Angehörige hegen Zweifel

Tod von Maurizio Socin: Familie wehrt sich gegen Archivierung

Donnerstag, 16. Januar 2020 | 09:50 Uhr

Bozen – Der Bozner Schulwartes Maurizio Socin ist am 5. September 2018 tot in der Turnhalle der Archimede-Mittelschule in Bozen aufgefunden worden. Während die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen will, wehrt sich die Familie gegen die Archivierung, berichtet die Tageszeitung Alto Adige.

Ersten Erkenntnissen zufolge war der Schulwart auf einen rund zwei Meter hohen Volleyball-Schiedsrichterstuhl gestiegen sein, um Seile neben den Kletterstangen am Überboden zu befestigen. Dann kam es zu dem tödlichen Sturz. Der 60-Jährige hat einen Schädelbruch erlitten. Der Schiedsrichterstuhl war umgekippt.

Freunde, Bekannte, aber auch Professoren und Schüler reagierten geschockt auf die Nachricht des Todes von Maurizio Socin.

Laur Sicherheitsbüro des Arbeitsamtes wird der tragische Unfall nicht als Arbeitsunfall eingestuft, da davon ausgegangen wurde, dass der Mann die Turnhalle nach dem Ende seiner Schicht für ein privates Training nutzen wollte. Socin war 1,98 Meter groß und spielte früher Basketball. Außerdem war er passionierter Läufer und er praktizierte Kampfsport.

Aufgrund dieser Schlussfolgerung hat die Staatsanwaltschaft die Archivierung des Verfahrens gegen die verantwortliche Schulleiterin beantragt, die ins Ermittlungsregister wegen fahrlässiger Tötung eingetragen worden war.

Socins Ehefrau und sein Bruder wehren sich gegen die Archivierung. Die Angehörigen sind der Meinung, dass noch mehrere Aspekte zur Unfalldynamik geklärt werden müssten.

Die Autopsie ergab, dass der Tod von Maurizio Socin infolge eines Schädel- und Halswirbeltraumas eingetreten sei, welchen er bei einem versehentlichen Sturz erlitten habe. Bei der Untersuchung der Leiche wurde auch eine Fraktur des linken Handgelenks festgestellt, sodass man schlussfolgern kann, dass der Verstorbene versucht hat, sich abzustützen und somit vor dem Aufprall nicht ohnmächtig war.

Wie berichtet, hatte der Mann auf dem Schiedsrichterstuhl eine drei Meter hohe Staffelei gestellt, um die Seile für die Turnübungen zu befestigen. Die Familie hegt den Verdacht, dass der Schulwart angesichts des beginnenden Schuljahres im Auftrag von jemandem gehandelt hat. Dabei hätte es sich um eine Aufgabe gehandelt, die weder in Socins Aufgabenbereich fiel noch für die er angemessen geschult worden wäre. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass Socin vorhatte, ein privates Training zu absolvieren.

„Der Einspruch der Familie richtet sich nicht gegen eine bestimmte Person oder gegen die Verdächtigte. Vielmehr vertreten wir die Auffassung, dass es auch eine andere Erklärung für den Unfall gibt“, erklärt Anwältin Sara Carsaniga, die gemeinsam mit anderen Anwälten die Interessen der Angehörigen vertritt.

Im Verlauf der Untersuchung seien Elemente aufgetaucht, die niemals geklärt werden konnten. Laut Aussagen einiger Zeugen soll Socin anders gekleidet zu seinem Arbeitsplatz gekommen sein, als er dann später tot aufgefunden wurde – ein Beweis dafür, dass der Mann trainieren wollte, da er einen Turnanzug trug. Die Familie unterstreicht allerdings, dass die anderen Kleidungsstücke niemals gefunden worden seien.

Kopfzerbrechen bereitet den Angehörigen auch ein weiterer Umstand: Socins Handy sei erst einen Monat später unter einer Matte aufgetaucht, obwohl der Unfallort am Todestag genau geprüft worden war.

Die Anwältin der Familie verlangt, dass zur Vervollständigung des Verfahrens die Rekonstruktion des Unfallhergangs wiederholt wird, um festzustellen, ob Socin wirklich allein gehandelt hat.

Die Schulleiterin wird hingegen von Anwalt Carlo Bertacchi vertreten, der darauf beharrt, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Archivierung angenommen wird. „Die Schlussfolgerungen des Arbeitsinspektorats sind klar. Das Verhalten des Angestellten hat nicht den Regeln entsprochen. Aus dem Pflichtenheft geht hervor, dass nicht es nicht Socins Aufgabe war, die Seile am Überboden zu montieren, sondern die der Gemeindearbeiter. Zum Todeszeitpunkt hat Socin einen Trainingsanzug und Gymnastikhandschuhe getragen“, erklärt der Anwalt laut Alto Adige.

Von: mk

Bezirk: Bozen