Stimmung bei Südtiroler Arbeitnehmern unverändert

AFI gibt für Südtirol Wirtschaftswachstums-Prognose von +1,4 Prozent ab

Donnerstag, 19. Januar 2017 | 10:26 Uhr

Bozen – Anfang 2017 ist die Stimmung bei Südtirols Arbeitnehmern gleich wie zu Jahresauftakt 2016 – allerdings ist die allgemeine Arbeitsmarktsituation heute deutlich besser. Schwierig sind die Zeiten aktuell für Sparer. Im Euro-Raum setzt sich der moderate wirtschaftliche Aufschwung fort (prognostiziertes Wirtschaftswachstum 2017: +1,5 Prozent). In Summe dürfte die Südtiroler Wirtschaft 2017 ein Wachstum von +1,4 Prozent erzielen.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der EU bleiben günstig. Die Niedrigzinsen machen Investitionsvorhaben schmackhaft, der schwache Euro stützt die Exporte und es kehrt wieder eine moderate Inflation ein. Die Unsicherheitsfaktoren bleiben allerdings bestehen. Politisch ist 2017 ein Super-Wahljahr in Europa. Die Auswirkungen des Brexit sind noch nicht absehbar, ebenso wenig der neue Kurs des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Die Spannungen zwischen den USA, China und Mexiko paaren sich zu den militärischen Konflikten im Nahen Osten, Terroranschlägen und dem Flüchtlingsproblem. Die Europäische Kommission erwartet für 2017 folgende Wirtschaftswachstumsraten: USA +2,1 Prozent, Eurozone +1,5 Prozent, Deutschland +1,5 Prozent, Österreich +1,6 Prozent und Italien +0,9 Prozent. Bis Anfang 2016 zeigten in Italien die Stimmungsindikatoren bei Unternehmen und Verbrauchern nach oben. Im weiteren Jahresverlauf wurden sie von hohem Niveau aus deutlich eingebremst.

Stimmung: nennenswerte Aufhellung von 2014 auf 2015, Stabilität von 2015 auf 2016

Aus den sieben Stimmungsindikatoren, die im AFI-Barometer bei der Südtiroler Arbeitnehmerschaft ermittelt werden, lässt sich aktuell kein eindeutiger Trend ablesen – nicht im Vergleich zur Umfrage vor drei und nicht im Vergleich zur Umfrage vor zwölf Monaten.

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Der Blick auf die Jahresmittelwerte der vier vorausschauenden Indikatoren zeigt aber unmissverständlich eine Aufhellung von 2014 auf 2015 und eine stabile Entwicklung von 2015 und 2016. Das heißt, die Aussichten für 2017 liegen auf dem Niveau von 2016, bei heute günstigeren Ausgangsbedingungen am Arbeitsmarkt.

2016: Vorläufige Endbilanz positiv

Auf Grundlage der wirtschaftlichen Eckzahlen, die zu einem guten Teil schon weit ins Jahr 2016 hineinreichen, leitet sich für Südtirols Wirtschaft eine durchaus zufriedenstellende vorläufige Endbilanz 2016 ab: Der Südtiroler Arbeitsmarkt zeigte sich 2016 extrem aufnahmefähig. Im Jahresschnitt ist die Zahl an unselbständig Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr um +2,7 Prozent angestiegen. Die amtliche Arbeitslosenrate hat sich im dritten Quartal 2016 auf 3,6 Prozent zurückgebildet. Doch selbst hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Die Arbeits-Voucher werden immer mehr zum Problem für den Südtiroler Arbeitsmarkt. Im Außenhandel hat sich die Dynamik im Jahresverlauf 2016 etwas abgeschwächt. In den ersten neun Jahresmonaten 2016 ergibt sich ein Zuwachs bei den Exporten von +2,9 Prozent und bei den Importen von +2,6 Prozent. Außerordentlich stark entwickelt sich der Tourismus mit einem Nächtigungszuwachs von +7,2 Prozent. Das Kreditvolumen ist um +0,9 Prozent angestiegen. Schwach bleibt die Kreditvergabe an Unternehmen. Im Dezember 2016 ist die Inflationsrate in Bozen auf +1,4 Prozent geklettert. Grund dafür sind in erster Linie die sprunghaft angehobenen Preise in der Beherbergung, sowie bei den Speise- und Schankbetrieben. In zweiter Linie aufgrund der wieder anziehenden Rohölpreise, mit Auswirkungen auf die veredelten Produkte wie Benzin, Diesel und Heizöl. Ein Deflationsszenario für Südtirol scheint jedenfalls aus heutiger Sicht gebannt.

2017: AFI prognostiziert für Südtirol Wirtschaftswachstum von +1,4 Prozent

Die vier Frühindikatoren bilden die Erwartungen ab, die Südtirols Arbeitnehmer für die nächsten zwölf Monate stellen, und zwar betreffend die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung Südtirols, die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die Entwicklung der finanziellen Situation sowie die Entwicklung der Sparmöglichkeiten für die eigene Familie. Zu Jahresauftakt 2017 ist die Stimmung auf demselben Niveau wie zu Jahresauftakt 2016, allerdings vor dem Hintergrund einer besseren Situation am Arbeitsmarkt. Aus der Zusammenschau aller verfügbaren Informationen stellt das AFI für das Jahr 2017 eine Wirtschaftswachstums-Prognose von +1,4 Prozent. Damit wächst Südtirols Wirtschaft im EU-Schnitt und stärker als im nationalen Schnitt.

Schwierige Zeiten für Sparer

Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wie die in Schieflage geratenen italienischen Banken, die Einrichtung des Rettungsfonds „Atlante“, die Einführung der „Bail-in“-Klausel, Rationalisierungs- und Fusionswellen im Bankensektor, Zinsen für Spareinlagen, die gegen Null tendieren, haben die Sparer verunsichert. Kein Wunder, wenn in den Anlage-Portfolios bereits Umschichtungen erkennbar sind. Laut AFI-Barometer ist die Wertbeständigkeit des Kapitals das wichtigste Kriterium, das die Arbeitnehmer zugrunde legen, wenn sie ihr Erspartes anlegen (siehe Grafik). 75 Prozent geben die Sicherheit, das investierte Kapital nicht zu verlieren, als das rangwichtigste Kriterium bei der Wahl der Anlageform an.

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Es folgt die Liquidität, also die unmittelbare Verfügbarkeit des Ersparten, wenn es die Notwendigkeit erfordert (61 Prozent). Der Hauptgrund fürs Sparen sind die Kinder (65 Prozent). 48 Prozent sparen, um sich vor unvorhergesehenen Ereignissen zu wappnen. Das Eigenheim stellt für die Südtiroler nach wie vor einen hohen sozialen Wert dar. 61 Prozent der befragten Arbeitnehmer sehen es als eine Investition in die eigene Zukunft, 57 Prozent als Hinterlassenschaft an die Kinder. Doch der Erwerb des Eigenheims ist zunehmend mit Schwierigkeiten verbunden. Der problematischste Faktor sind die hohen Immobilienpreise (96 Prozent), gefolgt vom schwierigen Zugang zum Kredit (42 Prozent).

 

Stellungnahme von AFI-Präsidentin Christine Pichler

„Die Zahlen zum Südtiroler Arbeitsmarkt sind zwar positiv, sie sagen aber nichts über die Qualität der Arbeit aus. Die Arbeits-Voucher werden als Instrument vielfach missbraucht und in vielen Sektoren sind die Arbeitsbedingungen alles andere als rosig. Das AFI wird hier genauer hinschauen.“

Stellungnahme von Landesrätin Martha Stocker

„Die gute Situation am Arbeitsmarkt und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind eine Chance, um mit besseren Löhnen die Familien-Kaufkraft zu stärken. Mit den vorgesehenen Steuerbegünstigungen bei Produktivitätsprämien haben wir über die Betriebsabkommen ein wirksames Instrument. Und verstärkt gilt unser Bemühen, aus prekären Arbeitsverhältnissen sichere und zukunftsorientierte Festanstellungen zu machen.“

 

Alle Ergebnisse des AFI-Barometers sind im Internet unter www.afi-ipl.org/afi-barometer veröffentlicht.

Von: luk

Bezirk: Bozen