Beschluss des Landtags

Produktangaben sollen künftig auch deutsch sein

Mittwoch, 09. Oktober 2019 | 18:30 Uhr

Bozen – Der Landtag hat heute in Sachen deutscher Etikettierung von Handelswaren einen Beschluss gefasst.

Beschlussantrag Nr. 169/19: Etikettierung von Handelswaren in deutscher Sprache (eingebracht von den Abg. Atz Tammerle und Knoll am 20.09.2019). Der Landtag wolle beschließen: 1. Der Südtiroler Landtag bekräftigt gemäß der geltenden EU-Vorschriften das Recht der Konsumenten, Lebensmittel- und andere Warenangaben in der eigenen Muttersprache zu erhalten 2. Da auf dem Gebiet der autonomen Provinz Bozen die Muttersprache der Mehrheitsbevölkerung die deutsche Sprache ist, welche zusätzlich, gemäß Art. 99 des Autonomiestatutes, der italienischen Sprache gleichgestellt ist, spricht sich der Landtag dafür aus, dass die Angaben der verbindlichen Informationen auf Produkten in Südtirol jedenfalls in deutscher Sprache anzuführen sind. 3. Der Südtiroler Landtag beauftragt die Südtiroler Landesregierung, dem Südtiroler Landtag innerhalb 2020 einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher vorsieht, dass in all jenen Bereichen, in denen die Verwendung der italienischen Sprache gesetzlich vorgeschrieben ist, in Südtirol, aufgrund von Art. 99 des Statuts, jedenfalls die deutsche Sprache verwendet werden muss. 4. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, an den Südtiroler Vertreter im EU-Parlament, das italienische Parlament und an das zuständige Ministerium den dringenden Aufruf zu richten, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Inhaltsstoffe auf Lebensmitteln und anderen Handelswaren in Südtirol auch in deutscher Sprache angegeben werden.

“Gemäß Gemeinschaftsrecht ist auf dem gesamten Territorium der Europäischen Union der Handel mit Nahrungsmitteln verboten, wenn die vorgeschriebenen Angaben bzw. Etikettierungen nicht in einer für den Käufer leicht verständlichen Sprache abgefasst sind”, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). “Mit dieser Vorschrift soll das Recht der Konsumenten gewährleistet werden, in ihrer Sprache Informationen über den Inhalt und die Zusammensetzung der Handelswaren zu erhalten. Gleichzeitig sieht das Autonomiestatut unter Artikel 99 die Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Staatssprache vor. Trotz dieser einschlägigen Bestimmungen ist ein großer Teil der in Südtirol erhältlichen Waren ausschließlich in italienischer Sprache etikettiert. Dieser Umstand stellt nicht nur eine Diskriminierung der Südtiroler Bevölkerung dar, da der Gebrauch ihrer Muttersprache ignoriert wird, sondern auch ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko. Dass eine mehrsprachige Etikettierung möglich ist zeigt das Beispiel von Produkten, welche in Italien für den deutschsprachigen Markt hergestellt und mit deutsch- bzw. mehrsprachigen Etiketten versehen werden. Dieselben Produkte werden in Südtirol aber nur mit italienischen Etiketten verkauft, bzw. die deutsche oder mehrsprachige Beschreibung überklebt.”

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) stellte fest, dass für Produkte für den italienischen Markt die italienische Beschriftung Pflicht ist. Die Zweisprachigkeitspflicht in Südtirol sei unantastbar, gleichwohl werde sie bei Herstellern außerhalb der Region schwer umsetzbar sein. Den Konsumenten bleibe nur eine Waffe: solche Waren nicht kaufen.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) verwies auf die Firma Ravensburg, die ihre Spiele nicht mehr nach Italien verkaufe, weil sie die italienischen Bestimmungen nicht einhalten könne. Die Gefahr sei, dass auswärts eingekauft werde. Deutsch sei die Sprache der Mehrheit in diesem Land und laut Statut gleichgestellt – dies sei gesetzlich durchzusetzen. Es gehe schließlich auch um gefährliche Produkte.

Gerhard Lanz (SVP) bat um eine differenzierte Betrachtung des Themas. Es gehe hier um das Recht auf Information, das Recht auf Muttersprache und da Marktrecht. Wenn man das punktgenau umsetze, werde man z.B. keine norwegischen Produkte mehr in Südtirol kaufen können, weil diese für den italienischen Markt auf Italienisch beschriftet würden. Punkt zwei des Antrags sollte dahingehend geändert werden, dass Deutsch wie auch Italienisch gefordert wird. Punkt vier werde man unterstützen.
Carlo Vettori (Lega Südtirol) sprach sich dafür aus, in Punkt zwei beide Sprachen einzufordern.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) unterstützte die Forderung. Wichtig sei, dass das Ganze mit einem Gesetz geregelt wird.

Auch Riccardo Dello Sbarba (Grüne) zeigte sich mit dem Antrag einverstanden, bezweifelte aber, dass das Land die Zuständigkeit für ein Gesetz in dieser Sache habe.
LR Philipp Achammer unterstrich die Bemühungen der Landesregierung um die Einhaltung der Sprachbestimmungen. Sie sei für den Antrag, aber bei Punkt 2 seien beide Sprachen vorzusehen. Die EU-Richtlinie spreche von einer oder mehreren Amtssprachen, während in der entsprechenden italienischen Umsetzung nur von Italienisch die Rede sei. Das Land habe nicht die Zuständigkeit, diese Materie mit eigenem Gesetz zu regeln, daher könne man Punkt drei nicht zustimmen.
Myriam Atz Tammerle wies darauf hin, dass die EU von “Amtssprachen” rede, und Deutsch sei in Südtirol auch Amtssprache.

Der erste Punkt des Antrags wurde mit sechs Ja, 18 Nein und neun Enthaltungen abgelehnt, Punkt zwei wurde mit 26 Ja und sieben Enthaltungen angenommen, Punkt drei wurde mit vier Ja, 24 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt, Punkt vier wurde mit 31 Ja, einem Nein und einer Enthaltung angenommen.

 

Beschlussantrag Nr. 175/19: Qualitätstourismus: Mobilitätsangebot und Sehenswürdigkeiten haben ihren Preis (eingebracht von den Abg. Köllensperger, Faistnauer, Ploner A., Ploner F., Rieder und Unterholzner am 23.09.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Dafür Sorge zu tragen und die entsprechenden Bestimmungen zu erlassen, damit ein angemessener Preis pro Fahrt im öffentlichen Mobilitätsangebot für Touristen, in Abstimmung mit dem betroffenen Verkehrsmittel, eingeführt wird. 2. Innerhalb von zwölf Monaten ein Konzept auszuarbeiten mit der Erfassung jener touristischen Attraktionspunkte, für die die Einführung von Eintrittstickets besonders in der sommerlichen und winterlichen Hochsaison im Sinne der Hebung des Qualitätstourismus zielführend erscheint.

Man spreche derzeit von Overtourism, der Einheimische wie auch Touristen immer mehr belaste, erklärte Paul Köllensperger (Team Köllensperger). Seine Vorschläge löse nicht das ganze Problem, aber man könne damit zwei Schwachpunkte angehen, nämlich die Mobilität und die touristischen Hotspots entflechten.
Helmut Tauber (SVP) wies darauf hin, dass die Gästekarte nicht kostenlos sei, da jeder Betrieb seinen Beitrag leiste. An manchen Tagen gebe es Probleme mit dem Aufkommen, aber nicht das ganze Jahr.

Brigitte Foppa (Grüne) berichtete von Touristengruppen, die nur kurz für ein Foto nach Villnöss fahren und dann wieder weg sind. Gegen solche Entwicklung sollte man schnell eine Lösung finden. Für Hotspots einen Eintritt zu verlangen, sei aber nicht der richtige Ansatz.
Sandro Repetto (Demokratische Partei) sah den Tourismus als wesentlich für Südtirols Wirtschaft, bezeichnete aber eine Orientierung in Richtung Qualität als notwendig. Mit dem Brennertunnel könne man Südtirol in kürzester Zeit erreichen, diese neue Verbindung brauche aber auch Anschluss in die Seitentäler. Hier müsse man rechtzeitig planen.
Der Tourismus habe in Südtirol ein problematisches Level erreicht, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Mit dem ersten Punkt des Antrags sei er nicht einverstanden. Wenn man die Gäste von der Straße bringen wolle, dürfe man nicht die öffentlichen Verkehrsmittel verteuern. Ein Eintritt für Sehenswürdigkeiten klinge zunächst gut, um die Touristenströme zu reduzieren, er würde sich aber in einem Land, der seine Sehenswürdigkeiten nur gegen Geld herzeigt, nicht wohl fühlen. Was würde dann das Zuschauen bei einer Prozession kosten?

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sah ebenfalls den Tourismus am Limit angekommen, man müsse sich überlegen, ob man Quantität oder Qualität wolle. Gegen Exzesse wie am Pragser Wildsee müsse man etwas unternehmen. Der Antrag enthalte positive Ansätze, die vorgeschlagenen Maßnahmen seien aber nicht sinnvoll. Gegebenenfalls bräuchte es ein Ticket für die Euregio.

Peter Faistnauer (Team Köllensperger) verwies auf die Gästetickets in Wien, bei denen für ein paar Tage alle Verbindungen abgedeckt seien, verbunden mit Eintritt zu Sehenswürdigkeiten. Das wäre transparenter als das Hineinmogeln der Kosten in den Zimmerpreis.

Die Tourismusvereine überlegten sehr wohl, wie sie ihre Angebote gut verkaufen könnten, meinte Gerhard Lanz (SVP). Die Entwicklung des Tourismus müsse differenziert betrachtet werden. Was im Antrag gefordert werde, gebe es in Südtirol bereits, etwa den Eintritt bei den Drei Zinnen oder die Beschränkung beim Pragser Wildsee. Jegliche Maßnahmen seien jedenfalls mit den Betrieben abzusprechen. Das IDM wie auch andere Organisationen befassten sich eingehend mit dem Thema.
Hanspeter Staffler (Grüne) berichtete von einer Berlinreise, wo Südtirol die Region sei, die am meisten und größten auf Plakaten beworben werde. Angesichts des heutigen Tourismus sollte man solche Aktionen überdenken. Man sollte sich nicht bei den Symptomen aufhalten, sondern an die Ursachen denken. Wenn es keine Strategie dazu gebe, sei auch der Landtag berufen, eine zu erarbeiten.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) sah hier zwei Weltbilder aufeinandertreffen: jene, die Herausforderungen entgegentreten, und jene die Angst vor der Zukunft haben. Zum Eintritt zu den Sehenswürdigkeiten gingen die Meinungen auseinander, aber damit reagiere man wenigstens auf die Situation. Er werde dem Antrag zustimmen.

Der Tourismus sei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und habe zur wirtschaftlichen Entwicklung Südtirols wesentlich beigetragen, erklärte LR Arnold Schuler. Er biete 38.000 Vollzeitarbeitsplätze und bringe Geld ins Land. Natürlich gebe es auch Schattenseiten, die man angehen müsse, aber mit einem Gesamtkonzept. Die Politik habe in den letzten Jahrzehnten deutlich eingegriffen, z.B. 1997 mit einem Bettenstopp. Man müsse auch sehen, wie man die Akzeptanz der Bevölkerung erhalten könne. Die Mobilität sei sicher ein wichtiger Aspekt, und da habe es Entwicklungen auch zum Vorteil der Einheimischen gegeben. Schuler bezeichnete die Preise für die Gästekarten bereits als angemessen, und es gebe auch Verbindungen mit Eintritten. Punkt 2 des Antrags gehe ihm zu wenig weit, man arbeite derzeit an einer umfassenderen Lösung, an einem Touristenflussmanagement. Gesondert sehen müsse man den Tagestourismus. Das Verkehrsaufkommen habe zugenommen, aber nicht nur durch die Touristen, das sehe er täglich auf seinem Weg zur Arbeit.

Paul Köllensperger sah die heutigen Mobilitätspreise für Touristen, mit all den Nebenangeboten, als weit untertrieben. Tourismus sei keine soziale Dienstleistung, und man wolle den wohlhabenderen Tourismus anziehen, nicht den Massentourismus. 24 Stunden Salzburg koste 26 Euro, die Brixen Card gebe es um zwei Euro. Bei den Drei Zinnen habe man vorgemacht, was möglich sei. Es brauche ein Gesamtkonzept, aber das sei kein Argument gegen seinen Antrag.
Der erste Punkt wurde mit zwölf Ja, 15 Nein und vier Enthaltungen, der zweite Punkt mit sieben Ja, 17 Nein und sieben Enthaltungen abgelehnt.

Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.

Von: luk

Bezirk: Bozen