Anträge von Süd-Tiroler Freiheit und Grünen

Nationalpark, Slow Region und Schienenlärm

Mittwoch, 07. Juni 2017 | 11:59 Uhr

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Süd-Tiroler Freiheit und Grünen behandelt.

Begehrensantrag Nr. 45/15: Rückstufung des Süd-Tiroler Anteiles am Nationalpark Stilfser Joch in einen Naturpark (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Knoll und Atz Tammerle am 25.8.2015). Der Landtag möge das römische Parlament und die Regierung in Rom auffordern, die notwendige Rechtsgrundlage für die Rückstufung des Südtiroler Anteils am Nationalpark Stilfser Joch in einen Südtiroler Naturpark zu schaffen.

Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an die Enteignung unter dem Faschismus. Mit einer Rückstufung zu einem Naturpark wäre für den Naturschutz bestens gesorgt, und man würde ein altes Unrecht beseitigen. Dadurch könnte auch die Verwaltung einfacher und bürgernäher werden.
Sigmar Stocker (Freiheitliche) erklärte seine Zustimmung und erinnerte an einen ähnlichen Antrag der Freiheitlichen vor Jahren.
LR Richard Theiner wies auf den rechtlich relevanten Unterschied zwischen den beiden Formen von Naturparken hin. Das Land habe nie in Erwägung gezogen, den Park abzuschaffen. Man habe sich mit Trentino und Lombardei geeinigt, dass es ein Nationalpark bleiben solle, aber man könne ihn nun so regeln, dass er der Bevölkerung mehr zugute komme. Dafür seien auch einheitliche Regelungen geschaffen worden. Derzeit arbeite man an einem gemeinsamen Parkplan.
Bernhard Zimmerhofer bedauerte die Ablehnung durch die Landesregierung. Auch angesichts neuer Populationen wie Bären und Wölfe wäre eine eigenständige Verwaltung besser.
Der Antrag wurde mit neun Ja und 17 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 636/16: “Slow Region” Südtirol (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Heiss am 22.7.2016). Der Landtag möge die Landesregierung ersuchen, 1. Ausgehend von den Grundsätzen von „Cittàslow“ eine Übertragung auf das gesamte Land Südtirol zu konzeptualisieren; 2. Kontakt mit dem Generalsekretariat von „Cittàslow“ aufzunehmen, um auf eine Auszeichnung als „Slow Region“ hinzuarbeiten.

“Die Bewegung „Cittàslow“ ist im Jahr 1999 in Italien auf der Basis der Slow Food® Philosophie entstanden”, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). “Ziel ist es, das zugrundeliegende Konzept der Ökogastronomie (Verwendung nachhaltiger, d.h. biologischer, den Umweltschutz achtender, 0-km-, Produkte) mit Unterstützung der Gemeinden und jeweiligen Stadtregierungen auf das tägliche Leben im Ort zu übertragen. Die Lebensqualität in den Städten und im Umland soll verbessert werden, ihre kulturelle Diversität erhalten bleiben. Entschleunigung ist der Grundpfeiler der „Cittàslow“ Bewegung. Er bezieht sich nicht nur auf das kulinarische Angebot, sondern erstreckt sich auch auf Umwelt- und Infrastrukturpolitik, urbane und landschaftliche Qualität, Gastfreundschaft und ein allgemeines Bewusstsein gegenüber der natürlichen und sozialen Umwelt. Nur bei Einhaltung verschiedener Kriterien in diesen Bereichen erhält eine Stadt die Kennzeichnung „Cittàslow“. Mittlerweile kann „Cittàslow“ ein beachtliches globales Netzwerk von teilnehmenden Städten vorweisen, in Südtirol gehöre Salurn dazu. Die Etablierung einer „Slow Region” Südtirol böte dem Land die Möglichkeit, bereits gesteckte Ziele auszubauen und innovativ voranzuschreiten. Darüber hinaus wäre die Umsetzung eines solchen Vorhabens die gelebte Anwendung der Alpenkonvention, die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) Alpenkonvention und in der Deklaration „Bevölkerung und Kultur“ (Beschluss der IX. Alpenkonferenz in Alpbach am 8. November 2006) den „sozioökonomischen und soziokulturellen Aspekten […] zur Umsetzung einer ganzheitlichen Politik zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums“ große Bedeutung zukommen lässt. Die Verbindung zwischen der Bewegung „Cittàslow“ und der Alpenkonvention findet sich schließlich im 2013 verfassten Kooperationsmemorandum (http://webdefence.global. blackspider.com/urlwrap/?q= AXicPcyxDsIgEADQ251MHPwJoKY2pE 4m_oP7FVCJwDXHtcQv8XfVxf3lbS_ w3gHYHoDTqxsmXXnVGWNyVIQpaUcZ1 sGO- YpTd7DHfgQOHp8SqZzrErzELyuhVR0 FHiLzyZjWmnZRBGuiponvBlmiS8Hkk Imx-CUruilHNAfG36X- HgD2G4APjGk0ew&Z), in dem sich die beiden zur Zusammenarbeit verpflichten.” Es sei kein Kuschelantrag, bemerkte Foppa, sondern die Umsetzung von Zielen, die auch in Südtirol Anklang fänden.

Er habe den Antrag zusammen mit seinen Mitarbeitern, auch von IDM, diskutiert, berichtete LH Arno Kompatscher. Dieses Konzept würde mit sich bringen, dass man auch seine Produktpalette dementsprechend gestaltet. Die Ansätze von “Cittaslow” seien durchaus ernst zu nehmen. Auch die Dachmarke Südtirol habe ähnliche Ziele, nämlich Südtirol als authentisches Urlaubsland darzustellen. Auch die Neuregelung der Tourismusorganisationen habe den Zweck, das Angebot stimmiger zu gestalten. Wichtig sei dabei eine “Bottom-up-Strategie”, man müsse gemeinsam mit den Tourismusorganisationen die Strategie überlegen. Daher könne man eine neue Strategie nicht von oben beschließen. Man könne daher den Antrag so nicht mittragen, nehme aber die Anregung auf.

Das Konzept “Cittaslow” gehe über den Tourismus hinaus, meinte Brigitte Foppa. Der “Bottom-up-Ansatz” stehe dazu nicht im Widerspruch, eine solche Strategie könne nicht von oben kommen.

Der Antrag wurde mit neun Ja, 14 Nein bei drei Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 578/16: Europäisches Programm zur Beseitigung der Lärmbelästigung durch den Eisenbahnverkehr (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 1.3.2016). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, für das Land das vorrangige Ziel festzulegen, den Eisenbahnlärm durch Nachrüstung und Instandhaltung des Rollmaterials, das entlang der Brenner-Achse und anderer Abschnitte in unserem Gebiet zum Einsatz kommt, zu vermindern. Insbesondere soll sich die Landesregierung mit allen verfügbaren Mitteln und bei allen Stellen, in denen das Land vertreten ist, dafür einsetzen, dass: 1. der italienische Staat und die italienische Regierung die „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/429 der Kommission vom 13. März 2015 zur Festlegung der Modalitäten für die Anlastung der Kosten von Lärmauswirkungen“ übernehmen und somit auch in Italien Anreize für Eisenbahnunternehmen zur Verwendung geräuscharmer Wagen und Züge (auch durch Nachrüstung des bestehenden Fuhrparks) schaffen sowie Benachteiligungen für diejenigen Unternehmen vorsehen, die hingegen geräuschintensive Wagen verwenden. 2. RFI soll als Netzbetreiber die genannte Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/429 der Kommission vom 13. März 2015 anwenden und somit auch in Italien das System der Anreize und Benachteiligungen im Zusammenhang mit Eisenbahnlärm umsetzen. Wenn nötig sollen dafür Abkommen und Vereinbarungen mit den autonomen Regionen und Provinzen abgeschlossen werden, insbesondere mit der Autonomen Provinz Bozen und der Region Trentino-Südtirol. 3. Trenitalia soll als größtes Unternehmen des italienischen Eisenbahnverkehrs mit öffentlicher Beteiligung (80 % der verwendeten Waggons) Lärmschutzmaßnahmen für das eigene Rollmaterial einführen und dafür auch auf die in der „Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung der Fazilität ,Connecting Europe’“, vorgesehenen Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen. 4. Die Staat-Regionen-Konferenz mit den autonomen Provinzen soll sich bei der Regierung sowie bei RFI und Trenitalia dafür einsetzen, dass alle Akteure im Rahmen der eigenen Zuständigkeiten die „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/429 der Kommission vom 13. März 2015“ und die „Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung der Fazilität ,Connecting Europe’“ umsetzen.

Bisher habe die RFI nur Lärmschutzwände errichtet, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), man müsse aber an der Lärmquelle ansetzen, beim Kontakt Rad-Schiene und beim Bremssystem. Eine EU-Verordnung von 2015 sehe Anreize für Eisenbahnbetreiber vor, die Maßnahmen zur Lärmminderung treffen, und Benachteiligungen für jene, die ihren Fuhrpark nicht umrüsten. Der Schienenverkehr werde auch auf der heutigen Strecke zunehmen, daher seien solche Maßnahmen umso wichtiger.
Auch Hans Heiss (Grüne) sah eine Zunahme als wahrscheinlich, auch durch den BBT. Man sollte vom Sekundärschutz abgehen und mehr auf die Lärmquelle achten. Auch in puncto Sicherheit lasse der Schienenverkehr noch zu wünschen übrig.

Bernhard Zimmerhofer (STF) befürchtete, das eine Umsetzung einer EU-Richtlinie durch Italien noch lange dauern werde. Besser wäre ein Übergang der Bahn samt Netz an das Land, um effiziente Maßnahmen zeitgerecht setzen zu können.

Mit einer Übertragung des Schienennetzes hätte das Land mehr Spielraum, meinte auch Sven Knoll (STF). Ein entsprechender Antrag sei aber im Landtag auch mit den Stimmen der Grünen abgelehnt worden. Im Eisacktal halte derzeit kein Zug die vorgeschriebenen Lärmgrenzen ein. Lärm sei gesundheitsschädlich, das Land dürfe das nicht hinnehmen.
Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an ähnlichen Beschlussantrag ihrer Fraktion, den der Landtag 2015 angenommen habe. Die EU habe viel Geld für die Umrüstung zur Verfügung gestellt, 263 Mio. Euro, aber bisher hätten fast ausschließlich deutsche Logistikunternehmen am Programm teilgenommen. Die Schweiz habe beschlossen, ab 2020 nur mehr lärmarme Waggons durchzulassen, daher werde sich der Druck auf Südtirol verstärken. Die SVP organisiere für den 6. Juli eine Tagung zum Thema in Franzensfeste. Ihre Fraktion werde dem Antrag nicht zustimmen, weil man bereits viele Schritte in diese Richtung gesetzt habe.

Sigmar Stocker (F) kündigte hingegen die Zustimmung seiner Fraktion an. Als Freistaat könnte hier Südtirol seine eigenen Regeln aufstellen, ohne auf Rom zu warten.
Zu diesem Thema tue sich auf europäischer Ebene laufend etwas, erklärte LR Florian Mussner. Zehn Prozent der Bevölkerung seien einer bedeutenden Lärmbelastung durch Schienenverkehr ausgesetzt. Die EU sehe Maßnahmen durch die Staaten und direkt durch die EU vor. Vorgesehen sei unter anderem ein Bonus-Malus-Systems je nach Lärmintensität des Rollmaterials. RFI scheine diese Vorschläge aber nicht aufgenommen zu haben. Er hoffe, dass Italien bei der nächsten EU-Finanzierung von 20 Mio. zugreife. Laut Transportministerium würden die Eisenbahnbetreiber selbst darüber entscheiden. RFI plane derzeit weitere Lärmschutzwände für Südtirol. Das Land habe wiederholt auf weiterreichende Maßnahmen gedrängt. Einiges habe sich seitdem durchaus getan, auch beim Rollmaterial.

Die Eisacktaler hätten keine großen Änderungen bemerkt, meinte hingegen Dello Sbarba. Der genannte SVP-Antrag gehe nur auf das EU-Programm zur Erneuerung des Fuhrparks ein, nicht aber auf das Bonus-Malus-System.

Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.

Von: luk