Landwirtschaft bricht zusammen

Bauern am Ende: Viele Tiere vom Erdbeben getötet

Donnerstag, 19. Januar 2017 | 07:11 Uhr

Amatrice/L’Aquila – Diesmal ist die Tragödie noch größer. Die Erdstöße von Mittwochvormittag, die in ganz Mittelitalien bis Rom und Florenz zu spüren waren, haben die letzten, schwachen Hoffnungen der im Erdbebengebiet wohnenden Bauern auf einen landwirtschaftlichen Neubeginn, zerstört.

Viele Ställe, die bereits im August und November letzten Jahres beschädigt worden waren, brachen während der schweren Erschütterungen in sich zusammen. Ein Übriges tat der Neuschnee, der durch sein Gewicht die in den vergangenen Beben schwer in Mitleidenschaft gezogenen Dächer und Stützen belastete. So kamen die letzten Beben zur Unzeit und ließen mehrere Ställe mit Hunderten von Tieren zusammenbrechen. Auch einige provisorische Notställe, die nach den Erdbeben des letzten Jahres errichtet worden waren, stürzten unter der Last der zwei Meter hohen Neuschneedecke und den Erdstößen ein. Die Tragödie wird dadurch verschärft, dass viele Viehbauern seit den vergangenen Beben gezwungen sind, weitab von ihren Tieren zu wohnen. Wegen der ergiebigen Schneefälle sind viele Straßen unpassierbar geworden, sodass eine ganze Reihe von Bauern die eigenen Tiere weder versorgen noch die Kühe melken kann. Viele wissen nicht einmal, ob ihre Tiere überhaupt noch leben. Dort wo die Tiere gerettet werden konnten, gibt es momentan weder Transportmöglichkeiten, noch Ersatzställe, was dazu führt, dass sehr viele Nutztiere im Freien mitten im Tiefschnee überwintern müssen.

 

Twitter/terremoto
Twitter/terremoto

Nach einem halben Jahr Kampf um die Tiere, um den eigenen Betrieb und eine Zukunft,+ sind viele Bauern am Ende. Finanziell sieht ein Großteil der Inhaber kein Licht am Ende des Tunnels, da die Kosten für neue Ställe – oder schlicht einem neuen Hof – für den Einzelnen kaum zu stemmen sind. Der italienische Bauernverband Coldiretti rechnet mit vielen Betriebsaufgaben. Aber es gibt auch Unverzagte, die sich nicht dem Schicksal ergeben wollen. Sie kämpfen um ihre Tiere. Sie führen Schafe, Kühe und Kälber durch den Schnee zu einer weit entfernten Wasserstelle oder nehmen ein immenses Arbeitspensum in Kauf, um ihr Vieh zu füttern.

Aber alleine können sie es nicht schaffen. Im Erdbebengebiet, dort wo auch der Hilfszug der Berufsfeuerwehr von Bozen eingetroffen ist, sind Armee, Zivilschutz und Feuerwehr damit beschäftigt, die Verkehrswege wieder freizumachen, Tiere zu versorgen und die Menschen, die seit unzähligen Stunden teilweise ohne Strom, Nahrung, Heizmittel und medizinische Versorgung ausharren müssen, mit Hilfsgütern zu erreichen.

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Der Schnee wird spätestens im Frühjahr schmelzen. Mit weiteren Erdstößen muss aber auch in Zukunft gerechnet werden. Die Bauern hoffen, dass man sie nicht alleine lässt und sie beim Wiederaufbau ihrer Betriebe unterstützt. Das Gebiet, das seit Monaten von schweren Beben getroffen wird, zählt rund 3.000 landwirtschaftliche Betriebe. Die Landwirtschaft und der dazugehörige Tourismus bilden das wirtschaftliche Rückgrat des mittelitalienischen Berggebietes. Sterben die Höfe, stirbt mit ihnen eine ganze Region. Das abzuwenden, wird 2017 die größte Herausforderung der politisch Verantwortlichen sein.

Von: ka