Von: mk
Bozen – Was Otto und Ottilie Normalverbraucher hier lesen? Es gibt mehr Leistung für gleiches Geld. Doch dem ist, bei genauerer Betrachtung, leider nicht so. In der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) hat man die neuen Angebote von Alperia genauer unter die Lupe genommen.
Das Angebot „Family“ richtet sich nach Angaben der Landesenergiegesellschaft Alperia Energy an Kunden des „Geschützten Grundversorgungsdiensts Alperia Energy“ – d.h. an alle ehemaligen Etschwerke-Kunden, die sich noch im geschützten Markt befinden. Sie erhalten beim Wechsel in den freien Markt einen Einmal-Bonus, Skonti auf den Energieanteil der Rechnung (diese sinken über die Jahre) und zahlen die Leistungskomponente der Rechnung, als ob sie noch drei kW beziehen würden, auch wenn sie 4,5 kW beziehen. Die Neukunden müssen sich für 36 Monate verpflichten, ansonsten muss der Einmal-Bonus erstattet werden.
Eine Standard-Familie zahlt derzeit am geschützten Markt mit Leistung drei kW ca. 511 Euro pro Jahr; das wären in drei Jahren also 1.533 Euro. Mit Alperia Family zu 4,5 kW zahlt die Familie 450 im ersten Jahr, 554 Euro im zweiten Jahr und 559 Euro im dritten Jahr. Dazu kommen noch die Kosten für die Leistungserhöhung von drei auf 4,5 kW, die in etwa 128 Euro betragen dürften (die genauen Kosten werden in den Angeboten nirgendwo angeführt).
Insgesamt bringt der Wechsel also Mehrkosten in Höhe von ca. 158 Euro in einem Zeitraum von drei Jahren mit sich. „… zahlen weiterhin nur drei kW …“, verspricht Alperia. Wohl eher nicht, meint die VZS. Und: wechselt dieselbe Familie zur Trientner Energiegesellschaft mit einem 4,5 kW Vertrag, zahlt sie in drei Jahren ca. 169 Euro mehr, immer inklusive Leistungserhöhung, also ein Plus von noch mal knapp elf Euro in drei Jahren, und das ohne Vertragsbindung auf 36 Monate.
Nicht viel anders sieht es beim Angebot „Free“ aus, das mit einem Willkommensbonus von 60 Euro wirbt (auch dieser muss zurückgegeben werden, wenn man nicht 36 Monate im Tarif verbleibt). Dieses Angebot richtet sich an Kunden im geschützten Grundversorgungsdienst und an jene anderer Anbieter. Ist man also z.B. Kunde der Trientner Energiegesellschaft Dolomiti, zahlt man dort derzeit mit Leistung 3 kW etwa 445 Euro pro Jahr. Ein Wechsel zu Alperia mit Free (und gleichbleibender Leistung) bringt auch hier Mehrkosten von knapp 88 Euro in 3 Jahren mit sich, trotz Willkommensbonus!
Wer hingegen am freien Markt den günstigsten Anbieter wählt, zahlt bei gleichbleibender Leistung 1.303 Euro in drei Jahren, also 231 Euro weniger als am geschützten Markt. Das Sparpotential gegenüber dem Angebot Family (die Mehrkosten fallen weg) beläuft sich dabei auf stolze 389 Euro in drei Jahren. Gegenüber dem Angebot Free mit Willkommensbonus spart man ebenfalls, und zwar 121 Euro, immer in 3 Jahren.
Alte Tarife von Sel und AE Premium
Wer einen solchen Tarif hat, der sollte nach Meinung der VZS von einem Wechsel absolut absehen, da hier nur Mehrkosten entstehen (und zwar in Höhe von 20 bis 110 Euro im Dreijahreszeitraum, je nachdem ob man Anrecht auf den Bonus hat oder nicht).
Fazit der VZS
Wer einen günstigen Tarif sucht, der tut gut daran, Werbeversprechen erst einmal kritisch zu betrachten. Genaue Antworten auf die Frage nach der Günstigkeit eines Angebots liefert der Vergleichsrechner Trovaofferte auf www.autorita.energia.it. Dabei gilt es, gut zwischen einmalig und dauerhaft gewährten Rabatten zu unterscheiden.
Auch sind die neuen Angebote von Alperia alles andere als einfach konzipiert: Einmal-Boni im ersten Jahr (die bei vorzeitigem Austritt erstattet werden müssen), Skonti auf eine Tarifkomponente, die im Lauf der Zeit sinken, und zwar teilweise ganz auf Null, sowie Leistungskomponenten, die heruntergesetzt sind – Familien dürften sich nach Meinung der VZS schwer tun, hier eine klare Vorstellung der zu zahlenden Beträge zu haben.
Die VZS steht für individuelle Ermittlungen des günstigsten Stromanbieters zur Verfügung.
„Alle Berechnungen wurden mit Jahresverbrauch von 2.700 kWh für Bozen durchgeführt. Wir haben die Tarife mit größter Sorgfalt berechnet; falls sich in der Bewertung der Angebote von Alperia Ungenauigkeiten finden sollten, so sind wir gerne bereit, diese gegen Vorlage der genauen Berechnung samt Rechenweg zu korrigieren“, erklärt die VZS.