Von: ka
Bologna – Wenn sie weiterhin Zuhause bei ihren Eltern geblieben wäre, wäre ein 14-Jähriges ursprünglich aus Bangladesch stammendes Mädchen wahrscheinlich in große Gefahr geraten. Aber das Mädchen ließ sich nicht einschüchtern und vertraute sich einer Lehrerin an. Am Donnerstagmorgen legte das junge Mädchen vor der versammelten Schulklasse das islamische Kopftuch ab und zeigte ihrer Lehrerin weinend und schluchzend ihren kahl geschorenen Kopf.
Weil die 14-Jährige sich stets geweigert hatte, das Kopftuch zu tragen, hatte ihre eigene Mutter zu einer drastischen Strafe gegriffen und dem Mädchen mit einem Rasierer das ganze Haupthaar abgenommen. Schon lange vorher war die 14-Jährige aus Sicht ihrer streng islamischen Mutter sehr „aufmüpfig“ gewesen, sodass ihr die Mutter zur Warnung schon einmal eine Haarlocke abgeschnitten hatte. Die Tochter hatte sich zunächst angepasst und hatte die heimische Wohnung stets mit Kopftuch verlassen. Sobald sie sich aber sicher gewesen war, außer Sicht ihrer Eltern zu sein, hatte sie das verhasste Tuch abgenommen und ihr Haar frei wie ihre italienischen Freundinnen getragen. Aber vor drei Tagen war dieses schlaue Verhalten ihren Eltern und besonders ihrer strengen Mutter zu Ohren gekommen, worauf es zu dieser Gewalttat und Erniedrigung gekommen war.
Aber das junge Mädchen, das sich laut ihrer eigenen Aussage in ihrer Familie schon lange nicht mehr wohlgefühlt hatte und immer größeren Druck ausgesetzt worden war, ihren „westlichen Lebensstil und ihren Umgang mit den Freundinnen aufzugeben“, zog es vor, Hilfe zu suchen.
Mit kahl geschorenem Kopf stand sie vor der Lehrerin und sagte: „Das ist meine Mutter gewesen. Sie sagt, dass ich keine gute Tochter sei und dass es besser gewesen wäre, wenn ich nie zur Welt gekommen wäre. Sie weist mich immer zurecht und schreit mich an, dass sie mich hätte vor der Geburt umbringen sollen.“ „Meine Familie ist ein Albtraum geworden. Bitte holt mich da raus!“, wiederholte das Mädchen vor den Carabinieri.
Die Lehrerin verständigte umgehend die Schuldirektorin, die wiederum sofort den Fall der 14-Jährigen bei den Carabinieri anzeigte. Das junge Mädchen wurde aus ihrer Familie entfernt und von der Jugendstaatsanwaltschaft in einer Herberge für Minderjährige in Sicherheit gebracht. Der 40-jährige Vater und die 39-jährige Mutter wurden wegen familiärer Gewalt und Misshandlung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft und die Carabinieri stehen erst am Beginn ihrer Ermittlungen und müssen, gleich wie die in dem Fall involvierten Sozialdienste erst noch entscheiden, ob sich weitere Tatbestände ergeben und ob die beiden anderen Töchter – 15 und 17 Jahre alt – ebenfalls die Familie verlassen müssen. Die Familie war bisher nicht wegen radikalislamischer Tendenzen aufgefallen und wurde von den Nachbarn als verschlossen aber ruhig beschrieben.
Den Assistenten des Sozialdienstes berichteten die Eltern, dass es wie in jeder Familie nur „einige Diskussionen“ gegeben habe, sie ihre Freundinnen immer habe sehen können, wann sie gewollt habe, es niemals einen religiösen Zwang zum Tragen des Kopftuchs gegeben und sie sich freiwillig der Kopfrasur unterzogen habe.
Die Ermittler halten die Aussagen der Eltern für unglaubwürdig und sprechen von einem Klima der Angst, das in der Familie herrsche, für das besonders die streng islamische Mutter verantwortlich sei.
https://www.youtube.com/watch?v=or0uNKxMMCI
In Italien hat das Schicksal der 14-Jährigen eine rege Diskussion um die religiös motivierte Unterdrückung und Diskriminierung der Töchter in islamischen Familien ausgelöst. Wie kann man den Töchtern, die „westlich“ leben wollen, helfen?