Von: mho
Bozen – Tomaso Binga – eine der wichtigsten Vertreterinnen der italienischen visuellen Poesie und der Performance der 1970er Jahre – ist der prominente Gast der zweiten Veranstaltung der Vortragsreihe artiparlando (Donnerstag, 30/05). Auf dem Programm stehen an diesem Abend ein Gespräch mit dem artiparlando-Kurator Andreas Hapkemeyer und eine Performance. Die Veranstaltung folgt dem „roten Faden“ der artiparlando-Reihe 2019, die den Titel „nuove scritture“ trägt. Bei den artiparlando-Treffen halten Protagonistinnen und Protagonisten der 1950er, 1960er und 1970er Jahre Vorträge, führen Gespräche oder greifen auf das Instrument der Performance zurück. Dabei geht es immer um die visuelle Poesie – ein Leitthema, das sich 2019 auch durch verschiedene Ausstellungen und Projekte des Museion zieht.
Die Arbeiten von Tomaso Binga werden derzeit in der Ausstellung Doing Deculturalization der Gastkuratorin Ilse Lafer gezeigt. Tomaso Binga ist der Künstlername von Bianca Pucciarelli Menna (Salerno, 1931, lebt und arbeitet in Rom). Die Wahl eines männlichen Namens, mit der die Künstlerin die Privilegien der Männerwelt ironisch in Frage stellt, zeigt ihr Interesse für Geschlechterrollen, die auch im Kunstbetrieb eine Rolle spielen. Die Verweigerung von Normen, die als Bruch mit einer einer männlich dominierten Kultur zu verstehen ist und in der Ausstellung Doing Deculturalization thematisiert wird, drückt sich in Bingas Arbeiten durch eine Dekonstruktion des Gesprochenen zugunsten neuer Ausdrucksformen aus. In erster Linie untersuchte die Künstlerin die Beziehung zwischen Körper und Sprache und machte mit poetischen Performances vor einem feministischen Hintergrund auf sich aufmerksam, die sich dem Klang der Stimme anvertrauen. Der Abend mit Tomaso Binga findet im Museion in italienischer Sprache statt, der Eintritt ist frei. Wie an jedem Donnerstag bleibt das Museion – bei freiem Eintritt ab 18 Uhr und einer kostenfreien Führung durch die Ausstellungen um 19 Uhr – bis 22 Uhr geöffnet.
Tomaso Binga (Salerno, 1931, lebt und arbeitet in Rom) war Dozentin für Theorie und Methode von Massenmedien an der Akademie der Bildenden Künste in Frosinone. Sie nahm einen männlichen Namen an, um ironisch gegen die Privilegien der Männerwelt zu protestieren. Sie befasst sich mit dem wörtlich-visuellen Schreiben und ist eine der wichtigsten Vertreterinnen der phonetisch-klanglich-performativen Poesie. Die Künstlerin kann auf zahlreiche Publikationen, die Präsenz bei zahlreichen Veranstaltungsreihen und Kultur-Events sowie auf ungewöhnliche Kooperationen verweisen, wie die jüngste Liaison mit der Kreativdirektorin der Maison Dior Maria Grazia Chiuri. Diese Zusammenarbeit erreichte ihren Höhepunkt mit der Präsentation der Prêt-à-porter-Kollektion für den Herbst und Winter 2019 in Paris, die das 1976 entstandene Werk Scrittura Vivente von Tomaso Binga neu interpretierte, sowie mit deren Performance des Akrostichons Femminismo.