Von: ka
Palmoli/L’Aquila – Das Ehepaar Trevallion-Birmingham, das zusammen mit seinen drei Kindern die inzwischen in Italien berühmte „Waldfamilie“ bildet, möchte seine Kinder so schnell wie möglich wieder in die Arme schließen. Die Rückkehr von Utopia Rose und den Zwillingen Galoran und Blubell, die zunächst in einem Bauernhaus bei Palmoli und nun in einem geschützten Heim wohnen, zu ihren Eltern ist jedoch noch in weiter Ferne. Der Grund dafür ist, dass die drei Kinder einen großen schulischen Rückstand haben. Das könnte der größte Stolperstein für eine baldige Wiedervereinigung sein.
Die Betreuerin, die sich um die Kinder kümmert, erklärte, dass die Geschwister nicht lesen können und die Älteste nur ihren Namen nach Diktat schreiben kann. „Die drei Kinder kennen nicht einmal das Alphabet. Die Älteste kann gerade einmal ihren Namen schreiben. Der Bericht, den ich verfassen werde, wird im Interesse der Kinder sein“, betonte sie. Doch Zusagen von Catherine Birmingham und Nathan Trevallion sollen das Jugendgericht milde stimmen.
In den Tagen vor der für den 16. Dezember angesetzten Anhörung vor dem Berufungsgericht von L’Aquila, in der über eine mögliche Zusammenführung der Familie Trevallion entschieden werden soll, kommen bedenkliche Details über die schulische Erziehung der drei Kinder ans Licht.
Laut Angaben von Catherine Birmingham und Nathan Trevallion wurden ihre Kinder mit Unterstützung einer Lehrerin zu Hause unterrichtet. Das Recht auf Heimunterricht ist zwar im italienischen Gesetz verankert, allerdings muss es sich dabei um eine rein häusliche Unterrichtsform handeln, die parallel zum regulären Schulunterricht stattfindet und den Kindern den Anschluss an die Schule ermöglicht. Nach Angaben der Vormundin der Kinder, Maria Luisa Palladino, scheint dies bei den drei Kindern des Ehepaars Trevallion-Birmingham – der achtjährigen Ältesten, Utopia Rose, und ihren sechsjährigen Zwillingsbrüdern Galoran und Blubell – überhaupt nicht der Fall zu sein.

„Sie können noch nicht lesen, sie lernen gerade erst das Alphabet. Das älteste Mädchen kann unter Diktat lediglich ihren Namen schreiben. In dem geschützten Wohnheim malen sie, setzen Puzzles zusammen, sozialisieren sich mit Gleichaltrigen und beginnen zu verstehen, dass die Tätigkeiten, die sie ausführen, in ihrem eigenen Interesse sind. Es gibt jedoch positive Anzeichen. Der Bericht, den ich verfassen werde, wird im Interesse der Kinder sein“, betont Palladino. Zudem fällt auf, dass den drei Geschwistern die nötigen Italienischkenntnisse fehlen.
Diese schulischen Aspekte sind im Berufungsverfahren der „Waldkindereltern“ gegen die Entscheidung des Jugendgerichts L’Aquila, die elterliche Sorge zu entziehen, sicherlich kein nebensächliches Detail. Vielmehr handelt es sich um ein entscheidendes Kriterium, das aufzeigt, wie gründlich die Jugendrichter alle Aspekte im Zusammenhang mit dem angeblich vorhandenen Heimunterricht – dem sogenannten Unschooling – der drei Kinder geprüft haben. Sie haben den eklatanten Bildungsrückstand als nachteiligen Aspekt der von den Trevallions gewählten Isolation hervorgehoben. Um eine Familienzusammenführung zu erreichen, gibt es demnach zwei Hürden zu überwinden. Eine erfolgreiche schulische Bildung und die Sozialisierung der drei „Waldkinder“.
Positiv anzumerken ist jedoch auch, dass die „Waldkindereltern“ mit Unterstützung des Bürgermeisters von Palmoli, Giuseppe Masciulli, auf dem Weg zu einer Lösung sind. In den letzten Tagen hat das Ehepaar Trevallion-Birmingham die Unterstützung der Lehrerin Rossella D’Alessandro erhalten. Sie wird sich um die schulische Ausbildung der Kinder kümmern. Sie sagte, sie sei „glücklich, ihnen helfen zu können”, und hoffe, die Kinder zusammen mit den anderen Kindern, die sie betreut, in die Nachmittagsaktivitäten einbeziehen zu können.
Ihre Aufgabe wird es sein, das Bildungsprogramm des Heimunterrichts mit dem der öffentlichen Volksschule in Einklang zu bringen. Zudem sollen die Kinder in den nächsten Tagen Auffrischungsimpfungen erhalten und von einem Facharzt für Kinderneuropsychiatrie untersucht werden.
Nachdem den Trevallions die elterliche Sorge entzogen worden war, erfuhren sie viel Solidarität. Freunde, Nachbarn und der Bürgermeister von Palmoli, Giuseppe Masciulli, bemühten sich um Lösungen. So wurde Nathan Trevallion beispielsweise kostenlos in einem Bauernhaus untergebracht, bis sein eigenes Haus renoviert und an die gesetzlichen Anforderungen für die Bewohnbarkeit angepasst ist. Hier kam die Großzügigkeit des Gastronomen Armando Carusi zum Tragen. Giuseppe Masciulli übernahm die Kosten für die Unterbringung der Kinder im geschützten Wohnheim in Höhe von 244 Euro pro Tag.
Die Familie Trevallion-Birmingham wünscht sich, ihre Kinder noch vor Weihnachten wieder in die Arme schließen zu können. Ob dies so schnell möglich sein wird, hängt von der Entscheidung der Jugendrichter ab. Doch am Ende des Tunnels scheint viel Licht. Alle Voraussetzungen für ein Happy End scheinen gegeben.




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