Von: mk
Bozen – Ein schleichender Wandel erfasst Bozens Stadtbild: Immer mehr leerstehende Geschäftslokale werden in Wohnungen umgewandelt. Was auf den ersten Blick als pragmatische Lösung für brachliegende Flächen erscheinen mag, sorgt bei einigen Beobachtern für Unmut. Besonders scharfe Töne kommen etwa vom ehemaligen Stadtrat Stefano Fattor, der die Bozner Stadtplanung bereits des Öfteren kritisiert hat. Ihm zufolge mindern bauliche Eingriffe dieser Art die städtische Lebensqualität.
Wo einst Geschäfte zum Flanieren und Verweilen einluden, entstehen nun Wohnungen. Beispiele dafür gibt es einige, wie etwa in der Rovigo-Straße, wo früher eine Reiseagentur untergebracht war. Auch die Hälfte eines ehemaligen Pizza-Restaurants in der Rovigo-Straße wurde in zwei Mini-Appartements umgewandelt. Anstelle des traditionsreichen Geschäfts Bressan in der Nähe der Drusus-Brücke werden ebenfalls vier Wohnungen errichtet.
Statt Vitrinen werden Mauerziegeln in die Höhe gezogen. Diese baulichen Eingriffe tragen nach Ansicht von Kritikern dazu bei, die Attraktivität und Lebendigkeit der Stadt zu mindern. „Ich habe immer gesagt: Es ist unmöglich, von 1.200 Hektar landwirtschaftlichem Grün umgeben zu sein, während 102.000 Personen auf 780 Hektar zusammengepfercht leben“, erklärt Fattor gegenüber den Fernsehsender TV33.
Bozen sei die Stadt mit der höchsten Baudichte in Italien und übertreffe Neapel um 50 Prozent. Europaweit liegt Südtirols Landeshauptstadt laut Fattor an vierter Stelle, während das Straßennetz aus den 1930-er Jahren stamme.
Die Umwandlung von Erdgeschossflächen, die traditionell dem Handel und Dienstleistungsbetrieben vorbehalten waren, verändere das Erscheinungsbild und die Funktion ganzer Straßenzüge. Gleichzeitig kritisiert Fattor auch die geringe Lebensqualität für Bewohner in Erdgeschosswohnungen, deren Fenster auf die Straße schauen.
Doch nicht nur kleine Geschäfte sind vom strukturellen Wandel in der Wirtschaft betroffen. Im Veneto gibt es bereits mehrere Einkaufszentren, die aufgelassen wurden, weil sie der Konkurrenz vom Online-Handel nicht standhielten. Wie Kathedralen in der Wüste stehen solche Bauten nun verlassen in der Landschaft. Auch wenn kleinen Geschäften in Städten eine ähnliche Gefahr droht, sind Mini-Appartments im Erdgeschoss für Fattor keine Lösung.
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