Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge vom PD, L’Alto Adige nel cuore-Fratelli d’Italia und den Grünen behandelt.
Beschlussantrag Nr. 123/19: Landesbeobachtungsstelle für Kultur (eingebracht vom Abg. Repetto am 19.06.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, in Südtirol eine Landesbeobachtungsstelle für Kultur einzurichten und tätig werden zu lassen. Der Antrag war bereits am Vortag andiskutiert worden.
LR Giuliano Vettorato wies auf die Daten des Astat und die verschiedenen Gremien und Beiräte im Bereich der Kultur hin, die bereits das leisteten, was im Antrag gefordert werde.
Er fordere nicht sporadische Untersuchungen, sondern eine konstante Beobachtung, replizierte Sandro Repetto (Demokratische Partei). Die bisher gelieferten Daten seien eher eine Selbstbeweihräucherung.
Der Antrag wurde mit zehn Ja und 20 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 70/19: Abschaffung des Tickets für vorgemerkte Visiten mit mehr als 45 Tagen Wartezeit (eingereicht vom Abg. Urzì am 19.03.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, für alle, wenn auch nicht dringenden, Gesundheitsleistungen, für die bei der Vormerkung eine Wartezeit von mehr als 45 Tagen angekündigt wird, die automatische Abschaffung der Selbstbeteiligungskosten (das sog. Ticket), sofern geschuldet, zu gewährleisten.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) zeigte Verständnis für das Ticket, aber nur, wenn es gleichzeitig ein akzeptables Angebot an Leistungen mit vertretbaren Wartezeiten gebe. “Laut den vom Sanitätsbetrieb veröffentlichten Daten sind im Moment die Wartezeiten für einige Leistungen, die als „nicht dringend“ eingestuft werden, in Südtirol viel zu lang: 187 Tage für einen Augenarzttermin am Krankenhaus Bruneck, 217 Tage für eine neurologische Untersuchung und 128 Tage für eine Visite in der Dermatologie am Krankenhaus Bozen. In anderen italienischen Regionen wurde mit der Einführung von Verwaltungsstrafen bei Nichtwahrnehmung eines Arzttermins ohne vorherige Absage gleichzeitig auch ein Bonus für die Fälle eingeführt, in denen die Wartezeit einen bestimmten Zeitraum überschreitet. In der Toskana gewährt zum Beispiel die Regionalregierung den Bürgerinnen und Bürgern, die mehr als 15 Tage für fachärztliche Untersuchungen und 30 Tage für einige diagnostische Dienstleistungen warten müssen, eine Entschädigung von 25 Euro.”
Mit diesem Antrag könne das Problem der Wartezeiten nicht gelöst werden, meinte Maria Elisabeth Rieder (Team Köllensperger), die die Maßnahme auch als ungerecht sah, wie jedes System mit Bonus, Ausnahmen usw. Wer krank sei, brauche möglichst bald einen Termin. LR Widmann habe die Vorschläge des Teams Köllensperger teilweise aufgenommen und kaufe z.B. Leistungen bei Privaten ein. Leider beschränke sich dieses Angebot auf die einfacheren Leistungen und vor allem auf den Raum Bozen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) sah ein öffentliches Gesundheitssystem für alle als Priorität. Heute werde aber den Privaten immer mehr Platz eingeräumt, von denen das Land dann Dienste einkaufe. Die langen Wartezeiten hätten zu dieser Entwicklung beigetragen. Urzìs Vorschlag löse das Problem nicht, aber er sei eine sinnvolle Provokation, die den Finger in die Wunde lege.
Franz Ploner (Team Köllensperger) bezeichnete die Wartezeiten als Symptom für das kranke Südtiroler Gesundheitssystem. Die Ursachen dafür seien vielfältig. Der Patient, der für den Dienst Steuern zahle, erwarte sich eine zeitgerechte Versorgung. Viele Verbesserungen seien angekündigt worden, die Ergebnisse seien aber ernüchternd. Urzìs Vorschlag löse das Problem nicht, der Anteil der Betroffenen sei relativ klein.
Gerhard Lanz (SVP) stimmte mit Ploner überein, dass eine Steigerung des Angebots ein wichtiger Beitrag sei. Ebenso könne man die Effizienz des Angebots steigern. Abgesehen davon habe man doch ein Gesundheitssystem, das gut funktioniere. Der Antrag gehe am Ziel vorbei, die Lösungen seien anderswo zu suchen.
LR Thomas Widmann sah die Forderung als mittlerweile überflüssig. Bereits jetzt sei eine Rückerstattung vorgesehen, wenn die Wartezeit länger als 60 Tage dauere. Und zwei Drittel der Bürger seien bereits ticketbefreit. Südtirol habe mit 90 Prozent das öffentlichste Gesundheitssystem Italiens, in der Lombardei liege man bei rund 50 Prozent. Widmann bat darum, nicht von einem “kranken Gesundheitssystem” zu sprechen, die vielen Mitarbeiter würden sich täglich bemühen, einen guten Dienst zu leisten. Natürlich gebe es auch Verbesserungsbedarf. Dafür kaufe man Dienste ein, um bis Ende 2020 in vier Bereichen (Magnetresonanz, Augenheilkunde u.a.) die angepeilten Wartezeiten zu erreichen. Für dieses Ziel plane man noch weitere Maßnahmen.
Alessandro Urzì räumte ein, dass sein Vorschlag das Problem der Wartezeiten nicht löse, er gehe ein moralisches Problem an: Wer nicht rechtzeitig behandelt wird, soll nicht zahlen müssen.
Der Antrag wurde mit vier Ja, 17 Nein und zehn Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 109/19: Gesundheit, wo Kinder spielen (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 31.05.2019). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, periodische Monitorings der Pestizidbelastung in den Südtiroler Schulhöfen und Kinderspielplätzen durchzuführen. Die Monitorings sind verpflichtend für alle jene Schulhöfe und Kinderspielplätze, die an Gebiete mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung angrenzen, bzw. wo der in der Studie empfohlene Mindestabstand von 100 Metern unterschritten wird.
Hanspeter Staffler (Grüne) verwies auf eine Studie vom Mai 2019, die 71 Kinderspielplätze in Südtirol untersucht habe. “Wichtigstes Ergebnis: Die Spielplätze im Vinschgau waren am häufigsten mit Pestiziden belastet, während jene im Unterland die höchsten Pestizidkonzentrationen aufwiesen. Aus den Auswertungen ging auch hervor, dass die nachgewiesenen Pestizidkonzentrationen höher waren, je näher die Obstanbauflächen an die Spielplätze heranreichten. Weiters waren niederschlagsreiches Wetter sowie mittlere Windgeschwindigkeiten mit erhöhten Pestizidkonzentrationen verbunden. Laut Autorin Linhart zeigen die Ergebnisse, dass die untersuchten Kinderspielplätze einen Mindestabstand von 100 Meter zu den Agrarflächen haben sollten, um eine Pestizidkontamination möglichst zu vermeiden. Die Pestizide können bei mittleren bis höheren Windgeschwindigkeiten mehr als 300 Meter vertragen werden, wobei je nach Strahlungsbedingungen auch höhere Konzentrationen wahrscheinlich sind.”
Der Antrag verlange das absolute Minimum, meinte Brigitte Foppa (Grüne), und zwar die periodische Überwachung. Die Landesregierung habe jahrelang auf eine Studie vertröstet. Diese sei 2017 gekommen, und laut dieser gebe es fast mehr Probleme dort, wo keine Pestizide verwendet würden.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kündigte seine Zustimmung an. Die Forderung müsste eigentlich ausgeweitet werden auf die Wohngebiete, die an Landwirtschaftszonen mit Pestizideinsatz angrenzten.
Franz Ploner (Team Köllensperger) begrüßte den Antrag. Bei großen landwirtschaftlichen Gebieten ergebe sich unweigerlich die Frage nach der Gefährdung durch Abdrift. Um dem Thema emotionslos zu begegnen, sei eine wissenschaftliche Herangehensweise notwendig. Laut einer anderen wissenschaftlichen Studie seien 75 Prozent der Spielplätze belastet. Man müsse erheben, ob diese Ergebnisse langfristig reproduzierbar seien.
Paul Köllensperger (Team Köllensperger), der die von den Grünen zitierte Studie teilweise mitfinanziert hat, verwies auf eine weitere Studie der Sanitätseinheit, deren Ergebnisse aber nicht bekannt seien. Das Monitoring sei wirklich das Mindeste, was man hier tun könne. Aber diese Landesregierung habe für sachliche Argumente kein Ohr.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) wandte ein, dass die Studie keinen Zusammenhang zwischen den geringen Rückständen und der Auswirkung auf die Gesundheit herstelle. Auch auf der Mutspitze habe man Rückstände gefunden, es seien also auch ganz geringe Mengen messbar. Der Rat der EU sehe den integrierten Pflanzenschutz als effektive Maßnahme zum Schutz der Pflanzen und auch zur Erhaltung der Biodiversität. Der Antrag der Grünen würde auch die Milchwirtschaft betreffen, die auch intensive Landwirtschaft sei.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte Zustimmung zum ersten Punkt und Enthaltung zum zweiten an. Sie wies darauf hin, dass anders als bei der Landwirtschaft beim privaten Einsatz von Pestiziden nicht auf Beschränkungen geachtet werde. Man sollte nicht mit dem Finger auf die Bauern zeigen, sondern das Problem lösen.
Gerhard Lanz (SVP) betonte, dass man sich die Anträge der Opposition genau anschaue und nicht nach dem Würfelprinzip abstimme. Natürlich sollten Kinderspielplätze unbedenklich sein, der Antrag verschweige aber, dass es bereits Kontrollen gebe.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) sah das Monitoring als Minimum in einem Land mit Pestizideinsatz. Bisherige Studien seien von der Landesregierung immer angezweifelt worden, daher sei eine regelmäßige Überwachung notwendig. Man bedenke, wie Südtirol von außen gesehen werde, wenn es sich gegen simple Untersuchungen wehre.
LR Arnold Schuler verwies auf die Vorschriften zur Vermeidung von Abdrift, welche eine Begrenzung auf 3 m erlaubten. Bei den Untersuchungen schaue man nicht nur auf Gesundheit und Umwelt, sondern auch auf Risikogruppen. Die von den Grünen genannte Studie werde auch von Wissenschaftlern angezweifelt, da sie den Unsicherheitsfaktor nicht berücksichtige – ansonsten hätte man nicht so viele Rückstände festgestellt. Es werde bewusst mit Ängsten gespielt. Man vermische landwirtschaftliche und andere Pestizide, so würden z.B. Rückstände aus der Bekämpfung der Tigermücke der Landwirtschaft angerechnet. Man finde viele Rückstände, die gefährlicher als Pflanzenschutzmittel seien, die aber vom Verkehr, von privaten Grillfesten oder anderen Ursachen stammten. Schuler bemerkte auch, dass der Antrag keine Untersuchung der biologischen Mittel fordere, die ebenfalls bedenklich sein können. Auch als Bauer fühle er sich durch solche unqualifizierten Äußerungen angegriffen. Ein repräsentatives Monitoring der Spielplätze finde bereits statt und habe ergeben, dass man weit von einem Risiko für die Kinder entfernt sei.
Riccardo Dello Sbarba betonte, dass es um eine Umweltmaßnahme gehe. Daher sollte nicht der Landwirtschaftslandesrat im Auftrag der Landesregierung antworten, sondern der Umweltlandesrat oder der Gesundheitslandesrat.
Präsident Josef Noggler, dass Arnold Schuler als Landeshauptmannstellvertreter im Namen der Landesregierung geantwortet habe. Er erteile das Wort immer der Landesregierung, und diese entscheide, wer für sie spreche.
Brigitte Foppa legte einen Änderungsantrag vor, der die Forderung auf die Obst- und Weinwirtschaft beschränke. Sie bot dem Landesrat auch an, alle Schadstoffe zu ermitteln, nicht nur die Pestizide.
Hanspeter Staffler betonte, dass es nicht um einen Angriff auf Schuler gehe. Er warnte davor, dass Politiker wissenschaftliche Studien bewerteten. Wenn, dann müsse man eine andere Studie vorlegen. Die Studie der Sanität sei immer noch nicht publiziert, man wisse nur, dass eine Reihe von Spielplätzen Rückstände aufwies. Nirgends sei Landwirtschaft und Wohngebiet so verzahnt wie in Südtirol, daher seien Vergleiche mit anderen Regionen schwierig. Die EU sage, dass man notfalls Verbote erlassen müsse, der Antrag fordere nur ein Monitoring. Er erkenne an, dass das Land Vorsichtsmaßnahmen ergriffen habe, aber man sei noch weit voneinander entfernt.
Der Antrag wurde mit elf Ja, 17 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.