Von: luk
Bozen – Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit und damit die 40-tägige Vorbereitung auf das Osterfest. „Der heutige Aschermittwoch steht auch ganz im Zeichen des Coronavirus, von dem wir alle irgendwie betroffen sind. Auf einmal ist vieles nicht mehr selbstverständlich und es wird uns bewusst, dass wir das Leben nicht einfach in der Hand haben. Ein oberflächlicher oder gar arroganter Zugang zum Leben ist wirklich nicht angebracht“, sagte Bischof Ivo Muser heute (26. Februar) in seiner Predigt zum Aschermittwoch im Bozner Dom.
Der Aschermittwoch ist der Auftakt der Fastenzeit, die auch österliche Bußzeit genannt wird. 40 Tage lang bereiten sich die Gläubigen auf das kommende Osterfest vor, indem sie Buße und Verzicht üben. Das biblische Vorbild für die 40-tägige Fastenzeit ist die Erzählung von der Versuchung Jesu: Dieser hatte 40 Tage und Nächte in der Wüste gefastet, wo er den Versuchungen des Teufels widerstehen musste. Erst danach hat er sein öffentliches Wirken begonnen. Die Gläubigen fasten also nach dem Vorbild von Jesus in Vorbereitung auf etwas Größeres.
Die Kirche kennt die Aschebestreuung der ganzen Gemeinde seit dem 11. Jahrhundert. Im Gottesdienst am Aschermittwoch besprengt der Priester die Asche mit Weihwasser und segnet sie. Dann zeichnet er den Gläubigen das Aschenkreuz auf die Stirn.
In seiner Predigt vor der Aschebestreuung griff Bischof Muser heute das tagesaktuelle Thema schlechthin auf: „Der heutige Aschermittwoch steht auch ganz im Zeichen des Coronavirus. Irgendwie sind alle betroffen: die Medien sind voll davon. Die Nachrichten beginnen mit den Meldungen über die Ausbreitung des Virus, über Zahlen von infizierten Menschen, von Maßnahmen und Verordnungen, die gesetzt werden, von Todesfällen. Die Verantwortlichen in Politik und Sanität müssen Entscheidungen treffen. Urlauber sagen ihre Ferien ab. Menschen werden unter Quarantäne gestellt. Schulen, Kinderhorte, Universitäten werden geschlossen. In mehreren italienischen Diözesen finden in dieser Woche keine Gottesdienste statt. Ich sollte jetzt auch nicht hier in Bozen sein, sondern bei der Papstaudienz in Rom und am heutigen Nachmittag sollte ich im Petersdom zusammen mit 1300 Südtiroler Ministranten und Ministrantinnen den Aschermittwochsgottesdienst feiern. Innerhalb kürzester Zeit verändert sich der Rhythmus und die Planung des Lebens. Auf einmal ist vieles nicht mehr selbstverständlich oder möglich. Und Menschen sind in Sorge, sind verunsichert und haben Angst.“
Der Bischof unterstrich, dass in der aktuellen Situation jedoch Panikmache, Alarmstimmung und das Schüren von Ängsten sicher nicht angebracht seien: „Das hilft nicht weiter und ist auch nicht christlich. Aber nachdenklich werden sollten wir schon: Es wird uns bewusst, dass wir das Leben nicht einfach in der Hand haben! Wir stehen nicht einfach über den Dingen. Ein oberflächlicher oder gar arroganter Zugang zum Leben ist wirklich nicht angebracht.“
Der Bischof führte dann eine grundsätzliche Überlegung aus: „Ich denke oft an den provozierenden Satz, den ich vor mehreren Jahren auf dem Universitätsgebäude in Zürich gelesen habe, wohl von einem Studenten oder einer Studentin an die Wand gesprüht: ‚Ich habe es satt, nur satt zu sein!‘ Lassen sich nicht zu viele Menschen leiten vom Grundsatz: immer mehr, immer höher, immer reicher, immer schneller, immer weiter? Es gibt in vielen Bereichen eine Übersättigung, eine Sattheit, an der man auch verhungern kann. Der Aschermittwoch und die Fastenzeit, die heute beginnt, wollen uns gewinnen für eine Entschleunigung, für eine Bekehrung, die uns helfen soll, unsere Lebenseinstellung und unsere Lebensplanung zu überdenken: Weniger kann mehr sein! Ich empfehle die Einübung in zwei Haltungen: in das Maßhalten und in die Dankbarkeit.“
Abschließend hat der Bischof alle eingeladen, „in diesen Tagen, die für viele Menschen geprägt sind von der Sorge um die weitere Ausbreitung des Coronavirus, alle Kranken sowie deren Angehörigen in das Gebet einzuschließen, aber auch für jene zu beten, die in der Krankenbetreuung und Krankenpflege tätig sind und schließlich auch jene nicht zu vergessen, die jetzt die Verantwortung tragen, jene Maßnahmen zu erlassen, die zum Wohle der Menschen getroffen werden müssen“.