Von: luk
Bozen – Gewalt gegen Mädchen und Frauen hat viele Gesichter. Sie geschieht täglich und überall, auch und immer öfter in Südtirol. Oft ist sie unsichtbar. Mädchen und Frauen sind ihr häufig über Jahre, Jahrzehnte oder gar ein ganzes Leben lang ausgeliefert.
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am Sonntag, den 25. November erzählt die Tageszeitung Alto Adige die Geschichte einer 24-jährigen Südtirolerin, die für fast vier Jahre ihrem gewalttätigen Lebenspartner ausgeliefert war.
Es ist eine Geschichte geprägt von Scham, Hoffnung und es ist eine Geschichte des Schönredens.
Als der Mann – der über 40 Jahre alt ist – sie in der Schwangerschaft in den Bauch geschlagen hatte, wurde das Ende der Leidensgeschichte der jungen Frau eingeläutet. Im Krankenhaus verständigten die Ärzte die Sozialdienste. Nach der Geburt ihrer Tochter kam die Mutter mit ihrem Kind in einer geschützten Einrichtung unter.
In Therapiesitzungen gelang es der 24-Jährigen, über die schlimmen Ereignisse zu sprechen und sich für einen neuen Lebensabschnitt vorzubereiten. Heute sagt sie, nie wieder eine Beziehung zu akzeptieren, in der ein Partner mit Gewalt den anderen zu dominieren versucht. Betroffenen von Frauengewalt rät sie, keinen Tag abzuwarten und den Partner sofort anzuzeigen.
Das habe sie verpasst. Mit 19 Jahren habe sie sich in den damals 40-Jährigen verliebt. Sie seien zusammengezogen, das erste Jahr war wunderbar. Dann begann er, sich zu verändern. Als er am Wochenende von der Arbeit kam, wurde sie ausgefragt, was sie währenddessen alles gemacht habe, wen sie getroffen habe. „Er war eifersüchtig und hat getrunken. Im Rausch sind erste Schläge gefallen“. Sie habe sich eingeredet, dass er sich wieder besinne. Doch dazu kam es nicht. Aber auch wenn die Frau jedes Wochenende Gewaltepisoden erleben musste, gelang es ihr nicht, sich von ihm zu trennen, wie sie erzählt.
Noch dazu habe sie blaue Augen und Flecken vor anderen zu kaschieren versucht, Ausreden erfunden und alles bagatellisiert – auch vor Ärzten, Nachbarn und der Polizei. Die Scham, dass ihr das passiert sei, habe da eine Rolle gespielt.
Wie die Frau weiter erzählt, habe sie sich manchmal tot gestellt, so habe ihr Partner früher von ihr abgelassen. Sie bringt dabei das Beispiel von der Katze, die die Maus quält, aber nicht tötet, denn dann wäre die Dominanz dahin.
Heute blickt die 24-Jährige mit andern Augen auf die vergangenen Jahre. Sie hat sich emanzipiert und den Mut gefunden, ihre Geschichte in einem Interview aufzuarbeiten.
Ein Annäherungsverbot verhindert, dass der Vater ihrer Tochter sie aufsucht. Er darf sein Kind nur unter Aufsicht der Mitarbeiter des Sozialdienstes sehen. Geld für den Unterhalt zahle er nicht. Die 24-Jährige blickt nun aber ohnehin nach vorne.