Von: idr
New York – Der Fall Luigi Mangione nimmt immer absurdere Züge an: Auf der chinesischen Shopping-Plattform Shein war kürzlich ein Hemd mit dem Konterfei des Mannes zu finden, der wegen des Mordverdachts am United-Healthcare-Chef Brian Thompson seit Ende 2024 in Untersuchungshaft sitzt. Das Hemd war sofort ausverkauft und ist nur die jüngste Episode in der absurden Heldenverehrung eines Angeklagten in einem Mordfall.
Was als Mordfall begann, entwickelt sich zu einem bizarren Internet-Phänomen: Luigi Mangione, der mutmaßliche Mörder des nicht unkontroversen Chefs der größten privaten Krankenversicherung der USA, United Healthcare, Brian Thompson, sitzt seit dem 9. Dezember 2024 im Gefängnis. Seit dem Mord hat sich Mangione als eine Art Freiheitskämpfer für den kleinen Mann erkoren: jung, clever, gutaussehend und gegen „die da oben“. Memes, Lobpreisungen und Merchandise waren die Folge.
Nun avanciert er zum unfreiwilligen Werbeträger: Auf der chinesischen E-Commerce-Plattform Shein erschien kürzlich ein Blumenhemd, das den 26-Jährigen mit italienischen Wurzeln als Model zeigte. Ob per Photoshop oder künstlicher Intelligenz erstellt, ist nicht bekannt. Das Kleidungsstück für weniger als zehn Dollar war binnen kürzester Zeit ausverkauft, wie das US-Magazin „TMZ“ berichtete. Shein reagierte zu spät, aber entfernte den Artikel aus dem Online-Shop.
Vom Mordverdächtigen zum Internetidol
Die Verehrung für den mutmaßlichen Killer geht dabei weit über bloße Online-Aktivitäten hinaus. Junge Amerikaner pilgerten sogar nach Hawaii, um an derselben Aussichtsstelle zu posieren, an der sich Mangione Jahre zuvor hatte fotografieren lassen. Besonders skurril sind die zahllosen Memes, in denen Internet-Nutzer scherzhaft Alibis für den Angeklagten erfinden. „Um 6.44 Uhr Ostküstenzeit am 4. Dezember 2024 haben Luigi und ich als Models für Shein gearbeitet“, witzelt ein Reddit-User.
Prozessbeginn im September geplant
Während das Internet weiterhin Witze macht, bereitet sich Mangiones Anwaltsteam auf den Ernst der Lage vor: Am 16. September beginnt der erste von drei Prozessen gegen den 26-Jährigen vor einem New Yorker Staatsgericht. In einem der Verfahren droht ihm sogar die Todesstrafe. Eine der häufigsten Fragen, die die Anwälte auf ihrer Homepage gestellt bekommen, ist dennoch, wie Sympathisanten Briefe an ihren Mandanten schicken können, denn Mangiones Fall wird oft als Symbol für den Widerstand gegen das amerikanische Gesundheitssystem gedeutet.
Der Fall wirft grundlegende Fragen über die Macht sozialer Medien auf: Wie kann ein mutmaßlicher Mörder zum Internetstar werden? Und was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn Gewalt derart verharmlost oder sogar gefeiert wird? Während Mangione hinter Gittern auf seinen Prozess wartet, wächst sein ungewollter Online-Ruhm weiter.
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