Von: ka
Rom – Vieles spricht dafür, dass die 20-jährige Beatrice Bellucci starb, weil der Kleinwagen, in dem sie saß, von einem der beiden Autos erfasst wurde, die an einem illegalen Wettrennen auf der Via Cristoforo Colombo in Rom beteiligt waren.
Die Tragödie ereignete sich am Freitagabend auf Höhe der Piazza dei Navigatori, wo die 20-Jährige bei einem Zusammenstoß zwischen einem BMW der 1er-Reihe und einem Mini Cooper ums Leben kam. Drei weitere junge Menschen wurden verletzt. Während der BMW auf eine Betonleitplanke auffuhr und dabei drei seiner vier Räder verlor, wurde der Mini Dutzende Meter von der Fahrbahn gegen den Stamm einer Kiefer geschleudert. Dabei wurde der Kleinwagen völlig zerstört. Die gleichaltrige Freundin, die am Steuer saß, konnte gerettet werden, doch für Beatrice Bellucci kam jede Hilfe zu spät. Kurze Zeit nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus erlag sie ihren schweren Verletzungen.

Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um ein illegales Autorennen handelte, wenngleich die Uhrzeit – es war noch nicht tief in der Nacht – dagegenspricht. Doch nach Aussagen von Augenzeugen sollen am Freitagabend auf der Via Cristoforo Colombo auf den Fahrspuren in Richtung Stadtzentrum mindestens zwei, vielleicht sogar drei Autos in ein illegales Autorennen verwickelt gewesen sein. „Es war offensichtlich, dass sie einander jagten”, berichtete ein Zeuge, der den Unfall miterlebte, bei dem die 20-jährige Beatrice „Bibbi” Bellucci ums Leben kam.

„Ich war dabei. Hätte ich nicht an der Ampel angehalten, wäre ich möglicherweise auch in den Unfall verwickelt worden. Zwei Autos – eines davon überschlug sich auf dem Mittelstreifen – rasten mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei, eines rechts und eines links. Ich glaube, es war ein dunkelgrauer oder schwarzer BMW. Sie fuhren mindestens 150 Kilometer pro Stunde. Der Mini Cooper geriet dazwischen. Es war offensichtlich, dass sie einander jagten. Und tatsächlich raste das dunkle Auto weiter, ohne anzuhalten“, sagte ein junger Motorradfahrer gegenüber den Ermittlern aus.
Derzeit sind die zuständigen Beamten der Stadtpolizei Rom damit beschäftigt, Hunderte Videos von Überwachungskameras auszuwerten, die entlang der Via Cristoforo Colombo installiert sind. Dazu gehört auch das Videomaterial jener Kameras, die die Missachtung eines roten Ampelsignals filmen. Der Aufwand ist enorm, doch die Polizisten sind sich sicher, den Unfallhergang und alle am illegalen Autorennen beteiligten Fahrzeuge ermitteln zu können. Ersten Rekonstruktionen zufolge begann das Rennen am Obelisken des EUR und führte dann über fünf Kilometer über eine der beliebtesten Strecken für illegale Straßenrennen in der Ewigen Stadt.
Auch das Smartphone des 22-jährigen Luca Girimonte aus Anzio wurde beschlagnahmt. Er steuerte den BMW und ist derzeit der einzige Beschuldigte wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr. Laut seinem gleichaltrigen Beifahrer war das Telefon auf YouTube eingestellt und mit dem Auto verbunden, um Musik zu hören. Um festzustellen, ob die beiden jungen Männer Alkohol oder Drogen konsumiert hatten, wurden sie toxikologischen Untersuchungen unterzogen.
Giuseppe Girimonte, der Vater des 22-Jährigen, wies gegenüber der Tageszeitung Il Messaggero entschieden zurück, dass sein Sohn an einem illegalen Autowettrennen teilgenommen habe. Er beteuerte, dass ein anderes Auto auf seinen BMW aufgefahren sei, wodurch Luca die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe. Dieser Sachverhalt werde auch von seinem Freund bestätigt.
Ob dies der Wahrheit entspricht, ist nun Gegenstand von Untersuchungen. Die Ermittler erhoffen sich durch die Auswertung ihrer Seiten in den sozialen Netzwerken zusätzliche nützliche Hinweise, denn illegale Straßenrennen werden oft mit TikTok-Live-Übertragungen gefilmt, die von Zehntausenden Zuschauern verfolgt und am nächsten Tag als Videos geteilt werden. Diese Autorennen, die meist „von Ampel zu Ampel” stattfinden, sind nämlich oft mit illegalen Geldwetten verbunden. Den Ermittlern zufolge deutet vieles auf ein solches Wettrennen hin.

Trotz schärferer Kontrollen sind solche Wettrennen in der Ewigen Stadt leider keine Seltenheit. In der römischen Tageszeitung La Repubblica erinnert der Journalist Alessandro Ziniti daran, dass der „Geldumsatz” bei einem einzelnen Rennen, abhängig vom Risiko, zwischen 100 und 5.000 Euro pro Rennabend variiert. Je nach Anzahl der teilnehmenden Autos und ob Geschwindigkeiten über 200 Kilometer pro Stunde erreicht werden oder waghalsige Überholmanöver auf Straßen mit durchgehender Linie erfolgen, wird eine Liste mit Wettquoten erstellt. Auf dieser Liste kann dann auf die einzelnen „Rennfahrer” gewettet werden.
Die Via Cristoforo Colombo gehört zusammen mit einigen anderen Strecken zu den beliebtesten „Pisten” der Ewigen Stadt, auf denen illegale Autowettrennen ausgetragen werden. Trotz Beschwerden von Anwohnerkomitees und dem Einschreiten der Ordnungskräfte finden diese Rennen immer wieder statt. Und das in einer Stadt, in der seit Jahresbeginn bereits mehr als 22.000 Verkehrsunfälle gemeldet wurden, bei denen 94 Menschen ums Leben gekommen sind.

In Rom ist die Trauer um Beatrice Bellucci groß. Ihre Familie und Freunde erinnern sich an eine junge Jurastudentin, die in ihrer Freizeit Volleyball spielte und ihren Vater ins Fußballstadion begleitete. Die Römerinnen und Römer wünschen sich nichts sehnlicher, als dass der Plage der illegalen Autorennen endlich Einhalt geboten wird.







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