Young+Direct zieht Bilanz über die Tätigkeit 2017

Lebenskrisen verdrängen Fragen über Sex

Freitag, 04. Mai 2018 | 18:54 Uhr

Bozen – Das Jugendalter ist mit vielen Veränderungen und Herausforderungen verbunden. Viele Südtiroler Jugendliche holen sich in dieser Phase Hilfe bei Young+Direct, der Jugendberatungsstelle des Südtiroler Jugendrings.

1.727 Mal haben sich Südtirols Jugendliche im Jahr 2017 an Young+Direct gewandt und um Unterstützung gebeten. Dabei wählten sie in acht von zehn Fällen eines der digitalen Beratungsangebote: Im Online-Kummerkasten gingen 861 E-Mails ein, es gab 480 Beratungen auf WhatsApp und 16 Kontakte auf Facebook. Über Skype wurde Young+Direct nur vereinzelt kontaktiert.

144 Mal kamen Jugendliche für ein persönliches Gespräch in die Beratungsstelle nach Bozen. Am Telefon kam es zu 216 Gesprächen.

Es wenden sich vor allem Mädchen an Young+Direct, 2017 war ihr Anteil mit 83 Prozent so hoch wie noch nie.

Die wichtigste Altersgruppe war 2017 erneut jene der 17- bis 18-Jährigen, wobei ihr Anteil mit 37 Prozent diesmal ausgesprochen hoch ausfällt. Der Anteil der 15- bis 16-Jährigen ist mit 23 Prozent fast gleich geblieben. Hingegen hat die Bedeutung der Altersgruppe der 13- bis 14-Jährigen wesentlich abgenommen.

Was die Sprache betrifft, so haben sich auch 2017 am öftesten Jugendliche deutscher Muttersprache bei Young+Direct gemeldet (88 Prozent). Während der Anteil der Beratungen mit italienischsprachigen Jugendlichen mit 9 Prozent gleich geblieben ist, hat sich jener der Beratungen mit ladinischsprachigen Jugendlichen etwas reduziert.

Wie im Vorjahr machten auch 2017 die Langzeitberatungen gut die Hälfte der Beratungen aus. Das lässt sich auch diesmal mit dem inzwischen sehr hohen Anteil der so genannten persönlichen Themen erklären, zu denen die Jugendlichen eine längerfristige Begleitung brauchen.

Die Themen

Zum wiederholten Male lagen diese persönlichen Themen auf Platz eins. Mit einem Anteil von inzwischen 46 Prozent haben sie nochmal an Bedeutung zugenommen. Lebenskrisen, psychische Probleme, Trauer und Suizidgedanken standen bei diesen Beratungen ganz oben, gefolgt von mangelndem Selbstvertrauen, Selbstverletzendem Verhalten, Ängsten, Problemen mit dem eigenen Äußeren, depressiven Verstimmungen, Einsamkeit.

Das Thema Familie ist nochmal wichtiger geworden und lag mit 27 Prozent zum zweiten Mal in der Geschichte von Young+Direct auf Platz zwei. Die Jugendlichen haben vor allem nachgefragt, was sie bei familiären Spannungen tun können, die entstehen, wenn sie sich von den Eltern unverstanden fühlen oder wenn Eltern Verbote aussprechen bzw. Regeln bestimmen. Auch Probleme und Konflikte zwischen anderen Familienmitgliedern, zum Beispiel die Trennung der Eltern, Suchtprobleme oder Krankheiten von Geschwistern oder Eltern, belasteten viele Jugendliche. In vielen Beratungen ging es zudem um Vernachlässigung und Gleichgültigkeit vonseiten der Eltern.

Mit einem deutlichen Abstand lag auf Platz drei mit 17 Prozent das Thema Partnerschaft/Liebe. In diesem Zusammenhang kamen am häufigsten die Verliebtheit, der Wunsch nach einer festen Freundin bzw. einem festen Freund, aber auch Liebeskummer sowie Beziehungskonflikte und Trennung zur Sprache.

Auf Platz vier und fünf lagen mit jeweils 14 Prozent die Themen Freunde sowie Schule/Ausbildung. Während es beim Thema Freunde vorwiegend um Streit, Eifersucht und Konkurrenz zwischen den Jugendlichen ging, waren beim Thema Schule/Arbeit Überforderung und Leistungsdruck am häufigsten Thema, und in diesem Zusammenhang stand oft auch die Frage nach einem Schulwechsel im Raum. Ausgrenzung, Spott und Mobbing bereiteten den Jugendlichen ebenfalls große Probleme.

Weit nach hinten gerückt sind inzwischen die Beratungen zum Thema Sexualität. Mit elf Prozent Anteil lagen sie 2017 auf Platz sechs, gleichauf mit den Beratungen zum Thema Sucht. Nach wie vor ging es beim Thema Sexualität in erster Linie um Fragen und Unsicherheiten rund um die Aufklärung, Schwangerschaft, Verhütung sowie um sexuelle Praktiken und das „erste Mal“. Beim Thema Sucht ging es in erster Linie um ein ungesundes Essverhalten bzw. um Essstörungen.

Immer wieder hervorgehoben werden soll das Thema Gewalt: Über die persönliche Erfahrung von Gewalt zu reden, ist sehr schwierig, egal, ob es um körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt geht. Aber auch 2017 haben es manche Jugendliche geschafft, diese Hürde zu überwinden. Mehr als 100 Mal haben sie das vertrauliche Angebot von Young+Direct genutzt, um sich diesbezüglich Hilfe zu holen.

Young+Direct unterwegs und vernetzt

2017 war das Team 132 Mal im Außendienst unterwegs. In 68 Workshops an Schulen wurden mit den Jugendlichen die Themen Liebe, Freundschaft, Sexualität vertieft sowie der sichere Umgang mit dem Internet bzw. den Social Media besprochen und geübt. Hinzu kamen Präsentationen von Young+Direct in Schulklassen sowie mehrere Infostands, Referate und Diskussionsrunden.

Die Vernetzung und der Austausch mit anderen öffentlichen und privaten Organisationen im Jugend- und Sozialbereich waren auch 2017 ein wichtiger Teil der Arbeit von Young+Direct. Das Team hat unter anderem mit der Kinder- und Jugendneuropsychiatrie, verschiedenen Sozialdiensten, Psychologischen Diensten und Familienberatungsstellen, sowie mit der Familienagentur des Landes, der Sozialgenossenschaft EOS und der Kinder- und Jugendanwaltschaft zusammengearbeitet.

Vertreten war Young+Direct auch in verschiedenen Arbeitsgruppen, beispielsweise im „Netzwerk Gewalt und Gewaltprävention“ des Forum Prävention, in der Arbeitsgruppe „Prävention von sexuellem Missbrauch und Gewalt“ der Diözese Bozen-Brixen, in der Arbeitsgruppe „PIC – PraxisInterCultura“, im Arbeitskreis „Kinderrechte“ der Kinder- und Jugendanwaltschaft, dem Netzwerk Suzidprävention der Caritas, der Arbeitsgruppe „Gesellschaft und ihre Kinder“ in Bruneck und dem Institutionellen Arbeitstisch “Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen des Amtes für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion.

Von: mk

Bezirk: Bozen