Von: mk
Bozen – Russland liefert Gas nach Europa und finanziert damit unter anderem den Angriffskrieg auf die Ukraine. Die EU-Staaten wollen das so nicht hinnehmen. In Südtirol hat die Freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair eine Landtagsanfrage eingereicht, um zu klären, inwiefern die Energieversorgung in unserem Land von russischem Gas abhängt.
Wie der zuständige Landesrat Giulio Vettorato in seiner Antwort erklärt, wird der jährliche Verbrauch von Erdgas in Südtirol wird auf rund 360 Millionen Kubikmeter geschätzt.
Das Erdgas erreicht Südtirol über das nationale Hochdrucktransportnetz der SNAM. Das SNAM-Netz hat mehrere Einspeisepunkte, sogenannte Entry Points, über die Gasströme unterschiedlicher Herkunft nach Italien gelangen. Darüber hinaus ist das SNAM-Netz an das nationale System der Untergrundspeicher angeschlossen, wo im Sommer der Überschuss des über die verschiedenen Einspeisepunkte importierten Erdgases für den Winterbedarf gespeichert wird.
Der prozentuale Anteil des in Südtirol ankommenden Gases aus Russland ist gleich hoch wie jener an der Gesamteinfuhr nach Italien. Von 2018 bis 2021 wurden aus Russland zwischen 39 und 43 Prozent des benötigten Erdgases importiert.
Laut Vettorato gebe es zahlreiche Alternativen, um eine mögliche Unterbrechung der Erdgaseinfuhr aus Russland auszugleichen. Diese hängen von den politischen und strategischen Entscheidungen auf internationaler, nationaler und schließlich lokaler Ebene ab. Hinsichtlich des Erdgases sei die italienische Regierung bestrebt, kurz- und mittelfristig die Importquellen zu diversifizieren (umzuverteilen), wie dies auch von nationalen Zeitungen zu entnehmen sei. Folgende Maßnahmen werden zurzeit umgesetzt: Die Einfuhr aus Algerien wird erhöht; der Durchfluss der neuen TAP-Pipeline wird durch die Einfuhr aus Aserbaidschan um zusätzliche zehn Milliarden Kubikmeter pro Jahr gesteigert, wobei dieses Ziel in drei bis vier Jahren erreicht wird; außerdem soll die inländische Produktion gesteigert wurden; Zusätzlich soll die Einfuhr von verflüssigtem Erdgas (LNG) auf dem Seeweg gesteigert werden, auch mit Unterstützung der Vereinigten Staaten.
Aus einer allgemeineren Sicht der Energiepolitik hat die Internationale Energieagentur (IEA) am 3. März 2022 einen Maßnahmenkatalog veröffentlicht. Die Maßnahmen sind unterschiedlicher Art und haben unterschiedliche Zeithorizonte. Sie reichen von der Suche nach anderen Erdgaslieferanten als Alternative zu Russland über die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, den Ausbau erneuerbarer Energien, die Maximierung der Energieerzeugung aus bestehenden Kernkraftwerken bis hin zur Förderung der Nutzung von Bioenergie. „Auf lokaler Ebene verfolgt das Land Südtirol seit langem einen positiven Weg zur Förderung der Energieeffizienz von Gebäuden und der Nutzung erneuerbarer Energien“, erklärt Vettorato.
Ein weiterer entscheidender Beitrag für Südtirol zur Verringerung des Einsatzes fossiler Brennstoffe und der Abhängigkeit von russischem Gas könne durch Biomethan geleistet werden. Das in Kläranlagen, Vergärungsanlagen und in der Landwirtschaft erzeugte Biogas (das etwa zu 60 Prozent Methan enthält) kann gefiltert und als Biomethan ins Erdgasverteilungsnetz eingespeist werden. Das Produktionspotenzial von Südtiroler Biomethan kann auf ca. 32,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr (63.750 Tonnen vermiedene CO2-Emissionen) geschätzt werden.
„Zudem ist die Umsetzungszeit für Biomethan sehr kurz: Die Biogasanlagen und Erdgasverteilungsnetze sind bereits vorhanden und die Anlagen zur Aufbereitung von Biogas zu Biomethan können innerhalb von zwei Jahren errichtet werden“, betont Vettorato.