Kritik der Umweltverbände

Abbau von Schotter und Gestein: “Ein Gesetz, aber kein Plan”

Freitag, 24. März 2023 | 16:08 Uhr

Bozen – Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der Heimatpflegeverband Südtirol beziehung zum Landesgesetzesentwurf „Bestimmungen über den Abbau von mineralischen Rohstoffen“ Stellung und fordern Verbesserungen.

Am Montag beschließen der Gesetzgebungsausschuss und dann der Landtag die Überarbeitung des Gesetzes zum Abbau von Schotter und Gestein. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz sowie der Heimatpflegeverband stellen etwas Licht aber vor allem viel Schatten fest. Sie rufen den Landtag auf, das Gesetz nachzubessern.

“Ein Gesetz, aber kein Plan”

Der Landesentwicklungs- und Raumordnungsplan (LEROP) sieht eine ganze Reihe von Fachplänen vor, zum Beispiel für Soziales, für Transport und eben auch für Steinbrüche und Schottergewinnung. Der LEROP wurde per Landesgesetz 1995 genehmigt. Die heutige Landesregierung hat nun entschieden, allein das Gesetz zum Abbau der mineralischen Rohstoffe zu aktualisieren, von einer Südtirol weiten, organischen Planung aber abzusehen. “Das Gesetz sieht allein vor, dass die Antragsteller nachweisen müssen, dass um die für 20 Jahre angesuchte Abbaumenge auch tatsächlich auf Bezirksebene der Bedarf besteht. Kriterium für den Abbau von Gestein ist damit die wahrscheinlich von der Wirtschaft benötigten Kubikmeter, nicht die für den Klima- und Landschaftsschutz maximal verträgliche Menge”, so die Umweltschützer.

“Kein Torfabbau, mehr Transparenz”

Zufrieden zeigen sich der Dachverband für Natur- und Umweltschutz und der Heimatpflegeverband, dass das Gesetz neue Torfstiche ausschließt und bestehende Ermächtigungen nicht verlängert werden dürfen. Begrüßt wird, dass die Landesregierung die Anregung der Umweltverbände aufgenommen hat, dass die Gemeindeverwaltungen die Bürger gleich zu Beginn des Verfahrens über neue Anträge informiert, und zwar über die Veröffentlichung auf der digitalen Amtstafel. “Übrigens sieht das Gesetz deutlich längere Laufzeiten vor und damit punktuell eine höhere Belastung für Anrainer und Natur. Bisher wurden die Anträge für neue Gruben und Steinbrüche nur auf der kaum bekannten Website der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz veröffentlicht, und zwar erst nachdem die Gemeinden eine nicht verpflichtende Stellungnahme abgegeben hatten.”

“Natur- und Landschaftsschutz bleiben Stiefkind”

Einschränkungen aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes suche man im Gesetz vergeblich. “So gelten für alle Gemeinden die Bestimmungen in den Landschaftspläne, die zum Beispiel den Abbau mineralischer Rohstoffe in landschaftlichen Bannzonen meist ermöglichen. Dasselbe gilt für Landschaftsschutzgebiete. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine neue Grube aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes nicht so ohne weiteres abgelehnt werden kann. Dass bei einer Laufzeit von 20 Jahren (plus weitere sechs Jahre Verlängerung) das Landschaftsbild beeinträchtigt wird, liegt allerdings auf der Hand. Mobile Anlagen zur Verarbeitung des Materials und Infrastrukturen brauchen außerdem keine besondere Genehmigung“, so Madeleine Rohrer, Geschäftsführerin des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz.

“Maßnahmen für Umweltausgleich unzureichend”

Artikel 11 des Gesetzes sieht eine Abbaugebühr vor, die zugleich auch alle Umweltausgleichsmaßnahmen umfasst. Ausgleichsmaßnahmen dienen der Erhaltung und Förderung von Lebensräumen und ihrer Vernetzung in intensiv genutzten oder dicht besiedelten Landschaften. “Weil ein privates Unternehmen bzw. die öffentliche Hand die natürliche Ressource Schotter nutzt, muss der Natur etwas zurückgegeben werden, z. B. indem eine Hecke aus heimischen Gehölz angelegt wird. Davon zu unterscheiden sind Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Wird zum Beispiel eine artenreiche Blumenwiese abgetragen, um darunter Schotter abzubauen, muss zuerst der Samen gesammelt und nach dem Auffüllen der Grube wieder ausgesät werden. Das Gesetz sieht allerdings keine Details zu Maßnahmen für den Ausgleich und die Wiederherstellung vor. Sie sollen durch eine Durchführungsverordnung geregelt werden, d.h. außerhalb der Debatte des Landtags“, so Florian Trojer, Geschäftsführer des Heimatpflegeverbands. Die Umweltverbände fordern daher, dass die Abbaugebühr auch tatsächlich der Natur zugutekommt und das Gesetz bereits die Eckpunkte regelt.

“Sanktionen zu niedrig”

“Die im Gesetz vorgesehenen Strafen bei Abbau ohne Genehmigung oder im Widerspruch zum genehmigten Projekt fallen sehr gering aus. Zum Beispiel: Stellt der Betreiber der Grube das Gelände nicht vorgesehen wieder her, wird eine Geldstrafe zwischen 1.000 und 6.000 Euro fällig. Die Sanktionen für einen Abbau ohne Ermächtigung liegen zwischen 3.200 und 25.000 Euro – und stehen damit nicht in Relation zum tatsächlichen Wert des Materials. Wir fordern daher eine Strafzahlung, die sich an den abgebauten Kubikmetern richtet“, so Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz. Ähnlich kritisch werden die Bestimmungen zu den Kautionen gesehen. Diese werden nur alle zehn Jahre an den ISTAT-Index angepasst. Ein Rechenbeispiel: 100.000 Euro haben nach neun Jahren bei einer Inflation von 6 Prozent nur mehr einen Wert von 46.000 Euro. Die Kosten für die Wiederherstellungsmaßnahmen werden hingegen Jahr für Jahr teurer.

Von: luk

Bezirk: Bozen