Mega-Schutzengel

Südtiroler haben Horror-Beben in Marokko überlebt

Sonntag, 10. September 2023 | 10:30 Uhr

Von: mk

Bozen/Marrakesch – Mehrere Südtiroler, die sich derzeit in Marokko aufhalten, haben das Horror-Beben am Freitag hautnah miterlebt. Wie durch ein Wunder blieben sie unverletzt. Insgesamt gibt es mittlerweile über 2.000 Todesopfer.

Bergrettungspräsident Giorgio Gajer hielt sich mit seiner Familie in Marrakesch auf – nur wenige Kilometer von Epizentrum entfernt. Der erste Erdstoß hat ihn im Schlaf überrascht. „Wir übernachteten im fünften Stock eines Hotels, als wir gegen 23.00 Uhr ein äußerst heftige Erschütterung spürten“, berichtet Gajer.

Die Leute seien die Treppe runter gelaufen. Manchen waren nicht mal richtig angezogen. „Wir verbrachten die Nacht im Garten des Hotels und schliefen auf Decken. Wir fürchteten uns vor weiteren Erdstößen“, so der Präsident des Bergrettungsdienstes.

Der österreichische Unternehmer Farid Kachoun hat das verheerende Beben in Marokko in der Nacht auf Samstag hautnah miterlebt. “Ich bin gerade von der Arbeit in meine Wohnung heimgekommen. Dann hat plötzlich alles gewackelt”, schilderte der Betreiber eines Hotels in Marrakesch. “Es war laut, die Menschen haben geschrien”, so Kachoun zur APA. “Dann war das Internet weg, die Telefonverbindung weg und der Strom fiel aus”, sagte er über die unmittelbaren Momente nach dem Beben. “Ich bin dann sofort zurück zu meinen Gästen. Wir haben bis 03.00 Uhr in der Nacht draußen im Freien gewartet”, sagte der 57-Jährige. “Wir waren alle nervös.” Die Situation nach der Naturkatastrophe sei “unglaublich traurig”.

Walter Volani und Barbara Wiest aus Prissian befanden sich zum Zeitpunkt des ersten Bebens hingegen in Agadir. Nur wenige Stunden zuvor hielt sich das Ehepaar lediglich 30 Kilometer vom Epizentrum entfernt auf. Am Freitagnachmittag seien sie in der Nähe von Ighil im Süden von Marrakesch gewesen, erzählt Volani. Mit seiner Frau, die bei RAI Südtirol angestellt ist, macht er seit rund einer Woche in Marokko Urlaub und erkundet das Land mit einem Mietwagen.

„Wir suchten einen Ort zum Übernachten. Erst im letzten Moment entschlossen wir uns, weiter nach Agadir zu fahren“, so Volani. Wie die Zeitung Alto Adige schreibt, brachte sie diese Entscheidung in sichere Entfernung rund 100 Kilometer vom Epizentrum weg.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von der Katastrophe betroffen. Das Beben der Stärke 6,8 hatte am späten Freitagabend Panik ausgelöst. Ein Nachbeben mit einer Magnitude von 4,9 ereignete sich rund eine halbe Stunde nach Mitternacht mitteleuropäischer Zeit.

Laut der US-Erdbebenwarte USGS ereignete sich das Beben in einer Tiefe von 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind Experten zufolge besonders gefährlich. Die Zahl der Toten stieg nach Behördenangaben auf inzwischen 2.012. Mindestens 2.059 weitere Menschen wurden verletzt, mehr als die Hälfte davon schwer, wie marokkanische Medien in der Nacht auf Sonntag unter Berufung auf das Innenministerium berichteten.

Auch Volani und seine Frau haben die Erschütterung gespürt. „Unser Zimmer befand sich im dritten Stock des Hotels. Wir suchten Schutz unter den Türrahmen und warteten, bis es vorbei war. Anschließend liefen wir ins Freie.“

In der Zwischenzeit hatten sich die Straßen von Agadir gefüllt. Die Menschen flüchteten vor den Gebäuden. „Wir alle waren sehr erschrocken. Viele Personen verbrachten die Nacht im Freien auf der Strasße“, berichtet Volani.

Im Jahr 1960 hatte ein Erdbeben in Agadir das Leben von 10.000 Menschen gefordert. Dieses Mal wurde Marrakesch deutlich stärker getroffen. Wie das Südtiroler Ehepaar nach Hause zurückkommt ist derzeit noch unklar. Der Rückflug wäre von Marrakesch aus am kommenden Samstag geplant. Doch im Moment sind die Straßen alle noch gesperrt. „Die Bilder, die wir im Internet sehen, sind entsetzlich. Nur einen Tag zuvor haben wir Marrakesch besichtigt – eine wunderschöe Stadt, die nun zerstört ist“, erklärt Volani.

Solidarität in Bozen

In Bozen leben rund 1.500 Personen, die aus Marokko stammen. Dabei handelt es sich um die zweitgrößte Gemeinschaft an zugewanderten Migranten in Südtirols Landeshaupstadt nach Menschen aus Albanien. Stadträtin Chiara Rabini drückte der Community ihre Solidarität aus.

Samir Zine Sekali, Präsident der Gemeinschaft, erklärt, man stehe in ständigem Kontakt mit der Botschaft. Die ersten Nachrichten an Freunde und Verwandte sind bereits eingetroffen. Hilfsgüter werden organisiert. „Es ist eine enorme Tragödie. Wir müssen geschlossen bleiben“, so der Präsident.

Bezirk: Bozen, Burggrafenamt