ASGB widerspricht Moser

“Abwanderung und Kaufkraftkrise nicht allein der Politik zuschieben”

Mittwoch, 11. September 2024 | 12:50 Uhr

Von: mk

Bozen- Alex Piras, Vizevorsitzender des ASGB, reagiert kritisch auf die jüngsten Aussagen von hds-Präsident Philipp Moser, der die Politik als hauptverantwortlich dafür bezeichnet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Kaufkraft in Südtirol zu sichern und die Abwanderung junger Menschen zu stoppen. Piras stellt klar, dass auch die Wirtschaft Verantwortung übernehmen müsse und nicht nur die Politik gefordert sei.

“Die Abwanderung junger Menschen ist nicht allein der Politik zuzuschreiben”, erklärt Piras im Gegensatz zu Mosers Forderung. “Es stimmt, dass die Wohnungspreise ein großes Problem sind, aber auch die niedrigen Löhne und unsicheren Arbeitsbedingungen in vielen Branchen tragen dazu bei, dass junge Menschen anderswo bessere Perspektiven suchen”, betont er. Moser verweist auf den Fachkräftemangel und darauf, dass Südtirol überproportional viele junge Menschen verliere. Er fordert mehr bezahlbaren Wohnraum, damit das Land auch als Arbeitsort attraktiv bleibt. Piras ergänzt jedoch: “Viele junge Menschen sehen keine Zukunft in Südtirol, weil ihre Löhne kaum ausreichen, um die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten zu decken. Es ist auch die Aufgabe der Wirtschaft, attraktive Arbeitsplätze und angemessene Löhne anzubieten.”

Mosers Argumente zielen stark darauf ab, die Politik in die Pflicht zu nehmen, um die Kaufkraft zu stabilisieren. Doch Piras widerspricht: “Es ist zu einfach, die Verantwortung allein der Politik zuzuschieben. Die Unternehmen müssen ebenfalls Verantwortung übernehmen, indem sie die Kaufkraft ihrer Mitarbeiter sichern.” Er betont, dass kollektive Lohnerhöhungen ein gerechter Anteil am erwirtschafteten Gewinn seien. “Die Arbeitnehmer schaffen den Mehrwert in den Betrieben, daher müssen diese auch mehr vom Gewinn umverteilen auf ihre Beschäftigten.” Dies sei kein Geschenk der Wirtschaft, sondern eine notwendige Maßnahme zur Sicherung der Kaufkraft.

In Bezug auf Preissteigerungen hebt Piras hervor, dass viele Unternehmen die wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre genutzt hätten, um ihre Preise willkürlich in die Höhe zu treiben. “Es ist nicht nur die Aufgabe der Politik, hier einzugreifen – die Unternehmen selbst tragen Verantwortung für die Preisentwicklung”, so Piras. Besonders im Lebensmittelsektor hätten schon 2022 Maßnahmen gegen diese Preissteigerungen ergriffen werden müssen. “Die Unternehmen dürfen sich nicht hinter der Politik verstecken, sondern müssen ebenfalls zur Stabilisierung der Preise beitragen”, fügt er hinzu.

Piras betont, dass das Argument, Lohnerhöhungen würden die Inflation ankurbeln, längst widerlegt sei. In den letzten Jahren habe sich gezeigt, dass es nicht die Lohnerhöhungen waren, die die Preise in die Höhe trieben, sondern Preiserhöhungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren. “In Italien gab es kaum Lohnerhöhungen, und trotzdem sind die Preise massiv gestiegen”, erklärt er. Dies beweise, dass nicht die Arbeitnehmer für die Inflation verantwortlich gemacht werden könnten. Vielmehr müsse die Wirtschaft zur Preisstabilität beitragen und willkürliche Erhöhungen vermeiden. “Es ist doch absurd, dass der Handel darüber klagt, dass weniger konsumiert wird, während er gleichzeitig die Preise erhöht und sich weigert, seine Angestellten kollektiv angemessen zu entlohnen”, fügt Piras hinzu.

Bezüglich des Handelssektors stimmt Piras Moser zunächst zu: “Ja, der Sektor wird sich in Zukunft an neue Technologien und den Onlinehandel anpassen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das ist offensichtlich. ” Doch für Piras trägt das niedrige Mindestlohnniveau im Verhältnis zu den hohen Lebenshaltungskosten auch wesentlich dazu bei, dass die Attraktivität des Handels für junge Menschen abnimmt. Dieses liegt nur knapp über dem staatlichen Durchschnitt und bietet jungen Menschen keinen Anreiz, im Handel zu arbeiten. “Ohne angemessene Löhne wird der Handel keine jungen Arbeitskräfte gewinnen können.” Die Lösung liege laut ihm nicht nur in digitalen Innovationen, sondern vor allem in fairen und attraktiven Gehältern.

Abschließend verweist Piras auf die bereits bestehenden Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Beitragsbegünstigungen, die zur Stärkung der Kaufkraft beitragen. Er warnt, dass ein Rückzug dieser Maßnahmen die Lage der Arbeitnehmer weiter verschärfen würde. “Moser ignoriert dabei völlig, dass bereits politische Maßnahmen zur Unterstützung der Kaufkraft existieren, die dringend fortgeführt werden müssen”, ergänzt Piras.

“Die Wirtschaft darf nicht länger die Verantwortung auf die Politik abschieben”, schließt Piras. “Wenn wir die Abwanderung stoppen und die Kaufkraft sichern wollen, müssen alle Akteure – sowohl Politik als auch Wirtschaft – ihren Beitrag leisten.”

Bezirk: Bozen

Kommentare

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23 Kommentare auf "“Abwanderung und Kaufkraftkrise nicht allein der Politik zuschieben”"


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Wohlzeit
Wohlzeit
Superredner
29 Tage 59 Min

Die hohen Lohnnebenkosten sind der Politik und nicht den Arbeitgebern anzulasten.

Kennschinwehin
Kennschinwehin
Grünschnabel
29 Tage 28 Min

Aha. Donn isch die politik schuld, wenn i “meine” wohnung zu tuier vermiete. Oder wenn die aspiag etc.die preise aui tian?
Hon i net gwisst…

i_bin_a_do
i_bin_a_do
Grünschnabel
29 Tage 27 Min

Die Lohnnebenkosten sind in Deutschland nicht wesentlich niedriger

Oswi
Oswi
Grünschnabel
29 Tage 18 Min

Sicher sind die Lohn Nebenkosten hoch, aber das wälzt die Wirtschaft ja wieder auf dem Verbraucher ab.
Ich sehe keine Unternehmer im 500fiat durch die Gegend fahren, aber in verschiedenen luxukskarossen schon. Die Zeiten haben sich geändert. Die jungen Leute lassen sich nicht mehr verheihzen und tun gut daran.
Ihr schneidet euch selber in die Finger, kapiert es endlich!

Goennenihrwichtigtuer
Goennenihrwichtigtuer
Universalgelehrter
28 Tage 22 h

Wol und jeder der mol gebaut hot stimmt mor zu, definitiv die Politik schuld. Wenn dor Stoot nit im Stande isch genügend günstigen Wohnraum zu schaffen, gleichzeitig uan ober es Bauen sooo schwierig und tuirer wie möglich gestaltet brauchen se sich nit wundern dass die Mieten tuier sein. Mol i fühl mi nit verantwortlich in Volk günstigen Wohnraum für teuer Immobilien zur Verfügung zu stellen.

N. G.
N. G.
Kinig
28 Tage 21 h

Nun, wenn der Unterschied zu Deutschland nur 3% isz dann dolltest du erklähren wir nan mit 3% mehr Lohn Fachkräfte halten will!

https://www.gtai.de/de/trade/italien/wirtschaftsumfeld/loehne-und-gehaelter-1766156#:~:text=zu%2060%20Prozent.-,Nebenkosten%20sind%20hoch,(24%2C7%20Prozent).

Für mehr reicht das Geld un Italien definiv nicht!

genau
genau
Kinig
28 Tage 18 h

@Oswi

So ist es! Und sas ist gut so!
Südtirol die letzte DDR

Zugspitze947
27 Tage 20 h

@i_bin_a_do  Aber die Produktivität mindestens 30 % Höher ! Schon allein wegen den Ferie Agosto verliert Italia täglich 50 Milliarden an Wirtschaftsleistung ! Kein Land der Welt leistet sich so einen sinnlosen Luxus ! 🙁

Paladin
Paladin
Universalgelehrter
28 Tage 22 h

“Es ist zu einfach, die Verantwortung allein der Politik zuzuschieben.” Die Politik ist sicherlich nicht alleine verantwortlich. Lohnnebenkosten gehören aber zur Politik und da liegt die Hauptverantwortung. Die Politik erhöht sich ja selbst auch gerne die Gehälter um 20% und mehr, wenn es gerade mal genehm ist, tja warum wohl. Ein Schelm wer böses dabei denkt.

N. G.
N. G.
Kinig
28 Tage 21 h

Populismus! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen!

Rabe
Rabe
Superredner
28 Tage 23 h

Und die Wirtschaft verbucht ein neues Rekordhalter beim Export

N. G.
N. G.
Kinig
28 Tage 21 h

Ist denn das mehr an Export auch Gewinn? Haben diese Betriebe denn wirklich Gewinn gemacht? Umsatz ist noch lange kein Gewinn! Das was nach Steuern übrig bleibt. Scheinst du ja nicht zu wissen.

RealistischerIdealist
28 Tage 19 h

@N. G. Naja die Betriebe schauen schon auch, dass der Gewinn möglichst klein bleibt durch Investititionen etc oder auch Mitarbeiterautos etc..

horst777
horst777
Tratscher
28 Tage 20 h

Wenn jemand im Schnitt 5 bis 10 Jahre in Ausbildung investiert, dabei keinen einzigen Cent an Studienbeihilfen bekommt und defacto nicht einmal ins Rentensystem eingezahlt hat wäre er doch blöd hier um einen Hungerlohn zu arbeiten. Uni Abschlüsse werden bei uns leider immer noch belächelt und es wird gerne auf den Kollektivvertrag verwiesen der übrigens bis nach Sizilien hinunter derselbe ist. Im Ausland wird manche Stelle erst gar nicht besetzt wenn kein akademischer Titel nachweisbar ist. Solange sich diese Situation nicht ändertbund AG große Gewinne einstreichen wird sich an der Abwanderung nichts ändern.

N. G.
N. G.
Kinig
28 Tage 18 h

Was du forderst ist nichts anderes als die Abschaffung der Marktwirtschaft.
Zurück in die DDR, UDSSR, dem Sozialismus oder dem Kommunismus?

thomas
thomas
Kinig
28 Tage 22 h

Die Wirtschaftsexponenten machen es sich zu leicht, sind sich gleichzeitig offensichtlich nicht bewusst, auf welche strukturellen Schwierigkeiten sie zusteuern

N. G.
N. G.
Kinig
28 Tage 22 h

Das regelt sich von alleine! Die Wirtschaft wird tun was nötig ist, denn sie brauchen die Fachkräfte. Wer mehr bietet wird die jungen Leute halten können und der Rest wird eben durch die Röhre gucken. Moderne Führungskräfte wissen was zu tun ist und die Jugend hat die Macht zu tun was sie möchte. Endlich!

So ist das
28 Tage 21 h

…dass viele Unternehmen die wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre genutzt hätten, um ihre Preise willkürlich in die Höhe zu treiben…

Das kann mab laut sagen. Aber gegen die Lobbys wird die Politik nichts unternehmen 🤔

Supergscheider
Supergscheider
Superredner
28 Tage 18 h

Bla,bla,bla, wer zockt den die Betriebe ab,wer schikaniert diese mit absurden Vorschriften, wer ebnet den Immobilien Haien den Weg, wer nimmt
die Bevölkerung aus eine eine Weihnachtsgans, wer managt eine Gesundheitsversorgung die eher an Somalia erinnert als an Westeuropa, wer arbeitet gezielt gegen die Familie u.s.w.und sofort ????
Was einwandfrei funktioniert und auch meist einstimmig klappt,sind die Erhöhung ihrer kargen
Bezüge ,wobei sie ja nix dafür können,sie wurden ja gewählt.

Jonny Cash
Jonny Cash
Tratscher
28 Tage 6 h

Sie sollten in die Politik gehen, da sind solche populistische Schreier im Moment sehr gefragt.

Supergscheider
Supergscheider
Superredner
28 Tage 3 h

Jonny Cash was stimmt an meinen Behauptungen nicht?
Populismus kommt von Popolo, das Volk,
so war Demokratie eigentlich gedacht, Politik
für das Volk.

Jonny Cash
Jonny Cash
Tratscher
28 Tage 1 h

@super…. Alles. Nur ein Beispiel, waren Sie schon mal in Somalia?

Supergscheider
Supergscheider
Superredner
27 Tage 8 h

Jonny Cash,bezog mich auf das Management,
ja sie haben Recht, die Behauptung ist überspitzt,dennoch drückt es meinen Frust aus.

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