Zwei Ärzte des Bozner Spitals müssen sich rechtfertigen

Unentdeckter Herzinfarkt: Fehler ohne Folgen?

Freitag, 14. September 2018 | 10:17 Uhr

Bozen – Zwei Ärzte der Bozner Notfallaufnahme sind wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung ins Ermittlungsregister der Bozner Staatsanwaltschaft eingetragen worden.

Sie müssen sich nach dem Tod einer 53-jährigen Frau im Sommer 2016 rechtfertigen. Die Patientin wurde an einem Juli-Abend in der Notaufnahme vorstellig. Sie klagte über Schmerzen in der Bauchgegend. Zunächst wurden Probleme im Magen-Darm-Trakt angenommen. Wenige Stunden später verstarb die 53-Jährige an den Folgen eines Herzinfarkts.

Den beiden Ärzten wird vorgeworfen, ein durchgeführtes Elektrokardiogramm falsch eingeschätzt zu haben. Die Erste Hilfe des Bozner Spitals soll laut einem Bericht der Tageszeitung Alto Adige an jenem Abend stark frequentiert gewesen sein.

Als man bemerkte, dass die Frau im Sterben lag, war es bereits zu spät. Das Herz war bereits irreversibel beschädigt.

Die Familie der Patientin hat den Vorfall der Justiz gemeldet. In der Folge kamen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ins Rollen. Die beiden Ärzte werden von den Anwälten Marco Boscarol und Marco Mayr verteidigt.

Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Bei einem Beweissicherungsverfahren, das vom Vorerhebungsrichter Andrea Pappalardo angeordnet wurde, stellte sich heraus, dass die Ansichten der jeweiligen Gutachter sehr unterschiedlich sind.

Die Sachverständigen der Staatsanwaltschaft sowie der Nebenkläger kamen zu dem Schluss, dass zwischen 18.00 und 19.00 Uhr – als das Elektrokardiogramm begutachtet wurde – die Frau noch zu retten gewesen sei.

Der erste Gutachter der Verteidigung gab sich hingegen davon überzeugt, dass bereits zu jenem Zeitpunkt das Herz der Patientin schweren Schaden genommen hat. Damit scheint die Verteidigung zuzugeben, dass in der Phase der Auswertung der klinischen Untersuchung von den Ärzten ein Fehler unterlaufen sei. Doch dieser Fehler hätte keine Auswirkungen auf den späteren Verlauf gehabt.

Außerdem verweist die Verteidigung darauf, dass die Situation äußerst komplex gewesen sei, da die 53-Jährige keine klassischen Herzinfarkt-Symptome (Schmerzen in der Brust oder im Arm) aufgewiesen hatte. Auch scheint die Verteidigung laut „Alto Adige“ das enorme Arbeitspensum der beiden Ärzte der Notaufnahme an dem betreffenden Abend ins Spiel bringen zu wollen.

Als die Frau in der Ersten Hilfe war, mussten sie 15 Patienten – davon einige mit „Kodex Rot“ – behandeln.

Von: luk

Bezirk: Bozen