Von: APA/Reuters/dpa
Eine Geschworenenjury in Manhattan hat Harvey Weinstein am Mittwoch in einem neuen Verfahren wegen eines Sexualverbrechens schuldig gesprochen – allerdings nur teilweise. Die Geschworenen sahen es nach mehrtägigen Beratungen als erwiesen an, dass der heute 73-Jährige einst schwere Sexualverbrechen an einer Frau begangen habe, teilte das Gericht in New York übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge mit.
In einem weiteren Anklagepunkt der schweren Sexualverbrechen gegen eine zweite Frau befand ihn die Jury für nicht schuldig. In einem dritten Anklagepunkt der Vergewaltigung einer dritten Frau konnten sich die zwölf Geschworenen nicht einigen. Der Richter bat sie daraufhin, in diesem Punkt weiter zu beraten. In den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Berichte über Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Jury gegeben.
Schuldspruch von 2020 war kassiert worden
Das Verfahren fand statt, nachdem ein Berufungsgericht des Bundesstaates im vergangenen Jahr das ursprüngliche Urteil von 2020 gegen den ehemaligen Filmproduzenten aufgehoben hatte.
Weinstein, einst einer der einflussreichsten Männer in Hollywood, wurde in diesem Verfahren von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, eine angehende Schauspielerin vergewaltigt und zwei weitere Frauen sexuell angegriffen zu haben. Der 73-Jährige plädierte auf nicht schuldig und bestritt jegliche Übergriffe oder nicht einvernehmlichen sexuellen Kontakt. In ihrem Schlussplädoyer am 3. Juni erklärten die Ankläger gegenüber den zwölf Geschworenen, die Beweise zeigten deutlich, wie Weinstein seine Macht und seinen Einfluss nutzte, um Frauen zu manipulieren und zu missbrauchen.
Die Verteidigung hielt dagegen, dass die Klägerinnen aus Rachsucht unter Eid gelogen hätten, nachdem ihre einvernehmlichen sexuellen Beziehungen mit dem Oscar-prämierten Produzenten nicht zum erhofften Ruhm in Hollywood geführt hätten.
Einigung nach fünf Tagen
Die Geschworenen einigten sich nach fünf Tagen mit teils angespannten Beratungen auf ein Urteil. Der neue Prozess hatte am 23. April begonnen. Aufgrund gesundheitlicher Probleme nahm Weinstein im Rollstuhl am Verfahren teil.
Im aktuellen Verfahren wurde Weinstein beschuldigt, 2013 die angehende Schauspielerin Jessica Mann vergewaltigt zu haben, 2006 die ehemalige Produktionsassistentin Miriam Haley sexuell angegriffen zu haben sowie 2002 Kaja Sokola, eine damals 16-jährige Nachwuchsschauspielerin, sexuell missbraucht zu haben. In dem Verfahren von 2020 war Weinstein bereits wegen der Vergewaltigung von Mann und des Übergriffs auf Haley schuldig gesprochen worden. Sokolas Anschuldigungen waren damals nicht Teil des Prozesses.
Die damalige Verurteilung galt als Meilenstein der #MeToo-Bewegung, die Frauen ermutigte, Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen mächtige Männer öffentlich zu machen.
Doch das Berufungsgericht des Staates New York, das höchste Gericht des Bundesstaates, hob dieses Urteil im April 2024 auf. Es entschied, dass der damalige Richter einen Fehler begangen habe, indem er weiteren Frauen erlaubte, auszusagen, obwohl deren Vorwürfe nicht Gegenstand der Anklage waren. Obwohl die Verurteilung von 2020 aufgehoben wurde, blieb Weinstein weiterhin in Haft – aufgrund einer weiteren Verurteilung in Kalifornien im Jahr 2022 wegen Vergewaltigung, die zu einer 16-jährigen Gefängnisstrafe führte. Gegen dieses Urteil legt Weinstein derzeit Berufung ein.
Von mehr als 100 Frauen beschuldigt
Mehr als 100 Frauen, darunter auch prominente Schauspielerinnen, haben Weinstein sexuellen Fehlverhaltens beschuldigt. Die Wiederaufnahme des Verfahrens wurde von Staatsanwälten aus dem Büro des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan, Alvin Bragg, geführt. Sie schilderten Weinstein als Serien-Täter, der Frauen Karrierechancen in Hollywood versprach, nur um sie dann in private Situationen zu locken und zu überfallen.
Die Verteidigung wies diese Darstellung zurück und erklärte, Weinstein habe sich in “gegenseitig vorteilhaften” Beziehungen mit den Klägerinnen befunden, die im Gegenzug für die sexuellen Kontakte zu Castings und anderen beruflichen Möglichkeiten gekommen seien.
Weinstein war Mitbegründer des Studios Miramax. Sein eigenes Filmstudio meldete im März 2018 Insolvenz an – fünf Monate nachdem die ersten Vorwürfe wegen sexuellen Fehlverhaltens gegen ihn öffentlich geworden waren. Während seiner Haft im Gefängnis Rikers Island in New York City erlitt Weinstein mehrere gesundheitliche Krisen. Im September wurde er wegen einer akuten Herzoperation in ein Krankenhaus eingeliefert.
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