Polizei rettet ihn vor Lynchjustiz auf Lampedusa

Flüchtlinge in Libyen von Schlepper vergewaltigt und gefoltert

Montag, 20. März 2017 | 08:07 Uhr

Lampedusa/Agrigento – Ein Schlepper aus Ghana, Eric Sam Ackom, der in Libyen Flüchtlinge gefoltert und vergewaltigt haben soll, wurde von der Polizei der sizilianischen Stadt Agrigento verhaftet. Der 20-jährige wurde in einem Flüchtlingszentrum auf der Insel Lampedusa von seinen ehemaligen Opfern erkannt und bei der Polizei angezeigt. Die Beamten der zuständigen Poizeieinheit von Agrigento mussten ihn regelrecht aus der aufgebrachten Menge herausreißen, ansonsten wäre er von dem Mob gelyncht worden.

Dem 20-Jährigen aus Ghana wird Bildung einer kriminellen Bande zum Zweck der Schlepperei, Freiheitsberaubung, sexuelle Gewalt, Mord unter erschwerten Umständen und Begünstigung der illegalen Einwanderung zur Last gelegt. Die Zeugenaussagen, die von den Polizeibeamten von Agrigento gesammelt wurden, liefern ein Bild des Grauens. Mehrere Flüchtlinge berichten, dass der 20-jährige Eric Sam Ackom Migranten, die laut seiner Ansicht „rebellisch“ gewesen seien, mit kochendem Wasser überschüttet oder sie mit elektrischem Strom gequält habe. Außerdem soll es mit seiner Beteiligung zu Gruppenvergewaltigungen gekommen sein.

Twitter/Lampedusa
Twitter/Lampedusa

Der Hauptzweck der Folterungen war aber ein ganz anderer. Viele Flüchtlinge sollen von Eric Sam Ackom gezwungen worden sein, nach Hause zu telefonieren, um weiteres Geld für die Überfahrt zu erpressen. Während des Anrufs seien die Migranten vom 20-Jährigen zuerst gefesselt und dann immerzu mit einem Gartenschlauch auf dem Körper und auf die Fußsohlen geschlagen worden, wobei die Opfer unter Schmerzensschreien ihre Angehörigen ständig anflehen mussten, weiteres Geld zu schicken.

Twitter/Lampedusa
Twitter/Lampedusa

Ein anderer Flüchtling, Victory sein Name, berichtete den Staatsanwälten von einem „Lager“, einem sich mitten in der Wüste befindenden großen Gebäudekomplex, das von vielen Bewaffneten verschiedener Ethnien streng bewacht werde und in dem alle Überfahrtswilligen vor dem Einschiffen eingesperrt gewesen seien. Eric Sam Ackom, der in Libyen „Fanti“ genannt worden war, war von Victory und anderen Flüchtlingen als jener „Kerkermeister“ erkannt worden, der sie am meisten von allen gepeinigt habe. Eric Sam Ackom alias „Fanti“ war zudem von allen vormals im Lager inhaftierten Migranten klar als ein Mitglied der großen Schlepperorganisation identifiziert worden, an dessen Spitze ein Mann, „Alì der Libyer“, gestanden haben soll. Unter Tränen sagte Victory vor den Staatsanwälten von Agrigento aus, wie „Fanti“ und die anderen Peiniger jeden Tag seinen Bruder angerufen und ihn selbst während des Gesprächs ständig geschlagen hätten. Nach fünf Monaten voller Qualen habe sein Bruder nachgegeben und 200.000 CFA-Francs (die lokale Währung, Anmerkung der Redaktion) geschickt, sodass Victory seine Reise fortsetzen konnte.

Ähnliche Berichte stammen vom 21-jährigen Nigerianer Vadro, der sich als Flüchtling ebenfalls im „Lager“ befunden hatte. Er erwähnte vor den Polizeibeamten, dass mehrere Flüchtlinge, die versucht hätten, aus dem Lagerkomplex in der Wüste zu fliehen, von den Wachleuten und Folterknechten ermordet worden seien. Er vermutet, dass dieses grausame Schicksal auch seinen Cousin, der einen Fluchtversuch unternommen hätte, zuteil worden sei.

Twitter/Lampedusa
Twitter/Lampedusa

Es ist ein düsteres Bild, das die afrikanischen Flüchtlinge zeichnen. In Libyen, ein Staat, der eigentlich nur mehr auf der Landkarte existiert, bereichern sich auf dem Rücken der Migranten große Schlepperorganisationen, die mit der Weiter- und Überfahrt der Flüchtlinge nach Italien gigantische Summen verdienen.

 

Von: ka