Von: Ivd
Kursk – Seit Dienstag stoßen ukrainische Truppen in das Gebiet um die russische Stadt Kursk vor und setzen damit ein klares Zeichen: Der Krieg hat auch russisches Territorium erreicht. Während Präsident Wolodymyr Selenskyj mit gewählten Worten seine erste Reaktion abgab, scheint der Kreml regelrecht zu kochen. Eine effektive Gegenoffensive bleibt vorerst unwahrscheinlich.
Russland soll den Krieg spüren
„Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und soll spüren, was es angerichtet hat“, sagte Präsident Selenskyj in einer Videobotschaft, ohne direkt auf die Operationen bei Kursk einzugehen. Sein enger Berater Mychajlo Podoljak sprach davon, dass die internationale Reaktion auf den Vorstoß der Ukraine „ruhig, ausgewogen und objektiv“ ausfalle – ganz im Einklang mit den Prinzipien eines Verteidigungskrieges.
Währenddessen brodelt es nicht nur in der Region Kursk. Mehrere russische Gebiete, darunter Belgorod, Brjansk und Lipezk, wurden in der Nacht zum Freitag von Drohnenangriffen erschüttert. Die ukrainische Seite scheint die Verwundbarkeit Russlands demonstrieren zu wollen – ein beispielloser Schritt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
In der russischen Region Lipezk, rund 280 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, führte der Absturz einer Drohne zu Stromausfällen und Notstandsmaßnahmen. Vier Dörfer in der Nähe eines Militärflughafens wurden evakuiert, während der öffentliche Nahverkehr in Lipezk komplett eingestellt wurde. Gouverneur Igor Artamonow sprach von einer „massiven Drohnenattacke“, die die Luftabwehr in Atem hielt.
Wo bleibt die Gegenoffensive?
Die russische Armee hatte in der Region Kursk offenbar nicht mit einem Angriff gerechnet und wurde daher kalt erwischt. Nach drei Tagen fällt es Russland nach wie vor schwer, einen effektiven Gegenschlag zu führen, da die Präsenz der eigenen Truppen in der Region schwach war und viele Soldaten gefangen genommen wurden. Russische Militärblogger berichten zudem, dass es schwierig sei, neue Soldaten heranzubringen. Sie vermuten, dass die Ukraine auch weiterhin erfolgreich sein wird und die Lage sich für Russland weiter zuspitzt.
Die Ukraine setzt ihre Offensive an verschiedenen Stellen fort und greift dabei russische Stellungen teilweise gar nicht an, sondern umgeht sie einfach und bringt kontinuierlich Nachschub an die Front. Bisher beschränkt sich der russische Gegenangriff hauptsächlich auf Luftangriffe. Das könnte jedoch zukünftig für Probleme sorgen, da ukrainische Truppen bereits in russische Dörfer und Städte vorgedrungen sind. Die Russen müssten also Angriffe auf die eigene Zivilbevölkerung fliegen.
Deutsche Panzer in Russland?
Für zusätzlichen Zündstoff sorgt die Beteiligung deutscher „Marder“-Schützenpanzer an der Offensive. Diese Tatsache nutzte Russland prompt, um den Westen als Strippenzieher des Krieges darzustellen. Die deutsche Politikerin Sahra Wagenknecht (BSW) spricht von einer „roten Linie“, die überschritten wurde.
Doch die Bundesregierung bleibt gelassen. Verteidigungsminister Boris Pistorius hält sich bedeckt, während Militärexperte Carlo Masala davon ausgeht, dass die Ukraine die Panzer ohne Rücksprache mit Deutschland eingesetzt hat. „Putin schäumt“, so Masala, doch eine Eskalation aufgrund deutscher Waffen auf russischem Boden erwartet er nicht.
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