Jeder zweite Traktorunfall passiert im Hofbereich

Arbeitsunfälle in der Landwirtschaft gehen zurück, aber…

Donnerstag, 27. November 2025 | 15:53 Uhr

Von: mk

Bozen – Wie sich Unfälle in der Landwirtschaft wirksam vermeiden lassen, diskutierten kürzlich Experten aus mehreren Ländern auf Einladung des Südtiroler Bauernbundes. Dabei zeigte sich: Dank intensiver Sensibilisierungsmaßnahmen sind die Unfallzahlen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Dennoch bleibt weiterhin einiges zu tun.

Von 2010 bis 2023 sank die Zahl der gemeldeten Arbeitsunfälle in Südtirol von knapp 18.000 auf etwas mehr als 14.000. „Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der Landwirtschaft. Gab es 2014 noch knapp 2.400 Unfälle, liegt die Zahl zehn Jahre später bei etwas über 1.500“, fasste Martin Mair vom Arbeitsinspektorat zusammen. Eine gegenläufige Entwicklung sei jedoch bei den gemeldeten Berufskrankheiten zu beobachten: „Diese sind in den letzten Jahren angestiegen, wobei drei Viertel der Erkrankungen das Muskel-Skelett-System betreffen.“

Ein wesentlicher Grund für den Rückgang der Unfallzahlen liegt in der kontinuierlichen Sensibilisierung der Bäuerinnen und Bauern. Seit vielen Jahren engagieren sich der Südtiroler Bauernbund, die bäuerlichen Organisationen, das Arbeitsinspektorat des Landes und das INAIL in der Unfallprävention. Mit Maßnahmen wie Videos, Informationsmaterialien und insbesondere Fortbildungsangeboten zeigen die Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie die Weiterbildungsgenossenschaft im Südtiroler Bauernbund (SBB) Risiken im Arbeitsalltag auf – und wie diese vermieden werden können.

Auch außerhalb Südtirols hat die Arbeitssicherheit in der Landwirtschaft hohe Priorität. Die deutsche Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau untersuchte beispielsweise die Ursachen von Traktorunfällen, um gezielte Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können. „Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die Zahl der Unfälle insgesamt zurückgeht, nicht aber jene mit tödlichem Ausgang. Risikogruppen sind sowohl sehr junge als auch ältere Fahrer. Der Anteil der Unfallverletzten ab 60 Jahren ist vergleichsweise hoch“, betonte Präventionsexperte Sebastian Dittmar.

Überraschend sei zudem, dass jeder zweite Traktorunfall im Hofbereich passiert, während nur etwa ein Viertel auf Wiesen geschieht. Die meisten Unfälle ereignen sich beim Absteigen vom Traktor. Umsturzunfälle treten je zur Hälfte auf Straßen und Wegen sowie auf Wiesen auf. „Alle tödlich verunglückten Fahrer waren nicht angeschnallt. Wären sie es gewesen, würden einige mit Sicherheit noch leben.“ Auch Überrollunfälle wurden analysiert: In zwei von drei Fällen wird der Traktorfahrer selbst überrollt – etwa weil die Bremse nicht angezogen war oder während der Fahrt auf- oder abgestiegen wurde.

sbb

Auf Gefahren im Straßenverkehr machte Denis Litt, Präventionsbeamter der Caisses d’Assurance-Accidents, des landwirtschaftlichen Unfallversicherungsfonds für Elsass-Mosel, aufmerksam. Immer wieder seien auf der Schnellstraße 83, einer vielbefahrenen Straße in Osten Frankreichs, schwere Unfälle mit landwirtschaftlichen Maschinen zu verzeichnen. Daher liege ein Schwerpunkt der Sensibilisierung auf dem richtigen Verhalten im Straßenverkehr sowie der konsequenten Nutzung des Sicherheitsgurts und von Hinweisschildern. Mit eindrucksvollen Kampagnen werde das Bewusstsein für Gefahren im Umgang mit Maschinen geschärft.

Mit der Präventionskampagne „Risiko runter“ macht auch die Schweizer Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft auf die Gefahren im Betriebsalltag aufmerksam. „Wir zeigen, wo Risiken lauern. Gleichzeitig motivieren wir die Bäuerinnen und Bauern, ihre eigenen Maschinen und Höfe kritisch zu überprüfen. Und nicht zuletzt zeigen wir auf, wie Risiken reduziert und sicher gearbeitet werden kann“, erklärte Thomas Frey. Themenschwerpunkte der Kampagne sind Straßenverkehr, Maschinen, Tiere, Hofstrukturen und Gase.

Die Diskussion zeigte deutlich: Die Herausforderungen sind in vielen Ländern ähnlich – ebenso die Lösungen. Einig waren sich die Experten, dass es weiterhin fortschrittliche und praxisnahe Ansätze braucht, um Arbeitsunfälle zu vermeiden und die Sicherheit von Landwirten und Mitarbeitenden nachhaltig zu erhöhen.

Bezirk: Bozen

Kommentare

Aktuell sind 2 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen