Bub aus Bruneck gestorben

Staatsanwaltschaft will Verfahren nach Tod eines Dreijährigen einstellen

Mittwoch, 09. Juli 2025 | 08:06 Uhr

Von: mk

Bruneck – Nach dem Tod eines dreijährigen Jungen in Bruneck am 26. Dezember 2024 hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gestellt. Die Mutter war ins Ermittlungsregister wegen Totschlags in Zusammenhang mit familiärer Misshandlung eingetragen worden. Nun muss der Untersuchungsrichter entscheiden, ob er dem Antrag stattgibt.

Das Kind sei infolge eines Unfalls gestorben, heißt es in der Begründung der Staatsanwaltschaft. Der Tod sei demnach nicht auf eine gewaltsame Handlung seitens der Mutter oder anderer Personen zurückzuführen.

Ursprünglich hatten blaue Flecke und Hämatome am Körper des Jungen Zweifel bei den Ermittlern geweckt, berichtet die italienische Zeitung Alto Adige. Ärzte im Bozner Krankenhaus, wo der Dreijährige kurz vor seinem Tod eingeliefert worden war, hatten die Staatsanwaltschaft verständigt.

Die Mutter, die aus Pakistan stammt, hatte am 23. Dezember 2024 die Carabinieri alarmiert und von einem Sturz ihres Sohnes in der Wohnung der Familie im Zentrum von Bruneck berichtet. Weil sich der Zustand des Kindes verschlechterte, wurde es vom Brunecker Krankenhaus mit dem Hubschrauber ins Spital nach Bozen verlegt.

Die Mutter erklärte die blauen Flecke mit ihren verzweifelten Versuchen, den Bub wiederzubeleben. Trotz eines delikaten chirurgischen Eingriffs konnte das Leben des Kindes nicht mehr gerettet werden.

Weil die Frau sich zum Zeitpunkt des Vorfalls allein mit dem Kind in ihrer Wohnung aufgehalten hatte, konzentrierten sich die Ermittler auf sie. Zwei weitere ihrer Kinder – ein Neugeborenes und ein älterer Sohn – sind auf Anweisung des Jugendgerichtes über Monate hinweg von den Sozialdiensten betreut worden. Seit April waren sie bei einer Genossenschaft in der Obhut von Erziehungsexperten untergebracht. Auf Antrag des Strafverteidigers leben die Kinder nun wieder zu Hause bei der Familie.

Im Rahmen der Autopsie, an der mehrere Gutachter beteiligt waren, wurde festgestellt, dass die blauen Flecke sowohl von Wiederbelebungsmaßnahmen als auch von der herkömmlichen motorischen Aktivität eines dreijährigen Kindes herrühren. Auch aus Abhörprotokollen der Carabinieri geht laut Bericht hervor, dass sich die Mutter ihrem Kind gegenüber nicht gewalttätig verhalten habe.

Nachbarn der Familie bestätigten den Ermittlern gegenüber ebenfalls, dass nie Streit oder verdächtige Geräusche aus der Wohnung zu hören gewesen seien, die auf familiäre Misshandlung hinweisen würden.

Wörtlich teilt die Staatsanwaltschaft in einer Aussendung mit:

Hinsichtlich des verdächtigen Todes eines dreijährigen Kindes, der sich am 26. Dezember 2024 ereignet hatte, wird hiermit Folgendes bekannt gegeben.

Genanntes Verfahren wurde von einer Mitteilung der Nachricht über eine strafbare Handlung vom 24. Dezember 2024 seitens der Carabinieribeamten ausgelöst, die am Abend des vorhergehenden Tages nach einem Unfall bei der Wohnung der Familie des Minderjährigen eingeschritten waren.

Aufgrund des ernsthaften Krankheitsbildes wurde der Minderjährige auf die Intensivstation des Bozner Krankenhauses verlegt, wo er diagnostischen Tests und eingehenden Untersuchungen unterzogen wurde.

Die behandelnden Ärzte stellten mehrere Verletzungen fest, die das Kind bereits vor der am Abend vom 23. Dezember erlittenen Kopfverletzung zugezogen hatte. Sie vertraten die Auffassung, dass diese nicht auf einen zufälligen Sturz zurückzuführen seien, sondern wahrscheinlich durch Schläge und Misshandlungen verursacht worden seien.

Aus diesem Grund wurden umgehend gründliche Ermittlungen eingeleitet, wobei die Mutter des Kindes, die zum Zeitpunkt des Vorfalls anwesend war, in das Register für die Nachrichten über strafbare Handlungen eingetragen wurde. Außerdem wurden Verwandte, Nachbarn, Lehrer und Ärzte, die das Kind behandelt hatten, als Auskunftspersonen befragt. Keiner von ihnen berichtete von Verdachtsvorfällen.

Am 30.12.2024 wurde außerdem die Obduktion des Leichnams des Kindes in Anwesenheit der Verteidigung und des von dieser bestellten Parteisachverständigen vorgenommen. Der beauftragte Gerichtsmediziner gab in seinem vorläufigen Bericht vom 02.01.2025 ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit ausgedehnten subduralen Blutungen” als Todesursache an, wobei die Hypothese eines gewaltsamen mechanischen Erstickungstodes” auch auszuschließen war.

Im April legte der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Pathologe seinen Bericht vor, in dem er feststellte, dass die biologische Ursache und die Art des Todes von HUSSAIN Muhammad auf die “terminalen pathophysiologischen Folgen eines sehr schweren Schädel-Hirn- Traumas, das durch die Bildung einer großen akuten bihemisphärischen subduralen Blutung gekennzeichnet war, die durch einen außerklinischen Herzstillstand (OHCA), intrakraniale Hypertonie, Hypoxie und die Entwicklung zum Hirntod kompliziert war” zurückzuführen sind. Gemäß dem Bericht lässt sich die Komplexität der Schädel-Hirn-Prellung “als eindeutiger Hinweis auf einen traumatischen Ursprung des Vorfalls interpretieren, der zeitlich unmittelbar vor dem Eingreifen des Rettungsdienstes liegt”.

Was die Rekonstruktion des Unfallhergangs anbelangt, stellte der Pathologe fest, dass die Schädel-Hirn-Trauma-Befunde “voll und ganz mit einer Dynamik vereinbar sind, die bei einem energiereichen Aufprall der vorderen Schädelregion gegen starre physische Mittel mit anschließendem Rückwärtssturz auf den Boden und Aufprall auf die Hinterhauptsregion des Kopfes auftreten kann”, während die zahlreichen äußeren Verletzungen am Körper des Opfers größtenteils von gewisser iatrogener Natur und somit eine Folge der Rettungseinsätze während des Unfalls waren. Die übrigen festgestellten Verletzungen waren allesamt geringfügig und entsprachen kleineren Traumata, die bei typischen Kinderaktivitäten auftreten. Letztlich schloss der Gerichtsmediziner Spuren von Misshandlungen am Körper des Minderjährigen aus.

Aufgrund der zahlreichen im Laufe der Ermittlungen gesammelten Informationen, die alle darauf hindeuten, dass die Verletzungen, die das Kind erlitten hat und die zu seinem Tod geführt haben, auf einen tragischen Unfall zurückzuführen sind, hielt die Staatsanwaltschaft die Notitia criminis für unbegründet und beantragte die Archivierung des Strafverfahrens, da bei der Person, die den Erhebungen unterworfen ist, keine Anzeichen für eine Misshandlung oder gar ein Schuldprofil festgestellt werden konnten.

Bezirk: Pustertal

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