Traumapädagogik – Alltag im Südtiroler Kinderdorf

Die blauen Flecken der Seele behandeln

Mittwoch, 22. November 2017 | 15:54 Uhr

Brixen – Tobende Kinder und Jugendliche, zerstörte Möbel, eingeschlagene Türen, abgeschlagene Autospiegel oder herausgerissene Sträucher, dies ist auch Teil des Alltags im Südtiroler Kinderdorf. Warum? Sehr viel Kinder und Jugendlichen, die dort vom Gericht fremduntergebracht sind, waren traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt. Diese Verletzungen finden ihren Ausdruck oft in einem Verhalten, das auffällt. Um diese verletzten Kinder und Jugendlichen gut zu begleiten und den erlebten Traumata entgegen zu wirken, muss das Personal im Südtiroler Kinderdorf bestens ausgebildet sein.

Südtiroler Kinderdorf

Heute fand für die Mitarbeitenden im Südtiroler Kinderdorf eine Fachtagung zum Thema „Traumapädagogik“ statt. Kolleginnen und Kollegen frischten seit Jahren angewandtes Wissen auf und ergänzten es mit neuen Inputs. 2012 wurde ein „traumapädagogischer Werkzeugkoffer“ entwickelt, der Methoden enthält, mit denen die Erzieher mit den betreuten Kindern und Jugendlichen in der Gruppe oder Einzeln arbeiten können, um ihnen dabei zu helfen, mit den erlebten Traumata fertig zu werden. Dazu gehört in erster Linie der Aufbau von zuverlässigen, vertrauensvollen Beziehungen, die Einführung von klaren Strukturen im Alltag, an denen sich die Betreuten orientieren können und emotionale Zugewandtheit. So wird für die Betreuten jungen Menschen ein – auch gefühlsmäßig – sicherer Ort geschaffen.

Das oben erwähnte zerstörerische und aggressive Verhalten der Kinder und Jugendlichen ist eine sinnvolle Reaktion auf abnormale und zutiefst verstörende Erlebnisse in ihrer Vergangenheit, auch wenn sich uns der Sinn nicht unmittelbar erschließt. Durch die traumapädagogische Arbeit im Kinderdorf, werden die Mitarbeiter darin geschult dieses Verhalten als Ausdruck einer tiefen Verzweiflung zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Ohne fachliche Kompetenz wäre das Verhalten der Betreuten nicht nachvollziehbar, würde die Mitarbeiter verstören und den Aufbau von Beziehungen sehr schwer machen. Neben der traumapädagogischen Arbeit mit den Kindern, ist es deshalb genauso wichtig, dass die Mitarbeiter ihre Psychohygiene pflegen, in Form von Supervisionen, Fortbildungen und kollegialen Besprechungen, denn Traumata sind ansteckend.

Fortgebildet werden im Kinderdorf nicht nur die Erzieher, sondern auch Mitarbeitende der Verwaltung und Hausmeister, denn auch diese brauchen einen fachlichen Einblick in die Materie, um zu verstehen, warum die betreuten Kinder und Jugendlichen sich so verhalten.

Ziel der Traumapädagogik ist es, dem traumatisierten Kind dabei zu helfen, wieder ein Grundvertrauen in sich selbst, andere Menschen und das Leben zu entwickeln.

Von: mk

Bezirk: Bozen