Autor Moser-Sollmann mit seinem Buch bei einer Lesung in Wien-Meidling

Autor Christian Moser-Sollmann tischt “Noble Lügen” auf

Mittwoch, 20. März 2024 | 18:53 Uhr

Unter dem Titel “Noble Lügen” ist vor kurzem der vierte Roman des in Wien lebenden Autors Christian Moser-Sollmann erschienen. Auf den rund 220 vom Milena-Verlag veröffentlichten Seiten geht es um Politik und perfekte Konzepte für Wahlsiege, jedoch bei weitem nicht nur darum. Zwischenmenschliches und zuweilen Philosophisches finden in der Erzählung ebenso Platz wie wissenschaftliche Überlegungen und Eitelkeiten. Somit zieht sich ein interdisziplinärer Faden durch das Buch.

Wer sich schon beim Buchtitel an die österreichische Innenpolitik der letzten Jahre erinnert fühlt, liegt wohl nicht ganz falsch. Gewisse Konzepte, die von der Hauptfigur des Romans, dem Kanzlerberater und Wahlwerber Frank Fischbach, erdacht werden, ein von diesem geförderter und von diesem angeleiteter Emporkömmling als beim Wahlvolk sehr populärer Bundeskanzler – und nicht zuletzt das Verschleiern der wahren politischen Inhalte und das Vermeiden negativ besetzter Themen im öffentlichen Auftritt der Erfolgspartei sind nur einige Punkte, die hier skizziert werden. Doch auch die Austauschbarkeit politischer Akteure und Inhalte prägt die beschriebene Politlandschaft – und das eine oder andere Mal werden auch Excel-Tabellen erwähnt.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Fischbach, ein Erfolgsmensch durch und durch. 16 erfolgreiche Wahlen auf Bundes- und Landesebene hat er zum Zeitpunkt der Erzählung hinter sich gebracht – und wird dadurch etwas müde. Denn nichts ist für so einen Menschen “wertloser als ein vergangener Triumph”, heißt es dazu in der Anfangsphase. So ersinnt der Inhaber einer Beraterfirma eine neue Herausforderung für sich: Er will “Young Titans” ausbilden, womit er eine Ausbildung für die besten jungen Erfolgsmenschen meint, die beruflich Ähnliches wie er selbst verwirklichen könnten.

Zeitgleich kommt er privat mit der erfolgreichen Öko-Unternehmerin Sandra Kern zusammen, wodurch er einerseits selbst lernt, auch die Klimaschutz-Perspektive bei seinem beruflichen Handeln mitzubedenken, andererseits lässt er sich von seiner Partnerin als Testimonial für deren zum Teil hochtrabende Ökoprojekte einspannen. Und damit nicht genug, betritt der Workaholic auf der Suche nach einem Fehler im Datensystem seiner Firma auch noch wissenschaftliches Terrain – und lässt sich von einem Professor der Verhaltensökonomie zum Verfassen einer Habilitationsschrift überreden.

Rund um diese Habil gibt es dann nicht nur Probleme, die mit der Eitelkeit und völlig uterschiedlichen Ansichten verschiedener Akteure der Wissenschaft verbunden sind. Auch von Sandra, die Franks wissenschaftlichem Streben – das für sie gleichbedeutend mit dem Aufgeben seines Erfolgslaufs bei Wahlwerbung und Co. ist – nichts abgewinnen kann, entfremdet er sich. Doch Frank ist gewissermaßen “angefixt” und will den theoretischen und philosophischen Grundlagen des Politischen auf die Spur gehen – wobei er den Konflikt mit seinem eigenen Handeln in den so erfolgreichen vergangenen Jahren erkennt. Der Begriff der “noblen Lüge” geht übrigens auf Platon zurück, der damit einen in der politischen Rede notwendigen, aber falschen Mythos, um den sozialen Frieden aufrechtzuerhalten, beschrieb.

Mag der Mittelteil für mit dem akademischen Betrieb nicht vertraute Leserinnen und Leser phasenweise etwas abstrakt erscheinen, so lohnt sich die bisweilen auch satirisch gehaltene Lektüre allemal, allein schon um sich mit dem Ineinandergreifen so vieler Disziplinen auseinanderzusetzen. Der Autor selbst, der auch als Kulturwissenschafter und Researcher tätig ist, meint dazu: “Über das Verdeckte und das zwischen den Zeilen Versteckte schreiben wollte ich schon immer.” Nun hat er es getan, nachdem seine ersten drei Romane “Tito, die Piaffe und das Einhorn”, “Blaue Schatten” und “Ohne Wham! und Abba” im Dachbuch-Verlag erschienen waren. “Das Ganze war eigentlich als Abrechnung mit den Zuständen von heute gedacht”, ließ Moser-Sollmann die APA weiter wissen, “wurde aber doch wieder eine Satire”. Fazit: Beides ist gelungen!

(S E R V I C E – Christian Moser-Sollmann: “Noble Lügen”, Milena-Verlag, 222 Seiten, 25 Euro)

Von: apa

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