Inhaber eines Resorts verliert Volksentscheid

Bürger entscheiden: Glockengeläut auch bei Nacht

Freitag, 26. Januar 2018 | 08:13 Uhr

Mombello Monferrato – In einem kleinen Dorf in Piemont bedurfte es eines Volksentscheids, um einen Streit um läutende Kirchenglocken zu beenden. Der Inhaber eines Resorts, das sich in der Nähe der Kirche befindet, bemühte sich vergeblich, für die Nacht eine Aussetzung der Glockenschläge zu erreichen. Die Bürgermeisterin ließ das Volk befragen, welches sich mit großer Mehrheit für ein Läuten der Kirchenglocken auch in der Nacht entschied.

Wer von auswärts nach Mombello, einem kleinen Dorf in der malerisch, schönen, piemontesischen Landschaft Monferrato kommt, dem fällt nach kurzer Zeit der tönende Klang der Kirchenglocken auf. Roberto Imarisio, der mit seiner Frau Donatella das einzige Resort des Dorfes – La Cantinetta – betreibt, meint, dass er und seine Frau das Geläut der Glocken der dem heiligen Petrus geweihten Kirche gewohnt seien, sich aber einige Touristen wegen der Glockenschläge in der Nacht bei ihm beschwert hätten.

Twitter/MombelloMonferrato

Der gelernte Önologe mittleren Alters ist in seiner Heimat tief verwurzelt, alles andere als ein Kirchengegner und geht sogar jeden Sonntag zur Messe. Laut seiner Ansicht aber stehe das nächtliche Geläut einer touristischen Weiterentwicklung des Ortes im Wege. Er tat sich mit dem Inhaber des Restaurants Dubini – die beiden Betriebe sind die einzigen Gaststätten des Ortes – zusammen und begann unter den schlaflosen Mombellesi Unterschriften zu sammeln. Er klopfte auch an die Tür des Pfarrers. Letzterer hatte gegen eine Aussetzung des Geläutes von 20.00 Uhr abends bis 8.00 Uhr in der Früh nichts einzuwenden und erklärte sich mit dem Vorschlag der Gaststättenbetreiber für einverstanden.

APA/APA (Archiv)/GEORG HOCHMUTH

Aber die Entscheidung lag nicht beim Pfarrer. Nur die Gemeinde war befugt, über die Uhrzeiten und die Häufigkeit der Glockenschläge der Kirche von Mombello zu befinden. Maria Rosa Dughera, Bürgermeisterin von Mombello, welche sich ziemlich sicher war, dass selbst die traditionsbewussten Mombellesi mit einem nächtlichen Schweigen der Glocken kein Problem hätten, fällte einen salomonischen Entschluss und rief einen Volksentscheid aus. Am Gemeindereferendum durften nur jene Stimmbürger teilnehmen, welche innerhalb der Hörweite der Glocken wohnen.

Aber es kam ganz anders. Von den 149 wahlberechtigten Mombellesi nahmen 84 an der Abstimmung teil, sodass das Quorum übertroffen wurde und die Wahl gültig war. Nur zwölf Wählerinnen und Wähler, praktisch nur die Inhaberfamilien der beiden Gaststätten, stimmten mit Ja. Alle anderen stimmten mit Nein, was hieß, dass das Ansinnen von Roberto Imarisio und seines Kollegen vom Restaurant Dubini versenkt wurde. Die Glocken der Kirche des Heiligen Petrus von Mombello werden auch weiterhin zur Nachtzeit zu jeder halben und zu jeder vollen Stunde läuten.

Facebook/La Cantinetta Resort‎

„Wir haben verloren“, so die resignierende Erkenntnis von Roberto Imarisio. Das große Bedauern, das er habe, so der Inhaber der La Cantinetta weiter, sei, seinen Mitbürgern nicht erklärt zu haben, dass die Nachtruhe der Glocken eine Geste der Rücksichtnahme gegenüber den Touristen gewesen wäre.

Vermutlich ärgerten sich die Mombellesi auch deswegen über Roberto Imarisio, weil er die Fernsehanstalt Canale 5 eingeschaltet hatte, eine in dieser Gegend nicht unerhebliche Sünde. Im erzkonservativen Monferrato der tausend Kirchen und der bezaubernden Landschaften haben Zurückhaltung, Unauffälligkeit und Vertraulichkeit einen hohen Wert.

Wer im wahrsten Sinne des Wortes sein Anliegen an die große Glocke hängt, steht am Ende als Verlierer auf dem Dorfplatz von Mombello Monferrato.

Von: ka