Von: mk
München/Bozen – Die Strafprozesse wegen übler Nachrede gegen Pestizidkritiker aus Deutschland und Österreich werden, anders als von der Südtiroler Landesregierung angekündigt, am 28. Mai voraussichtlich weitergehen. Auf der Anklagebank sitzen bekanntlich Karl Bär, der Agrarreferent des privaten Vereins „Umweltinstitut München e.V.“ und gegen den Buchautor Alexander Schiebel.
Das Gericht in Bozen hatte den Klägern – unter anderem dem Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler – nach mehreren Verschiebungen bis zum 28. Mai Zeit eingeräumt, Vollmachten von mehr als 1370 klagenden Obstbauern und -bäuerinnen einzusammeln. Nur wenn alle Vollmachten vorliegen, könnten auch alle Anzeigen wegen übler Nachrede zurückgezogen und damit die Prozesse beendet werden, erklärt das Umweltinstitut München in einer Presseaussendung.
Den Rückzug aller Anzeigen hatte Schuler bereits im September 2020 angekündigt. Allerdings haben nun laut Medienberichten mindestens zwei der Anzeigensteller angekündigt, die benötigte Vollmacht nicht zu unterzeichnen. Damit werden die Prozesse in Südtirol voraussichtlich fortgeführt.
“Kritik ist das Salz der Demokratie: Die Debatte über Pestizide in ein Strafgericht zu verlegen, ist ein schlechtes Zeichen für eine Gesellschaft. Die Kläger sollten dies berücksichtigen. Wir haben keine Angst, Sachverständige als Zeuginnen und Zeugen über den Wahrheitsgehalt der Pestizidkritik in einer öffentlichen Verhandlung aufzurufen”, erklärt Rechtsanwalt Nicola Canestrini, der die Angeklagten vor Gericht verteidigt.
Anlass der Klage gegen Karl Bär vom Umweltinstitut München war die provokative Kampagne „Pestizidtirol“ im Sommer 2017. In deren Rahmen platzierte der Münchner Verein ein Plakat in der bayerischen Hauptstadt, das eine Tourismus-Marketing-Kampagne für Südtirol satirisch verfremdete. Zusammen mit einer Website hatte die Kampagne zum Ziel, den hohen Pestizideinsatz anzuprangern.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa handelt es bei den zwei Anzeigestellern um einen Bauern und seinen Bruder. Landesrat Arnold Schuler zeigt sich allerdings zuversichtlich, dass noch vor Prozessbeginn eine Lösung gefunden wird.