Geld von reichen Bankkunden auf Konten Armer transferiert

Bankdirektor als moderner „Robin Hood“

Donnerstag, 04. Oktober 2018 | 07:03 Uhr

Forni di Sopra – Eine kleine Bankfiliale in Forni di Sopra, einem Bergdorf in den Friaulischen Dolomiten, war der „Tatort“ eines „edlen Diebes“, der nach dem englischen Helden, der den Reichen nahm und den Armen gab, von den Lokalmedien bald „moderner Robin Hood“ getauft wurde. Von Gerechtigkeitssinn getrieben und ohne selbst je einen Euro in die eigene Tasche gesteckt zu haben, buchte der Bankdirektor von Konten reicher Bankkunden Geld ab und überwies es auf die ärmerer Kontoinhaber.

APA/APA (dpa/Archiv)/Jens Wolf

Die Geschichte des „Robin Hood mit Kravatte“ begann im fernen Jahr 2009. Bis dahin war der heute fast 50-jährige Gilberto Baschiera sehr zufrieden mit seiner Arbeit als Bankdirektor gewesen und hatte zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und Untergebenen mit Freude die verschiedenen, in einer Filiale anfallenden Tätigkeiten ausgeübt. Aber dann – so seine Erzählung – sah er viele Ungerechtigkeiten und begann „gegen ein System, das die Mindestrentner und die jungen Leute ohne Geld alleine lässt“, zu rebellieren. So beschloss er, selbst für „Gerechtigkeit“ zu sorgen. In seiner Position als Filialleiter der kleinen Bankfiliale der Banca di Carnia e Gemonese del Credito Cooperativo von Forni di Sopra war es ihm relativ leicht möglich, Geld von Konten reicher Bankkunden abzubuchen und es auf die ärmerer Kontoinhaber zu überweisen. Im Laufe der Jahre gelang es ihm, unauffällig fast eine Million Euro von den Reichen zu den Armen zu verschieben.

Erst nach mehr als sieben Jahren flogen die „sonderbaren Umbuchungen“ auf. Gilberto Baschiera wurde angezeigt und von seinem Arbeitgeber entlassen. Vonseiten der zuständigen Staatsanwaltschaft von Udine wurde gegen ihn ein Verfahren wegen widerrechtlicher Aneignung, veruntreuender Unterschlagung und Betrug eröffnet. Am Montag erging der Richterspruch. In einem gerichtlichen Vergleich wurde Gilberto Baschiera zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

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„Nachdem die Sache zutage gekommen ist, habe ich all jene, denen ich Geld abgebucht hatte, angerufen, um ihnen meine Beweggründe zu schildern. Ich hätte das ganze Geld zurückgegeben“, so Gilberto Baschiera. „Er hat es getan, um Kontoinhaber, die sich in Schwierigkeiten befunden oder keinen Zugang zu Kredit gehabt haben, zu unterstützen. Er lebt in einem kleinen Dorf, wo sich alle kennen, und er hat es getan, um Gutes zu tun“ so sein Rechtsanwalt, Roberto Mete.

Auch fast zehn Jahre nach Beginn seiner „gerechten Umbuchungen“ und obwohl sein Haus beschlagnahmt worden ist, bereut Gilberto Baschiera nicht sein Handeln. „Ich habe immer geglaubt, dass es neben dem Schutz der Ersparnisse auch unsere Aufgabe sei, Hilfsbedürftige zu unterstützen“, meint Gilberto Baschiera.

Von: ka