zusammensetzung der öffentlichen Höfekommissionen. Brigitte Foppa forderte, dass für den Vorsitz und dessen Ersatz zwei Personen vorgeschlagen werden, eine Frau und ein Mann. Weiters forderte sie eine Drittelquote bei der Gesamtheit der Präsidentschaften. Andreas Pöder forderte das Vorschlagsrecht für Gemeinde- und Bezirksrat statt für den Bauernbund, das die Höfekommission schließlich rechtsgültige Entscheidungen treffe. Walter Blaas stimmte Pöder zwar zu, sah aber einen Kompromissvorschlag aber mehrheitsfähiger: ein Kandidatenvorschlag im Einvernehmen mit dem Gemeinderat. Über diesen Artikel habe man sich lange mit allen Beteiligten unterhalten und sich auf die vorliegende Lösung geeinigt, antwortete LR Arnold Schuler. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt. Der Artikel wurde mit 14 Ja, vier Nein und zwölf Enthaltungen genehmigt.

Art. 14 bis 21 wurden ohne Debatte genehmigt.

Erklärungen zur Stimmabgabe

Walter Blaas (Freiheitliche) kündigte für seine Fraktion Enthaltung an. Er hoffe nicht, dass dieses Gesetz vor dem Verfassungsgericht lande und dann den geschlossenen Hof insgesamt in Gefahr bringe. Dieses Gesetz habe es nicht gebraucht.

Es sei ein unnötiges Gesetz, fand auch Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Er kündigte ein Nein an, da Art. 1 verwässert worden sei und die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes worden seien.

“Schutz der kleinstrukturierten Landwirtschaft”

“Die Verabschiedung des Höfegesetzes kann als Erfolg der Landwirtschaft und Raumordnung gegenüber dem Einzelinteresse gewertet werden”, unterstreicht Agrarlandesrat Arnold Schuler. Das Höfegesetz sei eine Erfolgsgeschichte und “ein wichtiges Instrument, um Südtirols kleinstrukturierte Landwirtschaft zu schützen.” Kurzfristig erweise sich eine Aufteilung der landwirtschaftlichen Betriebe mit der Schaffung neuer Geschlossener Höfe ohne Hofstelle vielleicht als Vorteil – langfristig sei es aber ein Nachteil für die Landwirtschaft in Südtirol insgesamt. Dies sei mit dem verabschiedeten Gesetz nun nicht mehr so einfach möglich.

Das Höfegesetz nimmt keinen Einfluss auf die Übertragung des Geschlossenen Hofes bzw. auf die Hofübergabe – hier ändert sich nichts.

Geschlossener Hof als Schutz vor Zerstückelung

Als Geschlossener Hof gelten die Kulturgründe mit Hofstelle, die der Unteilbarkeit unterliegen. Der Geschlossene Hof soll als Einheit den Unterhalt einer bäuerlichen Familie sichern. Über die Unteilbarkeit der Liegenschaftseinheit wacht die Höfekommission; etwaige Veränderungen am Bestand müssen daher von dieser genehmigt werden. Das Höfegesetz zum Geschlossenen Hof sorgt demnach dafür, dass die Höfe in der Erbfolge nicht aufgeteilt und zerstückelt werden. Die Wahrung der bäuerlichen Familienbetriebe in Südtirol ist auch dem Geschlossenen Hof zu verdanken. Auch kleine landwirtschaftliche Betriebe können in Zukunft weiterhin unter den gegebenen Voraussetzungen einen Hof schließen.

“Wir haben in die Erarbeitung des neuen Gesetzes mit dem Südtiroler Bauernbund sehr viel Zeit und Mühe investiert”, berichtet Landesrat Schuler: “Wir haben ausgehend vom neuen Gesetz für Raum und Landschaft, das in Zukunft im Geschlossenen Hof 1500 Kubikmeter Wohnkubatur zulässt, die Situation analysiert und gesehen, dass in den vergangenen 15 Jahren in Südtirol viele neue Höfe ohne Hofstelle geschlossen worden waren, mit wenigen Ausnahmen alle im Obst- und Weinbaugebiet, bevorzugt im Überetsch, Etschtal und Unterland.”

Weniger Grundverbrauch im landwirtschaftlichen Grün

Hofschließungen ohne bestehende Gebäude sind auch mit dem neuen Gesetz nach wie vor zulässig und möglich, und zwar dort, wo eine Notwendigkeit besteht, solche Gebäude zu errichten, um Landwirtschaft zu betreiben. Nicht mehr möglich wird die Hofschließung in Fällen sein, in denen nur mehr Baurechte geschaffen werden, noch dazu für Personen, bei denen die Landwirtschaft keine Rolle oder nur eine Nebenrolle spielt.

Mit der Gesetzesänderung wird verhindert, dass Höfeschließungen in Fällen erfolgen, bei denen bestehende funktionierende Höfe aufgeteilt werden. Dies steht im Widerspruch zum Höfegesetz, das sich zum Ziel setzt, landwirtschaftliche Betriebe in ihrer bestehenden Größe zu erhalten.

Mit dem neuen Gesetz ist eine Neuschließung ohne Gebäude nur mehr dann möglich, wenn der Antragsteller und dessen Eltern nicht schon über geeignete Gebäude verfügen, außer der Hof wird mit mindestens vier Hektar Obst-/Weinbau bzw. sechs Hektar Grünland geschlossen. Auf diese Weise soll der Grundverbrauch im landwirtschaftlichen Grün eingeschränkt werden. Wenn jemand einen Hof schließen will, müssen künftig nicht nur alle landwirtschaftlichen Nutzflächen jener Person einbezogen werden, die den Antrag stellt, sondern es wird auch der familiäre Kontext berücksichtigt. Im Falle der landwirtschaftlichen Nutzflächen gilt dies nun auch für die Eltern. Zudem dürfen keine Flächen herangezogen werden, die zuvor von anderen geschlossenen Höfen abgetrennt wurden.

Im Sinne der Transparenz und Bürgerfreundlichkeit werden nun die Voraussetzungen für eine Digitalisierung der Verwaltungsverfahren der Schließungen von Höfen geschaffen.

In Südtirol gibt es derzeit rund 13.400 Geschlossene Höfe, davon sind 1166 Erbhöfe, also seit mindestens 200 Jahre innerhalb derselben Familie in gerade Linie oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad übertragen.

 

“Höfegesetz als Garant unserer Landwirtschaft”

Landesbäuerin Hiltraud Erschbamer betont die Wichtigkeit der Institution des geschlossenen Hofes: „Gäbe es den geschlossenen Hof nicht, dann würde die Südtiroler Landwirtschaft heute nicht so erfolgreich arbeiten können. Der geschlossene Hof garantiert, dass der Hof als gesamte Einheit weitergegeben wird und verhindert so die Zersplitterung in Kleinsteinheiten.“ Der Landesbäuerinnenrat befürwortet das Prinzip des geschlossenen Hofes, gleichzeitig unterstreicht er aber die Wichtigkeit, den persönlich erworbenen Besitz der Frauen zu schützen. „Wenn ich als Frau ein Stück Grund persönlich erwirtschafte oder geschenkt bekomme – beispielsweise als Altersvorsorge – dann darf das nicht in die Berechnung für die Neubildung eines geschlossenen Hofes miteinbezogen werden.“ Der Landesbäuerinnenrat bedankt sich bei den bäuerlichen Abgeordneten für die Unterstützung. „Ein großes Dankeschön geht an unsere Landtagsabgeordnete Maria Kuenzer, die hier mit viel Engagement und Einsatz an diesem Thema gearbeitet hat. Und ein Dank geht auch an Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, der unsere Anliegen stets ernstgenommen hat.“

Auch gab es einige Neuerungen betreffend der Höfekommission. Nebst der neu eingeführten Mandatsbeschränkung bleibt weiterhin garantiert, dass beide Geschlechter bei der Zusammensetzung berücksichtigt werden müssen. „Ich denke, es hat sich bewiesen, welch wertvollen Beitrag Frauen in Entscheidungsgremien leisten. Ich ermutige alle Frauen, solche neuen Herausforderungen anzunehmen. Es ist noch nie ein Meister oder eine Meisterin vom Himmel gefallen, mit der Erfahrung wächst auch das Wissen“, so Landesbäuerin Erschbamer.

Die Landesbäuerin fordert Übergeber/in und Übernehmer/in auf, verantwortungsbewusst mit der Institution des geschlossenen Hofes umzugehen: „Das Unternehmen Bauernhof weiter zu führen bedeutet die Pflicht, dieses Erbe mit Verantwortung in die Zukunft zu bringen. Dazu braucht es Freude, viel Wissen, ständigen Einsatz und das richtige Gespür. Auch eine Portion Glück und Gottes Segen braucht es in der Landwirtschaft, spielt sich unsere Hauptarbeit ja unter freiem Himmel ab.“

Mit dem Prinzip der Verantwortung, der Dankbarkeit und des Respekts können die bäuerlichen Familienbetriebe erwartungsvoll in die Zukunft blicken: „Wertschätzung für das Geleistete und Offenheit gegenüber dem Neuen sind eine gute Basis, um den bäuerlichen Familienbetrieb erfolgreich weiter führen zu können“, so die Landesbäuerin.

Von: mk

Bezirk: Bozen