Von: mk
Bozen – Giuseppe Gallone ist 61 Jahre alt und stammt aus Kalabrien. Er wuchs in der Schweiz auf und zog als Erwachsener nach Südtirol. Vor Corona hatte er alles, was er sich nur wünschen konnte: Aufgewachsen in einer Familie aus Schuhmachern, hatte er sich seinen Kindheitstraum erfüllt und denselben Beruf ergriffen. In seinem Betrieb war er König und er hatte ein schönes Appartement in Bozen gemietet. Doch dann kamen die Lockdowns.
„Ich war nicht reich, doch ich lebte gut. Durch Corona habe ich alles verloren. Für mich war es sehr hart, bei der Caritas um Hilfe und um ein Bett zum Schlafen zu bitten“, erklärt Gallone laut einem Bericht der italienischen Tageszeitung Alto Adige. Er hatte den Tiefpunkt erreicht, doch das Leben meinte es gut ihm und bot ihm eine zweite Chance: Seit einem Jahr arbeitet er als Nachtportier im Hotel Laurin in Bozen.
Elf Jahre lang hatte der 61-Jährige in Südtirols Landeshauptstadt als Schuhmacher gearbeitet. Als im Februar 2020 die Pandemie auch ihren Schatten über unser Land warf, wollte er zunächst nicht aufgeben. Der Vermieter seines Geschäfts versuchte, ihm entgegen zu kommen, wo er nur konnte. Kunden steckten ihm anonym Umschläge mit Geld in den Briefkasten. Doch letztendlich hat nichts geholfen. Weil er in Bozen nicht ansässig war, sondern dort nur sein Domizil und sein Steuerdomizil dort hatte, fiel er auch bei der Unterstützung seitens der öffentlichen Hand durch den Rost.
Eine Frau half ihm bei der Lagerung seiner Ausstattung in einem Magazin. Sechs Monate zahlte sie ihm die Miete dafür. Doch auch das war letztendlich vergebens. Schließlich musste er bei der Caritas anklopfen. „Das war ein schwerer Schlag für mich, ich fühlt mich in meiner Würde getroffen“, erzählt der 61-Jährige. Im Haus Freinademetz in Haslach wurde ihm ein Bett zur Verfügung gestellt. „Für mich war das ein Albtraum. Ich hatte Angst, dass ich es nicht schaffen würde.“
Schließlich erfuhr er von einem Kurs, um sich als Hotelportier ausbilden zu lassen. „Ich hatte das noch nie gemacht, doch in diesem Moment kam für mich alles infrage, nur um wieder arbeiten zu dürfen“, erzählt der 61-Jährige. Sein neuer Beruf gefiel ihm – und noch mehr freute er sich, als er vor einem Jahr die Chance erhielt, als Nachtportier im Laurin anzufangen. „Ich stellte fest, dass es nicht nur darum geht, Türen zu öffnen und zu schließen. Mir eröffnete sich eine neue Welt“, betont Giuseppe Gallone.
Hilfe für andere
Er schätzt sich glücklich, dass er gemeinsam mit seiner Familie neu anfangen durfte. Deshalb hat er beschlossen, jenen etwas zurück zu geben, die nichts haben. „In Südtirol und in Bozen wird viel unternommen, um Migranten und Flüchtlingen zu helfen. Das muss man anerkennen. Doch die Betroffenen müssen sich oft mit bürokratischen Hürden auseinandersetzen“, erklärt Gallone. Bis jemand in einem Bett schlafen kann, dauere es oft eine Woche oder sogar zehn Tage. In der Zwischenzeit müssen die Betroffenen auf offener Straße oder unter einer Brücke übernachten. „So haben wir zum Beispiel ein Paar bei uns aufgenommen, das verzweifelt war“, erklärt Gallone. Oft brauche es nicht viel, auch kleine Gesten würden zählen. „Manchmal reicht ein warmes Essen, ein Gruß, zwei Worte.“ Angesichts der anstehenden Kälte hat Gallone zehn Schlafsäcke gekauft, die er Obdachlosen schenkt, die auf der Warteliste für ein Bett stehen.