Gegen aktuelle und ehemalige Vorstände

BBT: Ermittlungen gegen Vorstände wegen Auftragsvergaben

Freitag, 30. Juni 2023 | 10:00 Uhr

Die europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) hat gegen die ehemaligen und aktuellen Vorstände der Errichtergesellschaft des Brennerbasistunnels (BBT SE) Ermittlungen aufgenommen. Grund dafür sind laut “Tiroler Tageszeitung” (Freitagsausgabe) Leistungen und Zusatzaufträge des abgeschlossenen Bauloses “H33 Tulfes-Pfons”, bei dem es zu Kostensteigerungen und Unstimmigkeiten zwischen den österreichischen und italienischen Vorständen gekommen war.

Für die Errichtung des Bauloses wurden nämlich nicht wie angenommen Gesamtkosten von 380 Mio. Euro sondern rund 600 Mio. Euro fällig. Die Staatsanwaltschaft Bozen hatte in der Causa bereits vor vier Jahren Ermittlungen aufgenommen, die sie laut “TT” nun offenbar an die EPPO in Venedig abgetreten hatte.

Beim Baulos hatten sich aufgrund der geologischen Verhältnisse Umplanungen ergeben, die für zusätzliche Arbeiten sorgten. Für den ehemaligen italienischen BBT-Vorstand Raffaele Zurlo hätte die bauausführende Arbeitsgemeinschaft (ARGE) die Arbeiten automatisch übernehmen sollen. Der österreichische Ex-Vorstand Konrad Bergmeister sah dies jedoch anders, demnach war eine neue Beauftragung an die bereits bauausführende ARGE mit Beschlüssen der Aufsichtsorgane möglich.

Dies habe auch die “Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft” des Bundes geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass man sich im vom BBT-Aufsichtsrat abgesteckten Rahmen bewege, hieß es. Trotzdem wurden nun Ermittlungen eingeleitet, seitens der BBT SE wurde dies auch offiziell bestätigt: “Diese betreffen Leistungen im vormaligen Baulos ‘H33 Tulfes-Pfons’, die seit 2015, auch durch Zusatzaufträge, an die ausführende Arbeitsgemeinschaft vergeben wurden.” Die Arbeiten am Baulos wurden 2021 fertiggestellt, beim nachfolgenden Baulos “Sillschlucht-Pfons” erfolgte erst in dieser Woche die Andrehfeier.

Die Zusammenarbeit zwischen Bergmeister und Zurlo war indes nicht immer harmonisch. Bergmeister, der von 2006 bis 2019 Vorstand war, nannte bei seinem Abschied auch Differenzen zwischen den beiden Vorständen als Grund für sein Ausscheiden. Er wollte sich mit einer Statutenänderung vom italienischen Vergaberecht abkoppeln. Als Nachfolger wurden schließlich Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola bestellt.

Der BBT geht voraussichtlich im Jahr 2032 in Betrieb. Erst im Mai war erneut eine Kostensteigerung bekannt geworden. Die Gesamtprojektkosten dürften sich nun auf rund 10,5 Mrd. Euro belaufen, bis dahin war man von 9,6 Mrd. Euro ausgegangen. Grund dafür sei die Inflationsentwicklung, hieß es.

Von: apa