dm plant eine Online-Apotheke

dm will Apotheken-Monopol durch Onlinehandel aufbrechen

Donnerstag, 13. November 2025 | 15:15 Uhr

Von: apa

Die Drogeriemarktkette dm hat im Geschäftsjahr 2024/25 die Erlöse weiter gesteigert. Bei dm Österreich stieg der Umsatz um 5,5 Prozent auf 1,374 Mrd. Euro, im Verbund mit den von Österreich aus betreuten Tochtergesellschaften in elf europäischen Ländern wurde ein Plus von 11,5 Prozent auf 5,851 Mrd. Euro erzielt. Der Konzern kündigte am Donnerstag an, weiter gegen das Apothekenmonopol in Österreich ankämpfen zu wollen – etwa mit dem Start einer eigenen Online-Apotheke.

dm bemüht sich seit Jahren darum, nicht verschreibungspflichtige Medikamente im stationären Handel verkaufen zu dürfen. In der Vergangenheit ist der Konzern jedoch mit mehreren Verfassungsrechtsklagen gegen die bestehende gesetzliche Regelung gescheitert. Nun will dm mit einem eigenen Online-Shop für rezeptfreie OTC-Produkte (die Abkürzung steht für “Over-the-Counter”, also “über den Ladentisch”) an den Start gehen. Der Vorsitzende der dm-Geschäftsführung, Harald Bauer, versprach Kunden am Donnerstag beim Bilanz-Pressegespräch Preisvorteile von 20 bis 30 Prozent gegenüber stationären Apotheken.

OTC-Versand: Wertschöpfung und Arbeitsplätze fließen ins Ausland ab

“Mehr Wettbewerb wäre eindeutig im Sinne der Verbraucher”, betonte Bauer. Eine Neuordnung des OTC-Vertriebs hätte auch volkswirtschaftlich große Relevanz. 2024 seien in Österreich bereits OTCs im Wert von 246 Mio. Euro versendet worden – um 30 Prozent mehr als im Vorjahr. “Davon entfallen 75 Prozent auf ausländische Anbieter. Dass der Gesetzgeber hier weiter Wertschöpfung und Arbeitsplätze ins Ausland transferiert, ist nicht nachvollziehbar.”

Apothekerkammer und Apothekerverband warnten am Donnerstag vor einer Liberalisierung. Arzneimittel gehörten in Apotheken “und nicht zwischen Waschmittel und Duschgel”. Die Interessensvertreter argumentieren mit der Patientensicherheit. Drogerien könnten keine qualifizierte Beratung leisten, weshalb eine Öffnung ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen würde, so die Apothekerkammer.

Tatsächlich geht es bei den rezeptfreien, jedoch apothekenpflichtigen Arzneien wie zum Beispiel abschwellenden Nasentropfen auch um viel Geld und hohe Margen. Laut Marktanalysen ist der OTC-Markt in Österreich insgesamt mehr als eine 1 Mrd. Euro schwer. Der Markt gilt als streng reguliert. 2021 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestätigt, dass nur Apotheken rezeptfreie Mittel abgeben dürfen. Dass es dennoch Online-Konkurrenz gibt, liegt am EU-Recht. Der Versandhändler Shop-apotheke.at etwa ist in den Niederlande als Apotheke zugelassen und darf aufgrund der EU-Warenverkehrsfreiheit auch nach Österreich liefern.

Bevor Kunden in Österreich aber Medikamente bei dm online bestellen können, wird die dm-Online-Apotheke zuerst bei dm in Deutschland eingeführt. “Das System ist aber so gestaltet, dass es rasch auf weitere Länder ausgerollt werden kann”, betonte Bauer.

Preisniveau bei dm-Produkten blieb im Vorjahr konstant

Trotz steigender Energiepreise und Gehaltskosten sei es im mit 30. September zu Ende gegangenen Geschäftsjahr erneut gelungen, die Teuerung bei dm zu dämpfen. “Während die allgemeine Inflation im Schnitt der vergangenen zwölf Monate bei 3 Prozent lag, ist der dm-Warenkorb im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozent teurer geworden. Das Preisniveau ist praktisch konstant geblieben”, so Bauer.

Allgemein habe die hohe Inflation in Österreich zu einer spürbaren Zurückhaltung im Drogeriegeschäft geführt. “Es gibt mengenmäßig kaum Zuwächse, die Kunden suchen günstige Alternativen und hinterfragen verstärkt Aktionspreise”, sagte Bauer. “Den Menschen wird bewusst, dass Lockangebote am Schluss nicht zu einem günstigeren Einkauf führen.” dm habe hingegen sowohl bei Umsatz wie Absatzmenge zugelegt – und an Marktanteilen gewonnen.

Jedes zweite verkaufte Produkt war im Vorjahr eine Eigenmarke

Im Schnitt kaufen im abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als 230.000 Menschen pro Tag bei dm Österreich ein – um täglich 9.000 mehr als im Vorjahr. Als Ursache für die Attraktivität der Kette nannte Bauer neben den Markenprodukten und dem Stammkundenprogramm das “konsequente Dauerpreiskonzept”. Die 16.000 Produkte im dm-Sortiment in Österreich seien im Schnitt seit 23 Monaten nicht erhöht worden.

Bei sehr geringen Gewinnmargen im einstelligen Bereich gebe es generell nur wenig Potenzial zum Preissenken. Geschafft habe man es mit Mengenvorteilen, der Umstellung von Arbeitsprozessen, Synergien durch länderübergreifende Logistik und einem hohen Anteil an Eigenmarken. “Jedes zweite verkaufte Produkt war im Vorjahr eine dm-Eigenmarke.”

Länderspezifische Preisunterschiede

In der Diskussion um Länderaufschläge im Handel sprach sich Bauer am Donnerstag gegen politische Eingriffe in die Preise aus. “Wir arbeiten stringent daran, Preisabstände zu vermindern.” In Deutschland würden allerdings andere Rahmenbedingungen herrschen – so brauche es in Österreich etwa deutlich mehr Filialen, um die gleiche Zahl an Kunden zu erreichen. Für mehr Preistransparenz soll vielmehr ein anderer Schritt sorgen. Jeder Artikel werde in Zukunft zentral erfasst, um Preisdifferenzen und Unterschiede bei Verpackungsgrößen oder in der Produktqualität zwischen den Ländern sichtbar zu machen. “Wo länderspezifische Unterschiede nicht erklärbar sind, werden wir das Gespräch mit der Industrie suchen.”

Die Menge an Standorten ist in Österreich seit zehn Jahren recht konstant, im Vorjahr sank sie um eine Filiale auf 381. Gemeinsam mit den verbundenen Ländern in Mittel- und Südosteuropa und Italien war hingegen ein leichtes Plus bei der Zahl der Filialen um 24 auf 1.971 zu verzeichnen. Mit Stichtag 30. September 2025 arbeiten 29.120 Menschen in der dm-Gruppe, minimal mehr als noch im Vorjahr. In Österreich sank die Zahl der Beschäftigten um 111 auf 6.844.

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