Von: mk
Bozen – Die Omas gegen rechts prangern die Zustände für Obdachlose in Bozen an. „Der diesjährige Winter ist hart. Seit Wochen versuchen Menschen, in dieser Kälte zu überleben und das Tag für Tag, Nacht für Nacht. Es gibt keinen warmen Platz für sie, zu keiner Uhrzeit, nirgendwo und das in einer der reichsten Städte der Welt, Bozen“, betont die Bewegung.
Wenn man die Sonntagsreden vieler Politiker hört, könne man meinen, dass hier in Bozen alles bestens bestellt wäre. „Aber wenn wir morgens an den Stadtrand gehen, sehen wir, dass die Realität eine ganz andere ist. Nicht alle, die wollen, bekommen einen Platz und nein, hier wurde keine gute Arbeit geleistet. Immer wieder wird zum Beispiel die Zahl der Betten in der Ganzjahresstruktur Comini-Straße als positives Beispiel genannt, gleichzeitig aber verschwiegen, dass die große Mehrzahl der untergebrachten Menschen bereits einer geregelten Arbeit nachgeht, sich aber eine Wohnung bei diesen hohen Mietpreisen nicht leisten kann oder auch keine bekommt, weil zu oft nur an Einheimische zum Zug kommen.“ Die Struktur sei somit also von vornherein schon besetzt.
„Wir hatten noch keinen Kältetoten, es ist noch niemand verhungert“, betonen die Omas gegen rechts. Doch dies sei, ausschließlich den freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Vereine, der vielen Privatpersonen zu verdanken, die Tag und Nacht Schicht fahren, um den Menschen zu helfen. Das sei den Ärzten ohne Grenzen zu verdanken, die sich gezwungen sahen, im reichen Land Südtirol Schlafsäcke, Hygieneartikel zu verteilen und ihren Dienst anzubieten. „Spenden, die eigentlich den Leidenden in armen, abgehängten Ländern zustehen sollten. Shame on you, Südtirol!“, schreiben die Omas gegen rechts in einer Aussendung.
Was ist dran an der Behauptung, dass diese Leute nicht in die Schlafunterkunft wollen? „Sie wurden nicht oder unzureichend informiert“, erklären die Omas gegen rechts. Diese Menschen hätten keinen Zugang zu Medien, Fernsehen, Zeitungen. „Sie kennen unsere Gesetze, Vorschriften nicht. Zu einigen wenigen drang die Nachricht, dass sie sich beim Info-Point anmelden sollen. Vergessen wir nicht, viele dieser Menschen haben Angst, und vergessen wir auch nicht, dass sie auf ihren Weg traumatische Erlebnisse hatten, sich durchkämpfen mussten und nun ihre Hoffnungen nicht erfüllt wurden.“ Es brauche einen Kältebus wie in anderen Städten Europas, der mit ausgebildeten und professionellen Streetworkern zu den Leuten hinfährt und auch psychologische Überzeugungsarbeit leistet, Vertrauten aufbaut, sind die Omas gegen rechts überzeugt. „Viele Menschen leiden unter schwerer Depression. Andere haben konkrete Ängste vom Eingesperrt-Werden bis zur Abschiebung.“ In den Schlafstätten gebe es keine Möglichkeit, das bisschen Hab und Gut mitzunehmen oder in einen Spind einzuschließen. Viele hätten auch Angst, ihre wenigen Habseligkeiten könnten über Nacht verschwinden. Nur anzukündigen, dass es irgendwo ein Bett gibt, sei zu wenig, es brauche mehr.
Die Omas gegen rechts, Anpi, Sardine, Rete di diritti Senza Voce und Diop Papa Dame der Black Lives Matter fordern die Verantwortlichen von Stadt und Land zudem auf, die Öffnungszeiten der Winternotschlafstellen zu erweitern, und zwar von mindestens 17.00 Uhr abends bis 11.00 Uhr vormittags. „Es ist unmenschlich und menschenunwürdig, die Leute bei dieser Affenkälte schon um 8.00 Uhr morgens auf die Straße zu treiben und erst um 20.00 Uhr am Abend wieder Einlass zu gewähren und sich dann zu entrüsten, dass viele Menschen dieses Angebot nicht annehmen. Wo sollen sich die Leute untertags aufhalten? Wo einen warmen Tee trinken, ein warmes Essen bekommen? Wo sollen sie auf die Toilette gehen, sich waschen? Es werden dringend Tagesunterkünfte benötigt.“
Es werde zwar angekündigt, dass am 17. oder 18. Januar weitere Winternotschlafbetten zur Verfügung gestellt werden sollen. Aber der Winter habe schon lange vorher Einzug gehalten. „Wir benötigen dringend längerfristige Projekte, fixe Strukturen das gesamte Jahr über. Wohin gehen die Leute, wenn im März die Tore des Kältenotstands schließen? Müssen die Freiwilligen dann wieder um Schlafsäcke und Zelte für diese armen Menschen betteln? Wir müssen auf die Leute mit Streetworkern zugehen und nicht sie auf uns. Wir müssen sie bei der Hand nehmen, wenn wir wirklich die ehrliche Absicht haben, die Leute von der Straße wegzubringen, die beschämende Armut in Bozen zu beenden. Wir müssen für Integration, Weiterbildung und Arbeit sorgen. Und vor allem muss die Landespolitik einen Weg finden, das Projekt Obdachlosigkeit in Bozen am Sozialamt der Stadt anzusiedeln und mit zu finanzieren“, sind die Omas gegen rechts überzeugt.