Ersatz-Initiative des Fonds IRS

VZS: Post hätte mehr anbieten können!

Dienstag, 16. Mai 2017 | 15:29 Uhr

Bozen – Im Jahr 2003 hat die Italienische Post ihren Kunden, insbesondere Privatkunden, Quoten des Immobilienfonds “Invest Real Security” (IRS) verkauft. Dabei wurden rund 56.400 Quoten für insgesamt ca. 140 Millionen Euro verkauft. Der Wert jeder Quote betrug 2.500 Euro. Zur natürlichen Fälligkeit des Fonds von zehn Jahren wurde noch eine Verlängerungsfrist von drei Jahren gewährt. Der Fonds schloss dann mit einem Verlust von fast 80 Prozent ab: Den Zeichnern wurde ein Auszahlungsbetrag von 400 Euro für jede Quote anerkannt. Dies erklärt die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS).

Seit einigen Wochen erhalten die Post-Kunden, die diesen Fonds gezeichnet hatten, einen Schreiben mit einem Vorschlag für eine Vergleichslösung, die einen teilweisen Schadenersatz für die Sparer vorsieht – es handelte sich sicherlich um ein risikobehaftetes Finanzprodukt, auch angesichts der hohen Verluste. Die Sparer können laut Post den Vorschlag bis 6. Juni annehmen.

An wen richtet sich das Angebot?

Alle Kunden der Post (oder ihre Erben), die zum 31.12.2016 weniger als 80 Jahre alt waren, und die 2003 Quoten des IRS-Fonds gezeichnet hatten, welche sich zum 31.12.2016 noch in ihrem Besitz befanden (wer also die Quoten über andere Märkte gekauft bzw. verkauft hat oder die Quoten bei einem anderen Finanzdienstleister verwahrt, ist vom Angebot ausgeschlossen).

Was genau wird angeboten?

Die Kunden können die vom Fonds ausbezahlten 400 Euro pro Quote in eine Polizze der Sparte I einzahlen (“posteiniziativa irs”), welche von Poste Vita Spa ausgestellt wird und eine Laufzeit von fünf Jahren hat. „So soll – die Post schreibt ‚zur Gänze‘, aber es ist in Wirklichkeit nur ein Teil – der Verlust wieder wettgemacht werden. Dabei schießt die Post pro Quote einen Bonus von 1.246,72 Euro zu. Am Ende der Polizzenlaufzeit erhalten die Kunden ca. 74 Prozent des ursprünglich investierten Kapitals. Rechnet man die Erträge und vorzeitigen Auszahlungen dazu, die während der Laufzeit des Fonds ausbezahlt wurden (das sind 657,88 Euro je Quote), sollte am Ende jeder Zeichner ca. 100 Prozent des ursprünglich investierten Kapitals erhalten“, erklärt die VZS.

Also alles in bester Ordnung? „Jein“, sagen die Verbraucherschützer. Obschon die Initiative der Post sicher begrüßenswert ist, weil sie den Beschwerden der Kunden zumindest teilweise entgegenkommt, gibt es nach Meinung der Verbraucherzentrale Südtirol einige kritische Punkte: „Der angebotene Bonus hätte durchaus höher ausfallen können. Vergleicht man Bonus und anfänglichen Quotenpreis (1.246,47 Euro auf 2.500 Euro) mit einer ähnlichen gelagerten, vergangenen Vergleichslösung der Post, so ist dieser deutlich geringer. Bei der damaligen Lösung handelte es sich um eine Polizze („Posta Futuro ad hoc“), welche 2009 den Zeichnern von Index-Linked-Polizzen angeboten wurde, da diese Positionen im Rahmen der Finanzkrise große Verluste einfuhren; damals bot Poste als ‚Schadenersatz‘ sogar 105 Prozent der ursprünglich bezahlten Prämie an.“

Die Summe aus Bonus und liquidierter Quote, die zusammen die Prämienzahlung für die neue Polizze ergeben, entspricht nur 59 Prozent des Werts der ursprünglichen Quote des IRS-Fonds.

„Verwirrend ist auch, dass die erzielten Gewinne und Vorauszahlungen in der Vergleichslösung mit eingerechnet werden – der Kapitalverlust sollte sich rein auf die ursprünglich bezahlte Quote von 2.500 Euro und die erhaltene Auszahlung von 400 Euro beziehen“, so die VZS.

Die Sparer erhalten die Auszahlung der Vergleichslösung erst bei Fälligkeit der neuen Polizze, also 2022. Ein vorzeitiger Rückkauf ist zwar möglich, es sind jedoch Strafzahlungen vorgesehen, die bis zu 80 Prozent des von Poste bezahlten Bonus ausmachen. „Auch findet sich in der neuen Polizze keine Angabe zum Betrag des Bonus, sodass vertraglich wenig Klarheit herrscht; diese Angabe sollte spezifiziert werden, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden“, finden die Konsumentenschützer.

Was rät die VZS?

Wer den Versicherungsvorschlag bereits unterzeichnet hat, kann innerhalb von 30 Tagen ab Unterschrift davon zurücktreten. Wer den Vorschlag nicht angemessen findet, kann sich an die Justiz wenden (unter Berücksichtigung der Kosten und Zeiten der italienischen Justiz), oder kann sich, nachdem bei der Post entsprechend Beschwerde eingereicht wurde, an das neue Schlichtungsorgan bei der Börsenaufsicht Consob, dem “Arbitro per le controversie finanziarie – ACF”, also dem Schiedsgericht für Finanz-Streitfälle wenden. „Wer sich dazu entschließt, das Angebot der Post anzunehmen, sollte auf alle Fälle nicht nur die Kopie der neuen Polizze aufbewahren, sondern auch das Schreiben, in dem „Posteiniziativa irs“ vorgestellt wird, da nur in diesem die Summe des Bonus sowie das Konzept der Vergleichslösung aufscheint“, erklärt die VZS.

Andere wichtige Aspekte

Für jene SparerInnen, die zum 31.12.2016 bereits 80 Jahre alt waren, wird ein Anteil von 1.452 Euro je Quote ausbezahlt, ohne dass sie die Summe in die neue Polizze investieren müssen. Diese erhalten also einen sofortigen Ersatz. Die Post hat beschlossen, mit den Vereinigungen des nationalen Verbraucherbeirats CNCU eine Schlichtungskommission einzurichten, welche anhand einiger Kriterien (Einkommen, Gesundheitszustand, andere Gründe …) jene Fälle ausfindig machen wird, denen eine Sofort-Ersatzzahlung zusteht.

Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) erinnert daran, dass der Fonds IRS nicht der einzige kränkelnde Patient der Post ist. Viel berichtet wurde auch über den Fonds Obelisco (Zeichnungen von 172 Millionen Euro zwischen September und Dezember 2005, Dauer von zehn Jahren plus drei Jahre Verlängerung, vorgesehene Fälligkeit am 31.12.2018), zu welchem die VZS derzeit eine Musterklage verfolgt. „Der Sparer hatte all seine Ersparnisse in den Fonds gesteckt, und schwerwiegende Verluste eingefahren. Die erste Verhandlung findet am 5. Juni vor dem Landesgericht Rom statt“, so die VZS.

„Es bleibt zu hoffen, dass Poste Italiane auch für den Fonds Obelisco einen alternativen Lösungsvorschlag unterbreiten wird, sodass die tausenden Betroffenen nicht den Weg vor den Richter wählen müssen, um den Schaden ersetzt zu bekommen“, meint man dazu in der VZS.

Von: mk

Bezirk: Bozen