Er starb in einer Klinik in Rom

Ciampi ist tot

Freitag, 16. September 2016 | 14:42 Uhr

Rom – Italiens ehe ehemaliger Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi ist tot. Medienberichten zufolge ist er am heutigen Freitag im Alter von 95 Jahren in einer Klinik in Rom verstorben.

Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi würdigte den am Freitag verstorbenen, früheren Präsidenten Carzlo Azeglio Ciampi als Staatsdiener und Mann der Institutionen, der mit Leidenschaft Italien gedient habe. Laut italienischen Medien ist ein Privatbegräbnis geplant. Der Sarg mit Ciampis Leichnam soll aber zuvor im Senat aufgebahrt werden.

Seit Ende seiner Amtszeit als Präsident 2006 saß Ciampi als Senator auf Lebenszeit im Parlament. Der am 9. Dezember 1920 in der toskanischen Hafenstadt Livorno geborene Ciampi wurde katholisch erzogen. Er promovierte in italienischer Literatur und Jus an der Universität Pisa. Nach dem Zweiten Weltkrieg trug er zur Bildung der laizistischen Partei “Partito D’Azione” bei. Ciampi gehörte zu den Spitzenvertretern einer toskanischen Führungselite, zu der unter anderem der verstorbene Regierungschef Giovanni Spadolini und Ex-Premier Lamberto Dini zählen. Ciampi musste sich mehrmals gegen Vorwürfe wegen Verbindungen zur Freimaurerei verteidigen.

Der 1963 als Funktionär in die Banca d’Italia eingetretene Ciampi war fast 50 Jahre lang in der Zentralbank tätig. Zwischen 1979 und 1993 besetzte er den Posten des Notenbankchefs. 1993, kurz nach Ausbruch des Schmiergeldskandals “Tangentopoli”, der eine ganze politische Elite wegfegte, wurde er aufgerufen, ein parteiunabhängiges Übergangskabinett mit der Aufgabe zu bilden, das Land bis zu Neuwahlen 1994 zu führen. Während immer mehr Politiker in den Sog des Skandals gerieten, wurde Ciampi als “Retter in der Not” in den Palazzo Chigi, den Regierungssitz, gerufen. Das fand auch im Ausland Beachtung: Ciampi wurde als Ministerpräsident zur Symbolfigur einer neuen Glaubwürdigkeit.

Als Wirtschaftsminister im Kabinett von Romano Prodi (Mai 1996 bis Oktober 1998) arbeitete Ciampi unermüdlich für den Beitritt Italiens in die Europäische Währungsunion. Durch strenge Sparmaßnahmen erreicht er eine niedrige Inflationsrate und die Eindämmung des gewaltigen Budgetdefizits. Ciampi wurde im Oktober 1998 auch von Prodis Nachfolger Massimo D’Alema im Amt des Wirtschafts- und Schatzministers bestätigt.

1999 wurde Ciampi vom Parlament und Regionalvertretern im ersten Wahlgang mit überwältigender Mehrheit zum Staatspräsidenten gewählt. Der erklärte Europa-Enthusiast und “Präsident eines besseren Italiens” hat auch immer wieder Stellung zu unbequemen Themen bezogen. So bestand er im Gegensatz zum damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der fest hinter der Irak-Invasion der USA stand, stets auf eine führende Rolle der UNO in dem Konflikt. Der begeisterte Bergwanderer Ciampi, der immer wieder in Südtirol – unter anderem in der Villa Ausserer bei Seis – urlaubte, blieb bis 2006 im Amt.

Privat wurde Ciampi vor allem für seine “Musterehe” mit seiner Frau Franca bewundert, mit der er 65 Jahre lang verheiratet war und mit der er zwei Kinder hatte. Der Ex-Präsident hegte eine Vorliebe für deutsche Literatur und las Klassiker von Rainer Maria Rilke und Wolfgang Goethe. Außerdem hegte er eine Vorliebe für Südtirol, wo er mehrmals den Sommerurlaub verbrachte.

Im Juli 2014 wurde Ciampi wegen einer Blinddarmentzündung ins Bozner Krankenhaus eingeliefert. Im Jahr zuvor wurde er aufgrund einer Verletzung an der Hüfte in der Marienklinik in Bozen behandelt.

Kompatscher zum Tod Ciampis:”Wir trauern um einen Freund Südtirols”

Seine Anteilnahme am Tod des ehemaligen Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi hat Landeshauptmann Arno Kompatscher zum Ausdruck gebracht.

“Mit Carlo Azeglio Ciampi verliert Italien einen vorbildlichen Staatsmann, Südtirol trauert um einen Freund, einen Kenner des Landes, der Südtirol auch persönlich verbunden war.” Mit diesen Worten hat Landeshauptmann Arno Kompatscher seine Anteilnahme am Tod des ehemaligen italienischen Staatspräsident ausgedrückt, der heute im Alter von 95 Jahren verstorben ist. Im Namen der Landesregierung und der Bevölkerung Südtirols hat Landeshauptmann Kompatscher auch den Angehörigen, allen voran der Gattin Ciampis, Franca, sein Beileid ausgesprochen.

Südtirols Landeshauptmann erinnert daran, dass die Reform des Autonomiestatus von 2001 unter Ciampis Staatspräsidentschaft vollzogen wurde. Im Juli desselben Jahres stattete Ciampi Südtirol auch einen offiziellen Besuch ab. “Es war die Zeit, als die führenden Politiker in Tirol, Südtirol und im Trentino Weichen für eine intensivere Zusammenarbeit stellten”, so Landeshauptmann Kompatscher. Staatspräsident Ciampi habe damals die Landeshauptleute der drei Länder gemeinsam empfangen und so eine erste Grundlage oder Anerkennung für das geschaffen, was sich heute Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino nennt. “Dies war vor 15 Jahren gar nicht so selbstverständlich”, betont Landeshauptmann Kompatscher.

Neben den politischen Beziehungen fühlte sich Ciampi Südtirol und den Menschen im Land auch freundschaftlich verbunden. Dies zeigten seine wiederholten Aufenthalte unter anderem im Schlerngebiet, wo er persönliche Kontakte pflegte und immer wieder die Vorzüge von Natur und Landschaft sowie die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Bevölkerung würdigte.

Carlo Azeglio Ciampi stammt aus der Toskana, wo er 1920 in Livorno geboren wurde. Der studierte Philosoph und Rechtswissenschaftler, der unter anderem auch in Leipzig studiert hat, war 1999 in nur einem Wahlgang zum Staatspräsidenten gewählt worden. Der ehemalige Gouverneur der Banca d’Italia wurde dann 2006 von Giorgio Napolitano abgelöst.

Bizzo: „Ein Freund der Autonomie hat uns verlassen“

„Der Tod von Carlo Azeglio Ciampi ist eine traurige Nachricht für uns alle“, erklärt Landtagspräsident Roberto Bizzo zum Ableben des ehemaligen Staatspräsidenten.

„Ciampi war ein großer Freund der Autonomie, das hat er auch durch seinen Beitritt zur Autonomiefraktion im Senat bewiesen. Er war außerdem ein profunder Kenner der Geschichte unseres Landes, hier hat er gerne seinen Urlaub verbracht und hier wurde er, gemeinsam mit seiner Frau Franca, auch immer wieder herzlich empfangen. Im Namen des gesamten Landtags drücke ich seiner ganzen Familie unser tiefstes Mitgefühl aus.“

Zeller: “Ein großer Staatsmann von europäischem Format und ein Freund Südtirols”

“Mit dem ehemaligen Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi verliert Italien eine seiner herausragendsten Persönlichkeiten der jüngsten Geschichte, einen überzeugten Befürworter der Einigung Europas, der auch für Südtirol ein wichtiger Ansprechpartner und Bezugspunkt war”. Das betont der Südtiroler SVP-Senator Karl Zeller, Vorsitzender der Autonomiegruppe des Senats, deren Mitglied Ciampi war. “Die Art und Weise wie er seine Rolle als Wirtschaftsfachmann und Staatsmann ausgefüllt hat, sind für uns alle beispielgebend”, unterstreicht Zeller.  “Wir sprechen den Familienangehörigen des Verstorbenen, insbesondere seiner Ehefrau Franca, unser tief empfundenes Beileid aus “, so Zeller abschließend.

Florian Kronbichler: “Erster Diener des Staates”

Carlo Azeglio Ciampi war ein Staatspräsident im besten aufklärerischen Sinn: Erster Diener des Staates. Er war Patriot, Demokrat, Autonomist – und sein Leben lang Beweis, dass eins das andere nicht ausschließt. Mit Ciampi ist eine Persönlichkeit gestorben, die allein den Menschen mehr Vertrauen in Politik und Staat geschenkt hat, als tausend Politiker zu zerstören imstand waren.

 

Von: mk