Kalligraphisches Gutachten angeordnet

Testament zweimal gefälscht? – Rätselhafter Fall vor Gericht

Mittwoch, 05. Mai 2021 | 10:18 Uhr

Bozen – Aus dem eigenhändig geschriebenen Testament geht hervor, dass ein 30-Jähriger alleiniger Erbe zweier wohlhabender Schwestern ist, die mittlerweile beide verstorben sind. Andere wollen das aber nicht glauben. Nun steht er in Bozen vor Gericht, schreibt die Tageszeitung Alto Adige.

Der Mann wird beschuldigt, ein gefälschtes Testament fabriziert zu haben, das auf den 23. April 2014 datiert ist. Der letzte Wille ist bei einem Bozner Notar hinterlegt worden.

Der 30-Jährige, der asiatischer Abstammung ist, hatte von klein auf bei den Schwestern gelebt, obwohl es offiziell nie zu einer Adoption gekommen war. Richterin Carala Scheidle hat nun ein kalligraphisches Gutachten angeordnet, um zu bestimmen, um wessen Handschrift es sich auf dem Papier handelt.

Dem Dokument zufolge ist der Mann alleiniger Erbe einer Summe in Höhe von 315.329,65 Euro, die sich auf diversen Konten und Bankdepots befinden. Außerdem geht es um den Verkauf einer Garage in Bozen im Wert von 220.000 Euro, die einer der Schwestern gehörte, die zum damaligen Zeitpunkt noch gelebt hat, die mittlerweile allerdings ebenfalls verstorben ist.

Die Angelegenheit ist insofern relativ komplex, weil dem Mann vorgeworfen wird, insgesamt zweimal ein falsches Testament erstellt zu haben. In einem ersten Verfahren im Jahr 2018 ist der 30-Jährige im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs zu elf Monaten Haft verurteilt worden.

Da sie sich betrogen fühlten, haben die anderen Erben auf Grundlage dieses Urteils ein Zivilverfahren um Schadenersatz angestrengt, das immer noch anhängig ist. Der 30-Jährige selbst hat das Urteil aus dem Vergleich jedoch angefochten: Er warf seinem eigenen Anwalt vor, anhand einer Vollmacht vorgegangen zu sein, die ohne ausdrückliche Zustimmung seines Mandanten ein Verfahren im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs untersagt.

Das neue Gerichtsverfahren am Bozner Landesgericht betrifft den letzten Willen jener Schwester, die zuerst verstorben ist. Weil kein eigenes Testament gefunden worden war, war die zweite Schwester als natürliche Erbin angesehen worden. Nach einigen Jahren hatte der Angeklagte allerdings ein Verfahren angestrengt und behauptet, ein Testament entdeckt zu haben, das ihn zum Alleinerben macht. Nun wird das Dokument von einem Graphologen überprüft.

Von: mk

Bezirk: Bozen