Zunahme von knapp 50 Prozent in nur zwei Jahren

Zahl der nicht versicherten Fahrzeuge in Südtirol alarmierend gestiegen

Donnerstag, 07. August 2025 | 08:55 Uhr

Von: luk

Bozen – In Südtirol sind derzeit rund 28.000 Fahrzeuge ohne gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung unterwegs. Das entspricht 6,5 Prozent des gesamten Fahrzeugbestands in der Provinz Bozen (593.000 Fahrzeuge) – ein Wert, der über dem bereits hohen nationalen Durchschnitt von 6,1  Prozent liegt. Diese Zahlen gehen aus aktuellen Erhebungen des italienischen Versicherungsverbands ANIA hervor, die von der nationalen Agentenkommission SNA ausgewertet wurden.

Besonders besorgniserregend ist die Geschwindigkeit, mit der sich das Phänomen ausbreitet: Innerhalb von nur zwei Jahren ist die Zahl der nicht versicherten Fahrzeuge in Südtirol um 47,4 Prozent gestiegen. Im gesamten Trentino-Südtirol liegt der Anstieg sogar bei 57 Prozent – von 42.000 auf derzeit geschätzte 66.000 Fahrzeuge. Damit verzeichnet die Region den höchsten Zuwachs landesweit. Ein Teil davon dürfte auf stillgelegte Fahrzeuge zurückgehen, dennoch ist der Trend eindeutig, berichtet die Zeitung Alto Adige.

Auch auf nationaler Ebene zeigt sich eine beunruhigende Entwicklung: 2024 sind laut Schätzungen 2,915 Millionen Fahrzeuge in Italien ohne Versicherungsschutz unterwegs. Das ist ein Plus von 12,8 Prozent im Vergleich zu 2022. Besonders stark ist der Anstieg in Norditalien (+24,8 Prozent), gefolgt von Mittelitalien (+10,7 Prozent) und Süditalien (+3,5 Prozent).

Versicherungsexperten führen die Entwicklung unter anderem auf steigende Armut, hohe Anfangsprämien – insbesondere für Fahranfänger – und die zunehmende Zuwanderung zurück. Die Folgen sind weitreichend: Neben einem erhöhten Risiko für Verkehrsteilnehmer steigt auch die Belastung des nationalen Garantiefonds für Straßenverkehrsopfer, der für Schäden durch nicht versicherte oder unbekannte Fahrzeuge aufkommen muss. 2024 zahlte der Fonds laut der staatlichen Abwicklungsstelle Consap rund 266 Millionen Euro für knapp 49.000 Schadenfälle aus.

Paolo Manzardo, Präsident der SNA in der Provinz Bozen, warnt eindringlich vor den gesellschaftlichen und finanziellen Auswirkungen des Problems. Bisherige Maßnahmen seien unzureichend. Die Versicherungsagenten fordern nun ein entschiedeneres Vorgehen seitens des Gesetzgebers. Dazu gehören automatische Kennzeichenlesesysteme zur effektiveren Kontrolle, härtere Strafen bei Verstößen sowie eine engere Verknüpfung der Datenbanken von ANIA (versicherte Fahrzeuge) und des Verkehrsministeriums (zugelassene Fahrzeuge), um Verstöße schnell zu identifizieren.

Diese Maßnahmen stützen sich auch auf die EU-Richtlinie 2021/2118, die eine Versicherungspflicht unabhängig von der Nutzung des Fahrzeugs vorsieht. Paolo Bullegas, Leiter der SNA-Studienkommission zur Kfz-Haftpflicht, fordert darüber hinaus Aufklärungskampagnen und gezielte finanzielle Hilfen für sozial schwache Bevölkerungsgruppen. Besonders für Fahranfänger müsse es zudem Obergrenzen für Versicherungstarife geben. Laut SNA werden in bestimmten Regionen Italiens Beiträge von bis zu 10.000 Euro pro Jahr verlangt.

Angesichts der alarmierenden Zahlen drängt die Versicherungsexperten nun auf ein rasches Umdenken in Politik und Verwaltung, um diesen Trend wirksam zu stoppen.

Bezirk: Bozen

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