Informatiksysteme auf der Anklagebank

Keine einheitliche Software: Schuld am Tod des Radfahrers?

Dienstag, 31. Januar 2017 | 12:00 Uhr
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Von: mk

Bozen – Dass die Informatiksysteme im Südtiroler Sanitätsbetrieb nicht vereinheitlicht sind, ist meistens nur Thema im Betrieb selbst und in der Politik. Im Zusammenhang mit dem Tod eines jungen Radfahrers übt nun auch das Bozner Landesgericht herbe Kritik: Unter Umständen könne das System sogar lebensgefährlich sein, schreibt Richter Emilio Schönsberg laut einem Bericht des Tagblatts Dolomiten.

Im Jahr 2014 kam es in der Meraner Gegend zu einem schweren Zusammenstoß zwischen einem jungen Radfahrer und einem Auto, wobei der Radfahrer beim Aufprall schwere Verletzungen im Bereich des Brustkorbs erlitt.

Zwar tauchte ein Rettungswagen samt Notarzt vom Meraner Krankenhaus sehr schnell am Unfallort auf. Laut einer Rekonstruktion der Staatsanwaltschaft kam es dann aber zu Verzögerungen – möglicherweise wegen dem Fehlen einer einheitlichen Software.

Nach den ersten Untersuchungen und Behandlungen am Unfallort ließ der Notarzt den Verunglückten ins Meraner Krankenhaus bringen. Das Meraner Krankenhaus verfügt zwar über ein Traumacenter, nicht aber – wie etwa Bozen – über eine Abteilung für Thoraxchirurgie.

Am Meraner Traumacenter in Meran wurde der junge Mann genau untersucht und man stellte fest, dass die Verletzungen des jungen Mannes sehr schwer waren. Die Meraner Ärzte mussten darauf ihren Kollegen von der Bozner Thoraxchirurgie die genauen Untersuchungsergebnisse mitteilen, um abzuklären, ob eine Verlegung nach Bozen nötig ist. Weil die Gesundheitsbezirke auch heute noch – anders als etwa in Trient – keine einheitliche Software verwenden, war die Datenübermittlung kompliziert und langwierig.

Mehr als eine Stunde soll vergangen sein, bevor der Verletzte schließlich nach Bozen gebracht wurde. Trotz Operation konnte sein Leben nicht mehr gerettet werden.
Nach einer Anzeige der Angehörigen leitete die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen den Notarzt, in die Wege, um herauszufinden, ob er es versäumt habe, den Patienten gleich nach Bozen bringen zu lassen oder gar den Rettungshubschrauber dafür anzufordern.

Richter Emilio Schönsberg kam nun zum Schluss, dass der Arzt strafrechtlich keinen Fehler begangen hat. Das Verfahren wurde eingestellt. Mit ein Grund dafür war: Kein Gutachter kam zum Schluss, dass man den jungen Mannes definitiv hätte retten können, wenn er früher operiert worden wäre.

Der Richter übte in seinem Urteil jedoch heftige Kritik am Umstand, dass die Informatiksysteme der Gesundheitsbezirke nicht kompatibel sind. Im Zweifelsfall seien solche Verzögerungen für Patienten tödlich.

Bezirk: Bozen, Burggrafenamt