Von: idr
Triest – Seit fast drei Jahren liegt sie im Hafen von Triest vor Anker, ein Monument aus Stahl, Glas und Teakholz: die Sailing Yacht A. Mit 143 Metern Länge ist sie die größte Segelyacht der Welt – und mittlerweile ein finanzielles Fiasko für den italienischen Staat. Was als Sanktion gegen den russischen Oligarchen Andrej Melnichenko begann, entwickelt sich zur Kostenfalle.
Die Rechnung ist ernüchternd. Italienische Medien beziffern die bisherigen Ausgaben auf mindestens 30 Millionen Euro. Pro Monat verschlingt die Wartung des Luxusschiffs etwa 800.000 bis 900.000 Euro. Zwanzig Besatzungsmitglieder müssen rund um die Uhr an Bord sein, dazu kommen Bewachung, Liegeplatzgebühren, Strom, Wasser und Versicherungsprämien. Der Triester Bürgermeister Roberto Dipiazza bringt es auf den Punkt: „Das ist Geldverschwendung. Wir werden die Millionen nie zurückbekommen.“
Wem gehört der edle Hobel?
Die Yacht wurde im März 2022 beschlagnahmt, als sie gerade zur Wartung im Trockendock lag. Seitdem tobt ein juristischer Krieg. Melnichenko bestreitet, Eigentümer zu sein – formal gehört das Schiff einer auf Bermuda registrierten Gesellschaft namens Valla Yachts, die ihr Vermögen einem Trust übertragen hat. Begünstigte ist Melnichenkos Ehefrau Aleksandra. Die italienischen Behörden sehen die Sache anders: Die Eigentümerkonstruktion führe letztlich zum Oligarchen selbst.
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird in den ersten Monaten 2026 erwartet. Bis dahin bleibt die Yacht in Staatsobhut – und die Kosten laufen weiter. Das Problem: Ohne angemessene Wartung sinkt der Wert rapide. Eine Yacht dieser Klasse benötigt jährlich etwa 50 bis 60 Millionen Euro Pflege, um in Top-Zustand zu bleiben. Italien zahlt nicht einmal die Hälfte davon.
Marktwert: Über eine halbe Milliarde Euro
Die Sailing Yacht A ist mehr als nur ein Schiff. Sie ist ein schwimmendes Kunstwerk des französischen Designers Philippe Starck, gebaut von der deutschen Werft Nobiskrug in Kiel. Unter der Wasserlinie befindet sich eine Panorama-Lounge mit gebogenem Glas, auf Deck ein Hubschrauberlandeplatz, im Bauch ein eigenes U-Boot. Der Bau kostete über 400 Millionen Euro, der aktuelle Wert wird auf 530 Millionen geschätzt.
Doch was nützt ein halbe Milliarde Euro Marktwert, wenn niemand das Schiff verkaufen kann? Anders als eingefrorene Bankkonten russischer Oligarchen kann die Yacht nicht zur Finanzierung der Ukraine herangezogen werden, stellt die EU klar. Sie bleibt gesperrtes Vermögen – ein Symbol politischer Sanktionen, das dem italienischen Staat monatlich hunderttausende Euro aus der Tasche zieht.
Es ist eine Ironie der Geschichte: Während Melnichenko, dessen Vermögen auf 27 Milliarden Euro geschätzt wird, in St. Moritz residiert und offenbar kaum unter den Sanktionen leidet, kämpft Italien mit den Folgen seiner eigenen Beschlagnahmung. Der Fall der Sailing Yacht A stellt am Ende zwei entscheidende Fragen: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit politischer Sanktionen und die Frage, wer am Ende wirklich zahlt.




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